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Stuttgarter unikurier Nr. 94 Dezember 2004
Standort Stuttgart im Jahr der Technik:
Über 100.000 Gäste beim Wissenschaftssommer

Der Wissenschaftssommer, organisiert von Wissenschaft im Dialog zusammen mit der Universität Stuttgart und dem Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung, machte seinem Namen keine Ehre - herbstlich präsentierten sich die Tage vom 25. September bis zum 1. Oktober. Dennoch: „Die Woche war ein Erfolg, wir sind in Stuttgart unserer Aufgabe gerecht geworden“, konstatierte Prof. Engelbert Westkämper, Dekan der Fakultät Maschinenbau der Universität Stuttgart und In-stitutsleiter am Fraunhofer IPA sowie dem IFF der Uni Stuttgart. Rund 110.000 Menschen hatte man erreicht und auch die Hauptzielgruppen - Jugendliche und Schüler. „Es war eine gute Gelegenheit, unsere Einrichtung zu präsentieren“, fand Uni-Rektor Prof. Dieter Fritsch, der sich stolz darüber zeigte, dass - in idealer Ergänzung zum 175-jährigen Uni-Jubiläum - der Wissenschafts-sommer im Jahr der Technik in Stuttgart stattfand. In der ersten Langen Nacht der Wissenschaft in Stuttgart am 25. September waren die Institute und Labore voll. „Diese Tage“, so Westkämper, „haben hoffentlich gezeigt, dass Stuttgart zu den Excellen-ce-Zentren gehört“.
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Knapp bis zur (nicht vorhandenen) Motorhaube reicht die Perspektive der Knirpse - was der Technikbegeisterung keinen Abbruch tut.
 

Die kostenlosen Shuttlebusse sorgten bei der Langen Nacht der Wissenschaften für bequemen Transfer zwischen den Stationen.

Auch der Science Truck „Uni Stuttgart mobil“ war beim Wissenschaftssommer vertreten. Am Standort Stadtgarten informierten dort die Stuttgarter Verfahrenstechniker über Lehre und Forschung. (Fotos: Eppler)
Begonnen hat das Wissenschaftsfestival mit einer Live-Sendung des SWR Tigerenten Clubs, die über 25.000 Besucher begeisterte. Besonders die jüngeren Zuschauer jubelten Günter Kastenfrosch und Papa Löwe, aber auch den Robotern Johnnie und Armar zu. Unter dem Leitgedanken „Technik, die die Welt bewegt“ wurde erstmals die größte je von Kindern gebaute Fantasiemaschine präsentiert und in Gang gesetzt. Funken sprühten, Dosen schepperten und Konfetti flog. „Es war eine gute Idee, Kinder einzuladen und zu sagen: bringt Eure Eltern mit“, stellte Professor Treusch, Vorsitzender der
Initiative Wissenschaft im Dialog, beim Anblick der Besucherscharen auf dem Schlossplatz fest. Nach der Live-Sendung strömten die Menschen in die umliegenden Zelte, in denen 38 Aussteller über Forschung rund um die Themen Mobilität und Kommunikation informierten.

 

Lob für Stuttgarter Forscher

Am Abend lockte die Lange Nacht der Wissenschaften die Stuttgarter vor allem auf den Campus nach Vaihingen. Mehr als 15.000 Besucher, nicht nur Studierende und Professoren, sondern auch Jugendliche und Familien mit Kindern, pilgerten in den kostenlosen Shuttlebussen zu den sechs Stationen. Die Stuttgarter Wissenschaftler ernteten von den Nachtschwärmern viel Lob für ihre anschaulich und lebendig präsentierten Arbeiten. Zwischen den Laborbesuchen gab es Kulinarisches, Live-Musik und ein Feuerwerk.

 Nicht nur die Zeltstadt am Schlossplatz oder das Ausstellungsschiff auf dem Neckar bildeten an den darauf folgenden Tagen attraktive Anziehungspunkte für Neugierige aller Altersgruppen; an weiteren 20 Standorten boten über 50 beteiligte Einrichtungen ein vielseitiges Programm. Drei Wissenschafts-Trucks im Stadtgarten gaben den Gästen Einblick in unterschiedliche Disziplinen, darunter auch der Stuttgarter Science-Truck „Uni Stuttgart mobil“, in dem sich die Stuttgarter Verfahrenstechnik präsentierte. Mehr Besucher hätte man der von einem umfangreichen Vortragsprogramm begleiteten Ausstellung „Virtuelle und digitale Welten - Engineering von morgen“ im Gebäude Keplerstraße 17 gewünscht, die den Stand der Forschung auf dem Gebiet digitaler Werkzeuge vermittelte und Einblick in das Berufsbild der Ingenieurinnen und Ingenieure von morgen gab.

