In Anlehnung an den Slogan der Universität Stuttgart zur
175-Jahr-Freier „Innovation ist Tradition“ sprach Prof.
Alfred Voss, Prodekan der Fakultät Maschinenbau, über
„Innovation und Energieforschung ist Tradition und Zukunft
an der Universität Stuttgart - 50 Jahre lang hat das IVD
maßgeblich dazu beigetragen.“ Energieforschung im 21.
Jahrhundert, so Voss, sei die Herausforderung, Hunger und
Armut zu überwinden, anthropogene Umweltbeeinflussung zu
vermeiden und den Wirtschaftsstandort Deutschland zu
sichern. Vor zwei Jahren wurde an der Universität Stuttgart
das Zentrum für Energieforschung Stuttgart e.V. (ZES)
eingerichtet, in dem die Uni und außeruniversitäre
Institute, unterstützt von Unternehmen, beispielsweise an
emissionsarmen fossilen Kraftwerken, der Simulation und
Optimierung in der Energietechnik oder der Biomassennutzung
arbeiten. „Die Energiefrage ist heute nicht nur ein
technisches Problem“, mahnte Alfred Voss, „auch ökonomische
und ökologische Fragen gehören dazu.“
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Feuerraumsimulation für schadstoffarme und
hocheffiziente Kohlekraftwerke. |
Von der Dampfmaschine bis zur Luftreinhaltung
1769 entwickelte James Watt die Dampfmaschine, 1866
Werner von Siemens den Generator: Prof. Bruno Braun,
Vorstands-vorsitzender der TÜV
Rheinland Group und ehemaliger IVDler, schlug einen großen
geschichtlichen Bogen hin zu Rudolph Quack (1909-2001), der
1953 dem Ruf auf den damaligen Lehrstuhl „Kolbenmaschinen
und Dampfkessel“ an der früheren Technischen Hochschule
Stuttgart folgte. Von 1954 bis 1978 wirkte Professor Quack
am IVD, und auf seine Initiative hin wurde in Vaihingen
1958/59 das Heizkraftwerk erbaut. „Er hat das Institut und
das Heizkraftwerk vorangebracht und der Kernenergie sowie
der Regelungstechnik eine thematische Heimat gegeben“, sagte
Bruno Braun. Unter den nachfolgenden Institutsleitern, Prof.
Richard Dolezal (ab 1978) und Prof. Klaus R.G. Hein (seit
1992), habe sich der Forschungsschwerpunkt am Institut von
der Regelungstechnik hin zur den Dampferzeugern und zur
Feuerungstechnik verschoben. Die Hauptarbeitsgebiete am IVD
sind heute: Energieumwandlung und Wärmetechnik des fossil
gefeuerten (konventionellen) Kraftwerks, Feuerungstechnik -
ob Biomasse oder Steinkohle Luftreinhaltung,
Regelungsaufgaben im Stromverbundnetz sowie die
mathematische Modellierung und Simulation von Verbrennungs-einrichtungen
und Dampferzeugern.
Kraftwerkstechnologie am IVD an
der Spitze
„Am IVD sind viele Menschen mit der
Kraftwerkstechnik beschäftigt, das hat eine breite Wirkung
in die Öffentlichkeit, und in der Wirtschaft hat das
Institut den Ruf, dass es gute Ausbildung garantiert“, lobte
Bruno Braun. Zudem werde hier Theorie und Praxis verknüpft,
der Dialog mit der Praxis stets forciert und früh auf
Änderungen reagiert. „Sie können hingehen, wo Sie wollen, es
ist heute fast unmöglich, in einem großen energietechnischen
Unternehmen keinen IVDler zu finden“, sprach er aus
Erfahrung. „Die Kraftwerkstechnologie am IVD ist weltweit an
der Spitze.“ Das Institut mit seinen 70 Mitarbeitern ist mit
modernsten Versuch-anlagen und Labors
ausgestattet. National und auch international genießt es in
den Bereichen Energie-umwandlung,
Kraftwerks- und Verbrennungstechnik sowie Luftreinhaltung
hohes Ansehen. Dies bestätigte auch Peter Roberts, Direktor
der International Flame Research Foundation in Ijmuiden
(Niederlande), einem Forschungsnetzwerk, das sich über 21
Länder erstreckt: „Das IVD hat immer eine große Rolle
gespielt“.
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Luftqualitätsuntersuchungen mit dem
IVD-Fesselballonmesssystem.
(Fotos: IVD) |
Europaweit einmalige
Versuchsanlagen
Bei der Forschung zur
Emissionsminderung konnte das IVD als erstes zeigen, dass
die NOx-Grenzwerte für steinkohlegefeuerte Großkessel
möglich sind, und die IVDler waren in Deutschland die
Ersten, die den Betrieb eines Kraftwerkkessels dynamisch
modellieren konnten. „Diese rechnergestützte Analyse wird
heute überall genutzt - auch im Ausland“, erzählte der
Institutsleiter und Direktor des Heizkraftwerks Prof. Klaus
R.G. Hein aus der Geschichte. Als „Nebeneffekt“ dieser
Arbeit fielen hitzeresistente Sonden an und auch zur
kontinuierlichen Teermessung wurde ein Gerät entwickelt, das
man nun kaufen kann. Rund 25 Drittmittelforschungsprojekte
sind am IVD momentan in Arbeit. Im Auftrag der Vereinten
Nationen läuft derzeit ein Projekt zur Bewertung der
Luftqualität auf Zypern, informierte Klaus R.G. Hein die
zahlreichen Gäste des Kolloquiums. Europäische
Forschungsprojekte mit Partnern, auch aus den
osteuropäischen EU-Beitrittsländern, werden am IVD
koordiniert, ob emissionsfreie Kohlekraftwerke (neue
Verfahren zur Abscheidung von CO2 und Produktion von
Wasserstoff), neue Verbrennungsverfahren für biogene
Brennstoffe*), fortschrittliche ökonomische und ökologische
Konzepte für die Müllverbrennung oder die Abscheidung von
Schwermetallen in Kohlenstaubfeuerungen. Auf Grund seiner
europaweit einmaligen Verbrennungsversuchsanlagen ist das
Institut auch an mehreren Projekten zur Abtrennung des CO2
aus den Rauchgasen von fossil gefeuerten Kraftwerksanlagen
beteiligt.
„Mit
150 Diplomarbeiten, 44 Promotionen und zwei Habilitationen
können wir uns in der nationalen Galerie gut behaupten“, zog
Professor Hein Bilanz aus 50 Jahren Institut für
Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen. Für die Zukunft
wünscht er sich den Erhalt und Ausbau der Teamarbeit sowohl
intern und extern als auch national und international. Und
vielleicht wird in den nächsten 50 Jahren ja auch die
Anregung von Bruno Braun realisiert: ein Alumninetzwerk auf
Institutsebene.
Julia Alber
*) Über aktuelle Forschungsprojekte
des IVD informieren wir auch in
„Forschung & Wissenschaft“ in diesem Heft.