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Stuttgarter unikurier Nr. 94 Dezember 2004
Ideale Zusammenarbeit zwischen Uni und Praxis:
Mehr „Power“ im Kraftwerk Kiebingen -
Umweltminister Trittin zu Gast

Bundesumweltminister Jürgen Trittin besuchte kürzlich mehrere Projekte zur Nutzung regenerativer Energiequellen in Baden-Württemberg. Darunter war auch das Wasserkraftwerk Kiebingen der EnBW in der Nähe von Rottenburg am Neckar. Das Kraftwerk konnte mit Unterstützung des Instituts für Strömungsmechanik und Hydraulische Strömungsmaschinen (IHS) der Universität Stuttgart modernisiert und damit eine wesentliche Steigerung der Kraftwerksleistung und damit der Energieproduktion erreicht werden. Dieses kommt einem Ausbau der Wasserkraft gleich, ohne dass eine neue Anlage gebaut werden musste.
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Prof. Göde, Leiter des Instituts für Strömungsmechanik und Hydraulische Strömungsmaschinen (links), erläutert Minister Trittin (Mitte) die im Kraftwerk erzielten Verbesserungen.
(Foto: Institut)

So sieht die Turbinengeometrie mit den neu entwickelten Maschinenkomponenten - hier als Computergrafik - in der Wasserkraftanlage aus.      (Foto: Institut)

BVor einiger Zeit hatten Ingenieure der EnBW angefragt, ob das IHS bei der Modernisierung des bereits seit den 1920er Jahren bestehenden Kraftwerkes mithelfen könnte. Die Kraftwerksleistung ließ von Anfang an zu wünschen übrig. Die vier baugleichen Francis-Turbinen brachten mit rund 300 kW pro Turbine anstelle der erwarteten 340 kW eine um etwa zehn Prozent zu geringe Leistung. Für die Modernisierung wurde ein Konsortium aus drei Partnern gebildet; um das Engineering kümmerten sich die EnBW Ingenieure, das IHS übernahm die Analyse der alten und das Design der neuen Anlage und kleine und mittlere Unternehmen aus Baden-Württemberg produzierten und montierten die neuen Teile. Nach der Analyse durch die Fachleute des IHS kamen die Partner überein, das vorhandene radiale Francis-Laufrad durch ein axiales Propeller-Laufrad zu ersetzen, wie man es heutzutage bei Niederdruckanlagen von vornherein verwenden würde. Um die Verbesserungs-möglichkeiten ausschöpfen zu können, war die Entwicklung neuer Turbinenkomponenten notwendig, und zwar maßgeschneidert und passend zu den bestehenden Turbinenteilen. Mit moderner numerischer Strömungssimulation und neuem Design für Leit- und Laufrad, die am IHS ausgeführt wurden, sowie Verbesserungen an der Hydraulik konnte so der Grundstein für die Modernisierung des Wasserkraftwerkes gelegt werden. Nachdem alle vier Turbinen der alten Bauart durch moderne Propellerturbinen ersetzt worden sind, konnte die Kraftwerksleistung von etwa 1,2 MW auf rund 1,6 MW gesteigert werden. Für die einzelne Turbine bedeutet das eine Steigerung der Volllastleistung von 300 kW auf rund 400 kW. Multipliziert mit einer durchschnittlichen Betriebsdauer von etwa 5000 Stunden ergibt das eine produzierte elektrische Energie von wenigstens acht Mio. kWh pro Jahr gegenüber sechs Mio. kWh vor dem Umbau.

 

Eigene Software entwickelt

Beim Besuch des Umweltministers präsentierte IHS-Direktor Prof. Eberhard Göde Ergebnisse aus der Entwicklungsarbeit der Strömungssimulationen und erläuterte auch die dazu verwendeten Simulations- und Visualisierungswerkzeuge. Für das neue Laufrad mit einem ,parametrisierten Laufraddesign’ war eigens eine besondere Software am Institut entwickelt worden. Für die hydraulische Optimierung wurden umfangreiche Strömungs-simulationen mit FENFLOSS durchgeführt, einem Programm, das ebenfalls am Institut entwickelt wurde. Zur Visualisierung kam COVISE zum Einsatz, ein Produkt des Rechenzentrums der Universität Stuttgart.

 

Mehr Energie durch bessere Ressourcennutzung

Minister Trittin zeigte sich insbesondere davon beeindruckt, dass die Steigerung der Energieproduktion - ohne einen Neubau - lediglich durch bessere Nutzung vorhandener Ressourcen erreicht werden konnte. Deutlich wurde bei dieser Gelegenheit auch, dass nach wie vor die Wasserkraft als bedeutendste erneuerbare Energiequelle auch in Baden-Württemberg noch nicht restlos ausgebaut ist. An diesem Projekt konnte dem Minister zudem ein erfolgreiches Modell der Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Industrie in Baden-Württemberg vorgestellt werden.

 Auch die Lehre wird durch solche Projekte spannender. In Lehrveranstaltungen des Instituts lernten die Studierenden am konkreten Beispiel, wie numerische Methoden heute im Maschinenbau erfolgreich eingesetzt werden.
 

KONTAKT

Prof. Eberhard Göde
Institut für Strömungsmechanik und Hydraulische Strömungsmaschinen
Pfaffenwaldring 10, 70550 Stuttgart
Tel. 0711/685-3260
Fax 0711/685-3255
e-mail: goede@ihs.uni-stuttgart.de

 

 


last change: 15.12.04 / yj
Pressestelle der Universität Stuttgart

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