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Stuttgarter unikurier Nr. 94 Dezember 2004
50 Jahre Institut für Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen:
Ein Institut voll „Feuer und Flamme“
 

Wenn das kein Grund zum Feiern ist: Seit 50 Jahren gibt es das In-stitut für Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen der Universität Stuttgart (IVD), und seit nunmehr drei Jahren ist der Institutsneubau Realität geworden - für den fast 30 Jahre lang gekämpft wurde. Am 7. Mai 2004 war daher zum Energietechnischen Kolloquium geladen mit anschließender Besichtigung der neuen Räumlichkeiten und großem Fest im Heizkraftwerk.

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In Anlehnung an den Slogan der Universität Stuttgart zur 175-Jahr-Freier „Innovation ist Tradition“ sprach Prof. Alfred Voss, Prodekan der Fakultät Maschinenbau, über „Innovation und Energieforschung ist Tradition und Zukunft an der Universität Stuttgart - 50 Jahre lang hat das IVD maßgeblich dazu beigetragen.“ Energieforschung im 21. Jahrhundert, so Voss, sei die Herausforderung, Hunger und Armut zu überwinden, anthropogene Umweltbeeinflussung zu vermeiden und den Wirtschaftsstandort Deutschland zu sichern. Vor zwei Jahren wurde an der Universität Stuttgart das Zentrum für Energieforschung Stuttgart e.V. (ZES) eingerichtet, in dem die Uni und außeruniversitäre Institute, unterstützt von Unternehmen, beispielsweise an emissionsarmen fossilen Kraftwerken, der Simulation und Optimierung in der Energietechnik oder der Biomassennutzung arbeiten. „Die Energiefrage ist heute nicht nur ein technisches Problem“, mahnte Alfred Voss, „auch ökonomische und ökologische Fragen gehören dazu.“

 

  Feuerraumsimulation für schadstoffarme und hocheffiziente Kohlekraftwerke.

Von der Dampfmaschine bis zur Luftreinhaltung

1769 entwickelte James Watt die Dampfmaschine, 1866 Werner von Siemens den Generator: Prof. Bruno Braun, Vorstands-vorsitzender der TÜV Rheinland Group und ehemaliger IVDler, schlug einen großen geschichtlichen Bogen hin zu Rudolph Quack (1909-2001), der 1953 dem Ruf auf den damaligen Lehrstuhl „Kolbenmaschinen und Dampfkessel“ an der früheren Technischen Hochschule Stuttgart folgte. Von 1954 bis 1978 wirkte Professor Quack am IVD, und auf seine Initiative hin wurde in Vaihingen 1958/59 das Heizkraftwerk erbaut. „Er hat das Institut und das Heizkraftwerk vorangebracht und der Kernenergie sowie der Regelungstechnik eine thematische Heimat gegeben“, sagte Bruno Braun. Unter den nachfolgenden Institutsleitern, Prof. Richard Dolezal (ab 1978) und Prof. Klaus R.G. Hein (seit 1992), habe sich der Forschungsschwerpunkt am Institut von der Regelungstechnik hin zur den Dampferzeugern und zur Feuerungstechnik verschoben. Die Hauptarbeitsgebiete am IVD sind heute: Energieumwandlung und Wärmetechnik des fossil gefeuerten (konventionellen) Kraftwerks, Feuerungstechnik - ob Biomasse oder Steinkohle Luftreinhaltung, Regelungsaufgaben im Stromverbundnetz sowie die mathematische Modellierung und Simulation von Verbrennungs-einrichtungen und Dampferzeugern.

 

  Vorlesungen des IVD auf dem Gebiet „Thermische Kraftwerke“.

