Begonnen hat das Wissenschaftsfestival mit einer Live-Sendung
des SWR Tigerenten Clubs, die über 25.000 Besucher
begeisterte. Besonders die jüngeren Zuschauer jubelten
Günter
Kastenfrosch und Papa Löwe, aber auch den Robotern Johnnie
und Armar zu. Unter dem Leitgedanken „Technik, die die Welt
bewegt“ wurde erstmals die größte je von Kindern gebaute
Fantasiemaschine präsentiert und in Gang gesetzt. Funken
sprühten, Dosen schepperten und Konfetti flog. „Es war eine
gute Idee, Kinder einzuladen und zu sagen: bringt Eure
Eltern mit“, stellte Professor Treusch, Vorsitzender der
Initiative Wissenschaft im Dialog, beim Anblick der
Besucherscharen auf dem Schlossplatz fest. Nach der Live-Sendung
strömten die Menschen in die umliegenden Zelte, in denen 38
Aussteller über Forschung rund um die Themen Mobilität und
Kommunikation informierten.
Lob für Stuttgarter Forscher
Am Abend lockte die Lange Nacht der
Wissenschaften die Stuttgarter vor allem auf den Campus nach
Vaihingen. Mehr als 15.000 Besucher, nicht nur Studierende
und Professoren, sondern auch Jugendliche und Familien mit
Kindern, pilgerten in den kostenlosen Shuttlebussen zu den
sechs Stationen. Die Stuttgarter Wissenschaftler ernteten
von den Nachtschwärmern viel Lob für ihre anschaulich und
lebendig präsentierten Arbeiten. Zwischen den Laborbesuchen
gab es Kulinarisches, Live-Musik und ein Feuerwerk.
Nicht nur die Zeltstadt am
Schlossplatz oder das Ausstellungsschiff auf dem Neckar
bildeten an den darauf folgenden Tagen attraktive
Anziehungspunkte für Neugierige aller Altersgruppen; an
weiteren 20 Standorten boten über 50 beteiligte
Einrichtungen ein vielseitiges Programm. Drei Wissenschafts-Trucks
im Stadtgarten gaben den Gästen Einblick in unterschiedliche
Disziplinen, darunter auch der Stuttgarter Science-Truck „Uni
Stuttgart mobil“, in dem sich die Stuttgarter
Verfahrenstechnik präsentierte. Mehr Besucher hätte man der
von einem umfangreichen Vortragsprogramm begleiteten
Ausstellung „Virtuelle und digitale Welten - Engineering von
morgen“ im Gebäude Keplerstraße 17 gewünscht, die den Stand
der Forschung auf dem Gebiet digitaler Werkzeuge vermittelte
und Einblick in das Berufsbild der Ingenieurinnen und
Ingenieure von morgen gab.
Zukunft der Forschung
Die Abschlussveranstaltung des
Wissenschaftssommers stand eindeutig in Konkurrenz zum
Cannstatter Wasen - oder die Woche „Wissenschaft pur“
forderte ihren Tribut. Nur ein gutes Drittel des Hörsaals am
Pfaffenwaldring 53 war gefüllt, als die von Dr. Michael Zeiß,
Chefredakteur des SWR-Fernsehens, moderierte
Diskussions-runde das Thema „Konzentration der Kräfte in der
Forschung und Lehre oder Rückzug? Über die Zukunft der
Forschung an den Hochschulen. Forschungszentren, Cluster,
Networks of Excellence aufgriff.
Seit April haben Bund und
Länder über die Förderung für Elite-universitäten verhandelt,
führte Uni-Rektor Prof. Dieter Fritsch in das
Diskussionsthema ein. Von 2006 ab bis 2010 sollen Mittel in
Höhe von insgesamt 1,9 Milliarden Euro fließen. Um als
Spitzenuni mit rund 25 Millionen Euro pro Jahr gefördert zu
werden, muss die Universität ein Excellence-Cluster für die
Spitzenforschung sowie eine entsprechende
Graduiertenförderung vorweisen können. Ginge es nach
Wissenschaftsminister Prof. Peter Frankenberg, müsste der
„Film der Hochschulreform“ schneller laufen. Nur so würden
die deutschen Hochschulen wieder zu einem international
beachteten Modell, mahnte der Minister, der aber auch
eingestand: „Mit den Spitzenunis sind wir in einer Sackgasse,
es gibt keine Einigung über deren Inhalt oder Form“. Zum
Thema Hochschulautonomie sagte er, eine ausreichende
Grundfinanzierung müsse gesichert sein und die
Berufungspolitik den Universitäten übertragen werden.
Wie machen es die Schweizer?
Diese Frage beantwortete der Rektor der ETH Zürich, Prof.
Konrad Osterwalder, der die Schweiz jedoch nicht mit ganz
Deutschland, höchstens mit einem Bundesland vergleichen
wollte. In ihrer 150-jährigen Geschichte genoss die ETH-Zürich
von Anfang an große Autonomie. Der Präsident hat das Sagen
und auch das letzte Wort bei der Berufung von Professoren -
„ein Qualitätskriterium“ für Osterwalder. Das zweite
Qualitätskriterium, die Auswahl der Studierenden, sieht er
noch als Manko, wird doch automatisch zum Studium zugelassen,
wer in der Schweiz das Abi gemacht hat - nur in der Medizin
gibt es einen NC, und Studierende aus dem Ausland müssen
eine Prüfung bestehen. Ein schweres Examen nach dem ersten
Studienteil dient daher an der ETH als Filter und, so deren
Rektor, auch zur Abschreckung. Die Einführung von Bachelor
und Master, an den Fachhochschulen mit anderem Inhalt als an
den Hochschulen, verlief schnell und einheitlich, erzählte
Konrad Osterwalder. Und Studiengebühren? Die gibt es derzeit
in „symbolischer Form in Höhe von 1.000 Franken“.
„Die Forschung an den
Universitäten verläuft unabhängig von BA oder MA“, meinte
der Stuttgarter Wissen-schaftler und DFG-Vizepräsident Prof.
Gerhart Eigenberger. Eine Differenzierung zwischen den
Bachelors, die an Fachhochschulen und Unis erworben werden,
sei aber unbedingt nötigt. Bei der DFG sehe man mit dem
Blick auf die Erhaltung der Forschungsfähigkeit auch die
Gefahr, dass gute Leute zu früh in die Wirtschaft abwandern,
sagte Eigenberger, denn „wir brauchen in der Zukunft Leute
mit einem breiten Grundlagenwissen“.
„Wir haben ein tolles System,
aber keiner will es. Also machen wir die besten BA und MA“,
forderte Prof. Hans-Jörg Bullinger, Präsident der
Fraunhofer-Gesellschaft. Immerhin sollen die jungen Menschen
in Europa zwischen den Universitäten wechseln können. „Für
Innovationen brauchen wir die besten Leute und diese
brauchen die besten Arbeitsmöglichkeiten“, forderte
Bullinger, und deshalb müsse das „große Schlachtschiff der
Wissen-schaften“ - die Universitäten - steuerbar und besser
zu managen sein. Den Thesen des Ministeriums stimmte er zu.
Auch seiner Meinung nach müssen die Unis autonomer werden
und mehr Macht erhalten, um ihre Arbeit zu gestalten. Mehr
Geld für die Forschung und mehr Forschung fürs Geld seien
dazu notwendig und dies bedeute: Schwerpunkte setzen und die
Stärken stärken.
Julia Alber / zi
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