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Stuttgarter unikurier Nr. 94 Dezember 2004
Erste deutsch-französische Doppeldiplome in den Sozialwissenschaften:
Topchancen zwischen Seine und Spree

Das Ticket für die Diplomatenlaufbahn hat Cornelius Huppertz bereits in der Tasche. Den Weg zu der Ausbildung im Auswärtigen Amt ebnete ihm der deutsch-französische Studiengang für Sozialwissen-schaften - Filière Intégrée Franco Allemande (FIFA) -, den Huppertz im Mai 2004 mit einem Doppeldiplom abschloss.
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Hupperts gehört zu den ersten Absolventen des interdisziplinären, zweisprachigen Studiengangs, der 1998 unter dem Dach der Deutsch-Französischen Hochschule startete und die Fächer Politikwissenschaft, Soziologie und Volkswirtschaftslehre umfasst. Die Studierenden verbringen das erste und dritte Studienjahr an der Grande Ecole Institut d’études politiques (IEP) in Bordeaux und das zweite und vierte Studienjahr am Institut für Sozialwissen-schaften der Uni. 95 Studierende sind zur Zeit (Stand 25.10.04) eingeschrieben.

 „Die FIFA bot mir die Möglichkeit, ein echtes Studium in Frankreich zu absolvieren, ohne auf einen akademischen Abschluss in Deutschland verzichten zu müssen“, beschreibt Cornelius Huppertz seine Erwartungen zu Beginn des Studiums. „Zudem versprach die Reputation einer Grande Ecole eine Topausbildung. Dadurch durfte ich hoffen, den Arbeitsplatz zu bekommen, den ich möchte.“

 

Erwartungen mehr als erfüllt

Die hohen Erwartungen an ein bis dahin unerprobtes Studienprogramm wurden mehr als erfüllt, resümiert der 26-Jährige heute. Allerdings war der Mehraufwand gegenüber einem konventionellen Studium gewaltig. Schon die fremde Sprache erwies sich anfangs als harte Nuss. „Selbst mit gutem Leistungskursfranzösisch braucht man einige Zeit, um den Vorlesungen folgen und problemlos vierstündige Klausuren schreiben zu können.“ Mehraufwand entsteht auch durch den jährlichen Umzug zwischen Bordeaux und Stuttgart, der straffe Organisation erfordert. „Das Vordiplom in Deutschland mussten wir in zwei Semestern bewältigen, weil wir das Jahr davor in Frankreich waren“, sagt Huppertz's Kommilitonin Caltoumi Imorou, „und im dritten Studienjahr in Bordeaux mussten wir die ganzen Inhalte des verpassten zweiten Jahres nachholen.“ „Das FIFA-Studium kann man nur ganz oder gar nicht machen“, lautet denn auch das Fazit der beiden.

 Prof. Oscar Gabriel hält den jährlichen Wechsel dennoch für den richtigen Weg. „Dadurch lernen die Studierenden jede Studienphase in jedem Land kennen“, sagt der Leiter der Abteilung Politische Systeme und Politische Soziologie am Institut für Sozialwissenschaften. Zudem bleiben die „Doppeldiplomler“ so über alle Studienjahre hinweg zusammen. Das stärke die Teamfähigkeit.

 

Konträre Systeme ergänzen sich

Probleme räumt jedoch auch Gabriel ein. So müssen sich die Studierenden auf zwei völlig konträre Uni-Systeme einstellen. Im Gegensatz zu den deutschen Universitäten ähneln die Grandes Ecoles eher einer Schule mit festen Klassen und ausgeprägter Leistungsorientierung. Statt wissenschaftlicher Details wird breites, fächerüber-greifendes Überblickwissen vermittelt. Für Deutsche ist das gewöhnungsbedürftig. Zudem müssen Studenten in Frankreich ihr Wissen gut verkaufen. „In Klausuren sollten wir einen geschliffenen Essay liefern, der einen Themenkreis in vielen Facetten und Zusammenhängen ausleuchtet“, sagt Cornelius Huppertz.

 In Deutschland dagegen habe man eher die Möglichkeit, sich in einem Wissenschaftsbereich zu spezialisieren, meint Caltoumi Imorou. „Das multidisziplinäre Studium im IEP und die sehr auf Wissenschaft orientierten Lehreinheiten der Universität Stuttgart haben sich gut ergänzt.“ Auch für die junge Französin, die inzwischen bei der UNESCO beschäftigt ist, war das Doppeldiplom ein voller Erfolg. „Wir haben die Möglichkeit, sowohl in Frankreich als auch in Deutschland Arbeit zu finden und in beiden Ländern ohne Integrations-, Sprach- oder Kenntnisprobleme zu leben.“

 Allerdings sei das Programm bei Arbeitgebern noch wenig bekannt, bemängelt Cornelius Huppertz. „Man hat zwar eine überdurchschnittliche Ausbildung genossen, aber es ist nicht ganz einfach, das zu vermitteln.“ Prof. Gabriel ist jedoch sicher, dass sich die Vorzüge des Doppeldiploms herumsprechen werden und mahnt zur Geduld. Ein beachtlicher Teil der Absolventen habe schon vor der Übergabe der Diplome einen Job gehabt, „und die Stellen sind durchweg von sehr hohem Niveau.“

Andrea Mayer-Grenu
 

Informationen unter www.uni-stuttgart.de/interessierte/studium/angebot/studiengaenge/sozialwiss_dt-franz.html
 

 


last change: 18.12.04 / yj
Pressestelle der Universität Stuttgart

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