Kraftwerkstechnologie am IVD an der Spitze

„Am IVD sind viele Menschen mit der Kraftwerkstechnik beschäftigt, das hat eine breite Wirkung in die Öffentlichkeit, und in der Wirtschaft hat das Institut den Ruf, dass es gute Ausbildung garantiert“, lobte Bruno Braun. Zudem werde hier Theorie und Praxis verknüpft, der Dialog mit der Praxis stets forciert und früh auf Änderungen reagiert. „Sie können hingehen, wo Sie wollen, es ist heute fast unmöglich, in einem großen energietechnischen Unternehmen keinen IVDler zu finden“, sprach er aus Erfahrung. „Die Kraftwerkstechnologie am IVD ist weltweit an der Spitze.“ Das Institut mit seinen 70 Mitarbeitern ist mit modernsten Versuch-anlagen und Labors ausgestattet. National und auch international genießt es in den Bereichen Energie-umwandlung, Kraftwerks- und Verbrennungstechnik sowie Luftreinhaltung hohes Ansehen. Dies bestätigte auch Peter Roberts, Direktor der International Flame Research Foundation in Ijmuiden (Niederlande), einem Forschungsnetzwerk, das sich über 21 Länder erstreckt: „Das IVD hat immer eine große Rolle gespielt“.

 

Luftqualitätsuntersuchungen mit dem IVD-Fesselballonmesssystem.       (Fotos: IVD)

Europaweit einmalige Versuchsanlagen

Bei der Forschung zur Emissionsminderung konnte das IVD als erstes zeigen, dass die NOx-Grenzwerte für steinkohlegefeuerte Großkessel möglich sind, und die IVDler waren in Deutschland die Ersten, die den Betrieb eines Kraftwerkkessels dynamisch modellieren konnten. „Diese rechnergestützte Analyse wird heute überall genutzt - auch im Ausland“, erzählte der
Institutsleiter und Direktor des Heizkraftwerks Prof. Klaus R.G. Hein aus der Geschichte. Als „Nebeneffekt“ dieser Arbeit fielen hitzeresistente Sonden an und auch zur kontinuierlichen Teermessung wurde ein Gerät entwickelt, das man nun kaufen kann. Rund 25 Drittmittelforschungsprojekte sind am IVD momentan in Arbeit. Im Auftrag der Vereinten Nationen läuft derzeit ein Projekt zur Bewertung der Luftqualität auf Zypern, informierte Klaus R.G. Hein die zahlreichen Gäste des Kolloquiums. Europäische Forschungsprojekte mit Partnern, auch aus den osteuropäischen EU-Beitrittsländern, werden am IVD koordiniert, ob emissionsfreie Kohlekraftwerke (neue Verfahren zur Abscheidung von CO2 und Produktion von Wasserstoff), neue Verbrennungsverfahren für biogene Brennstoffe*), fortschrittliche ökonomische und ökologische Konzepte für die Müllverbrennung oder die Abscheidung von Schwermetallen in Kohlenstaubfeuerungen. Auf Grund seiner europaweit einmaligen Verbrennungsversuchsanlagen ist das Institut auch an mehreren Projekten zur Abtrennung des CO2 aus den Rauchgasen von fossil gefeuerten Kraftwerksanlagen beteiligt.

 „Mit 150 Diplomarbeiten, 44 Promotionen und zwei Habilitationen können wir uns in der nationalen Galerie gut behaupten“, zog Professor Hein Bilanz aus 50 Jahren Institut für Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen. Für die Zukunft wünscht er sich den Erhalt und Ausbau der Teamarbeit sowohl intern und extern als auch national und international. Und vielleicht wird in den nächsten 50 Jahren ja auch die Anregung von Bruno Braun realisiert: ein Alumninetzwerk auf Institutsebene.

Julia Alber

*) Über aktuelle Forschungsprojekte des IVD informieren wir auch in „Forschung & Wissenschaft“ in diesem Heft.


 

 

KONTAKT

Institut für Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen
Pfaffenwaldring 23, 70550 Stuttgart
Tel. 0711/685-3487
Fax 0711/685-3781
e-mail: ivd@ivd.uni-stuttgart.de, www.ivd.uni-stuttgart.de


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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