 

Zukunft der Forschung

Die Abschlussveranstaltung des Wissenschaftssommers stand eindeutig in Konkurrenz zum Cannstatter Wasen - oder die Woche „Wissenschaft pur“ forderte ihren Tribut. Nur ein gutes Drittel des Hörsaals am Pfaffenwaldring 53 war gefüllt, als die von Dr. Michael Zeiß, Chefredakteur des SWR-Fernsehens, moderierte Diskussions-runde das Thema „Konzentration der Kräfte in der Forschung und Lehre oder Rückzug? Über die Zukunft der Forschung an den Hochschulen. Forschungszentren, Cluster, Networks of Excellence” aufgriff.

 Seit April haben Bund und Länder über die Förderung für Elite-universitäten verhandelt, führte Uni-Rektor Prof. Dieter Fritsch in das Diskussionsthema ein. Von 2006 ab bis 2010 sollen Mittel in Höhe von insgesamt 1,9 Milliarden Euro fließen. Um als Spitzenuni mit rund 25 Millionen Euro pro Jahr gefördert zu werden, muss die Universität ein Excellence-Cluster für die Spitzenforschung sowie eine entsprechende Graduiertenförderung vorweisen können. Ginge es nach Wissenschaftsminister Prof. Peter Frankenberg, müsste der „Film der Hochschulreform“ schneller laufen. Nur so würden die deutschen Hochschulen wieder zu einem international beachteten Modell, mahnte der Minister, der aber auch eingestand: „Mit den Spitzenunis sind wir in einer Sackgasse, es gibt keine Einigung über deren Inhalt oder Form“. Zum Thema Hochschulautonomie sagte er, eine ausreichende Grundfinanzierung müsse gesichert sein und die Berufungspolitik den Universitäten übertragen werden.

 Wie machen es die Schweizer? Diese Frage beantwortete der Rektor der ETH Zürich, Prof. Konrad Osterwalder, der die Schweiz jedoch nicht mit ganz Deutschland, höchstens mit einem Bundesland vergleichen wollte. In ihrer 150-jährigen Geschichte genoss die ETH-Zürich von Anfang an große Autonomie. Der Präsident hat das Sagen und auch das letzte Wort bei der Berufung von Professoren - „ein Qualitätskriterium“ für Osterwalder. Das zweite Qualitätskriterium, die Auswahl der Studierenden, sieht er noch als Manko, wird doch automatisch zum Studium zugelassen, wer in der Schweiz das Abi gemacht hat - nur in der Medizin gibt es einen NC, und Studierende aus dem Ausland müssen eine Prüfung bestehen. Ein schweres Examen nach dem ersten Studienteil dient daher an der ETH als Filter und, so deren Rektor, auch zur Abschreckung. Die Einführung von Bachelor und Master, an den Fachhochschulen mit anderem Inhalt als an den Hochschulen, verlief schnell und einheitlich, erzählte Konrad Osterwalder. Und Studiengebühren? Die gibt es derzeit in „symbolischer Form in Höhe von 1.000 Franken“.

 „Die Forschung an den Universitäten verläuft unabhängig von BA oder MA“, meinte der Stuttgarter Wissen-schaftler und DFG-Vizepräsident Prof. Gerhart Eigenberger. Eine Differenzierung zwischen den Bachelors, die an Fachhochschulen und Unis erworben werden, sei aber unbedingt nötigt. Bei der DFG sehe man mit dem Blick auf die Erhaltung der Forschungsfähigkeit auch die Gefahr, dass gute Leute zu früh in die Wirtschaft abwandern, sagte Eigenberger, denn „wir brauchen in der Zukunft Leute mit einem breiten Grundlagenwissen“.

 „Wir haben ein tolles System, aber keiner will es. Also machen wir die besten BA und MA“, forderte Prof. Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft. Immerhin sollen die jungen Menschen in Europa zwischen den Universitäten wechseln können. „Für Innovationen brauchen wir die besten Leute und diese brauchen die besten Arbeitsmöglichkeiten“, forderte Bullinger, und deshalb müsse das „große Schlachtschiff der Wissen-schaften“ - die Universitäten - steuerbar und besser zu managen sein. Den Thesen des Ministeriums stimmte er zu. Auch seiner Meinung nach müssen die Unis autonomer werden und mehr Macht erhalten, um ihre Arbeit zu gestalten. Mehr Geld für die Forschung und mehr Forschung fürs Geld seien dazu notwendig und dies bedeute: Schwerpunkte setzen und die Stärken stärken.
 

Julia Alber / zi
 

Weitere Informationen unter www.wissenschaft-im-dialog.de

 

 


last change: 15.12.04 / yj
Pressestelle der Universität Stuttgart

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