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Stuttgarter unikurier Nr. 94 Dezember 2004
Tag der offenen Tür:
Wissenschaft hautnah erleben
 

Tosend und spritzend stürzen die Wassermassen über ihr steiniges Bett. Ruhig dagegen geht es bei der Neckarschifffahrt zu. Kein Hochwasser in Sicht. Die zwei kleinen Buben können mit Traktor und Boot unbesorgt am Ufer spielen. Und auch wenn es zur Überschwemmung käme - ihre Gummistiefel würde der steigende Neckar nicht füllen .... die Jungs sind auf einem Modell am Institut für Wasserbau der Universität Stuttgart unterwegs. Am Tag der offenen Tür, am 3. Juli 2004, konnten kleine und große Gäste Wissenschaft hautnah erfahren und an der aktuellen Forschung teilhaben. Jährlich folgen diesem verlockenden Angebot Tausende. Wo sonst schon trifft man auf Pinzetten aus Licht, kann zwischen den Molekülen von Gasen wandern, darf Räume betreten, in denen Mikrochips hergestellt werden, einen Blick auf Viren und Bakterien werfen oder sieht einen Windkanal in Aktion?

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Wäre Kunstgeschichte ein geeignetes Studienfach?
    
  Mit Begeisterung experimentieren Nachwuchsforscher bei den Chemikern.
                                                (Fotos: Eppler)
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am Institut für Flugzeugbau wird genäht. Wer hätte gedacht, dass die Forscher beim Leichtbau von Flugzeugen und Autos auf Näh-, Flecht- und Stickmaschine setzen? „Unser Ziel ist die Automatisierung”, erklärt Institutschef Prof. Klaus Drechsler, der auch auf das Verbundfasertechnikum mit seiner weltweit einmaligen Ausstattung*) hinweist. Bei der Herstellung von Faserverbundwerkstoffen, die extrem fest und enorm leicht sind, war bislang immer Handarbeit angesagt. Ein beeindruckendes Beispiel steht in der großen Werkshalle parat - der Weltrekord-Solarsegler Icaré. Schicht um Schicht mussten die Studierenden, die ihn gebaut haben, auf einer Negativform die Faserverbünde von Hand aufbringen, dann in Epoxydharz einbetten und anschließend - in der Mikrowelle - aushärten. Auch beim Seiten- und Höhenleitwerk von Großflugzeugen sowie deren Nase und Druckkalotte war das Verfahren nicht anders, doch in Zukunft sollen hier nun große Näh-, Flecht- und Stickroboter zum Einsatz kommen. „16 Prozent des Gewichts des Airbus 380 machen die faserverstärkten Kunststoffe bislang aus”, berichtet Klaus Drechsler. Könnten auch Rumpf und Tragflügel aus diesem Werkstoff hergestellt werden, wären 50 Prozent erreicht - nicht zu verachten, wenn man bedenkt, dass faserverstärkte Kunststoffe um 20 Prozent leichter sind als das bislang im Flugzeugbau eingesetzte Aluminium. Im Gegensatz zu dem im Fahrzeugbau allgegenwärtigen Stahl ist der Verbundwerkstoff sogar um 60 Prozent leichter - das bedeutet Spriteinsparung und Sicherheit. Der Mercedes McLaren SLR, voll im Leichtbau erstellt, soll zum sichersten Auto der Welt werden, betont Klaus Drechsler, der mit seinem Team an diesem Projekt beteiligt ist.

3-D-Bilder produziert ein sphärischer Hohlspiegel am Institut für Technische Optik.
Etwas Besonderes hatten sich Institute einfallen lassen, die am Rande des Uni-Campus am Allmandring angesiedelt sind: sie boten den Besuchern einen Transfer im Feuerwehrauto. So kamen die Gäste von der S-Bahn-Haltestelle Universität bequem und auf nicht alltägliche Weise in den Cave des Höchstleistungsrechenzentrums, zum Institut für Mikroelektronik oder zu den Mikrobiologen und Biochemikern.                                          (Fotos: Eppler)
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Solarzellen auf der Schulter und immer unter Strom? Der Blick auf die Jeansjacke reicht von skeptisch bis erstaunt. Ist der Schnickschnack wirklich geeignet, um Handy oder CD-Player zu betreiben, oder ist es nur der neueste Trend, dem folgen sollte, wer „in” sein will? Ein reiner Design-Gag könnten die Solarzellen vielleicht auch einmal werden, räumt Prof. Jürgen H. Werner ein. Der Leiter des Instituts für Physikalische Elektronik (ipe) und sein Mitarbeiter Dr. Markus Schubert haben jedoch ganz andere „Sorgen”: flexible Solarzellen mit hohem Wirkungsgrad herzustellen ist schwierig, treffen dabei doch hohe Temperaturen auf nicht so hitzeresistente Kunststoffe. Immerhin, in der weltweiten Liga der Photovoltaikforschung spielt das ipe ganz vorne mit: 16,6 Prozent Wirkungsgrad bei Transfer-Solarzellen aus einkristallinen Silizium-Dünnschichten, das ist derzeitiger Weltrekord.

Neue Entwicklungen aus dem Institut für Physikalische Elektronik: Eine Jeansjacke mit „Solarsteckdose” versorgt mobile Kleingeräte wie Handy, MP3- oder CD-Player mit Strom.

„Zwei Millionen Euro, und wir könnten in zwei Jahren in die Großproduktion einsteigen”, träumt Jürgen H. Werner. Einen Markt für die „Stromjacken” gibt es: Arbeitsschutzbekleidung mit ständig strahlenden Warnleuchten, Kinderbekleidung mit Leuchtpunkten, die zu mehr Sicherheit in der Dunkelheit beitragen, und auch Extremsportler könnten dankbare Abnehmer sein, käme doch beispielsweise ein Bergsteiger dank der richtigen Jacke nicht mehr in Bedrängnis, weil dem Handy „der Saft” fehlt. Ob sich auch in der alltäglichen Bekleidung die Solarzellen etablieren werden, das ist sicherlich eine Frage des Preises: Unter 150 Euro wird da nichts drin sein, schätzen die Wissenschaftler. Doch wer ohne Handy oder CD-Player nicht sein kann .....

Manchmal muss man ganz genau hinschauen.
Wer nach so viel Forschung Lust auf ein Studium bekommen hat, findet bei der Studienberatung und an den Ständen der Studiengänge alle wichtigen Informationen, und auch für ein anderes Bedürfnis ist gesorgt: Dem Hunger kann mit internationalen Leckereien zu Leibe gerückt werden - nur entscheiden muss man sich.

Julia Alber
 

 

 

*) Mehr zu dem im Oktober 2004 eingeweihten Verbundfasertechnikum finden Sie in „Forschung & Wissenschaft”.

 

 


last change: 20.12.04 / yj
Pressestelle der Universität Stuttgart

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