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Stuttgarter unikurier Nr. 94 Dezember 2004
SOFIA macht’s möglich:
Forscher sehen den Sternen in die Kinderstube - Auch Schulen können das fliegende Labor nutzen

Am 19. Juli fiel die Entscheidung: SOFIA ist in Stuttgart gelandet. Europaweit war das Stratosphären Observatorium für Infrarot Astronomie (SOFIA) ausgeschrieben; in der letzten Runde hat die Uni Stuttgart vor den Mitbewerbern aus der Uni Köln und dem Max-Planck-Institut Bonn das Rennen um das deutsche Betriebszentrum von SOFIA gemacht. Das insgesamt rund 700 Millionen Euro teure amerikanisch-deutsche Forschungsprojekt wird zu 80 Prozent von der NASA, zu 20 Prozent vom Bundesforschungsministerium und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) getragen.
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  Blick in das Innere von SOFIA.

Die Boeing 747SP hat ein 4,5 auf 6,5 Meter großes Loch im Rumpf - trotzdem ist die Freude groß. Die „Riesenscheuer“, wie Prof. Hans-Peter Röser vom Institut für Raumfahrt-systeme der Uni Stuttgart (IRS) das leer geräumte Flugzeug nennt, bietet nämlich viel Laborplatz und - das Loch ist gewollt. Durch das „offene Fenster“ wird bei jedem der in den nächsten 20 Jahren geplanten 160 Flüge pro Jahr ein Teleskop in den Weltraum blicken - und vielleicht eine Sternengeburt beobachten. Das rund 17 Tonnen schwere und ca. 50 Millionen Euro teure Teleskop wurde in Deutschland hergestellt. Bei den Flügen in rund 14 Kilometern Höhe kann es Spektralbereiche erfassen, die den Bodenteleskopen aufgrund der Atmosphäre verborgen bleiben. Die Forscher hoffen, so endlich einmal die Geburt von Sternen verfolgen zu können, Planeten in anderen Sonnensystemen zu erfassen oder zu sehen, was sich zwischen den Sternen verbirgt. Aber auch beispielsweise Spurengase in der Atmosphäre soll SOFIA ermitteln, und das, beweglich wie der Flieger ist, an jedem Ort der Welt. Wird von San Francisco aus gestartet, hat das Spiegel-Teleskop mit seinen 2,7 Metern Durchmesser die Nordhalbkugel „im Blick“, bei den Starts von Neuseeland aus die Südhalbkugel. Jeweils sieben bis acht Stunden werden die Forschungsflüge dauern - die von Deutschland aus leider nicht machbar sind. Bei einer Geschwindigkeit von 1.000 Kilometern pro Stunde wären zu viele Überfluggenehmigungen nötig.

 

 

Heute entwickeln, morgen testen

Schon vor 20 Jahren hat Hans-Peter Röser für das Projekt bei den Ministerien geworben. „Der Einsatz von Teleskopen auf Satelliten ist extrem teuer und unflexibel“, erklärt er. Oft ist die Technik schon veraltet, wenn die Satelliten ihren Weg ins All antreten und einmal oben, sind Reparaturen nicht mehr möglich. Mit SOFIA können „wir heute entwickeln, morgen zusammenbauen und übermorgen testen“, ist der Professor begeistert. Zudem: Zwischen den Flügen können die Instrumente gewechselt und während des Flugs optimiert werden. 80 Arbeitsplätze wird das Forschungsprojekt schaffen, rund 20 davon in Deutschland. Für die deutschen Wissenschaftler, von denen rund 16 immer wieder in den USA arbeiten werden, wird am Institut für Raumfahrtsysteme eine eigene Abteilung eingerichtet.

 

 

Mit SOFIA auf dem Weg zu den Sternen und Sonnensystemen …
(Fotos: Institut für Raumfahrtsysteme)

 

Auszeichnung für den Standort Stuttgart

Zu den ersten Testflügen wird die Boeing 2005 starten. Rund 12 Monate lang wird dann zunächst erprobt, was bislang nur im Windkanal getestet werden konnte, schätzt Röser. Zweimal pro Jahr wird SOFIA für jeweils eine Woche nach Stuttgart kommen. Dann stehen Wartungsarbeiten an den Triebwerken und dem Teleskop an und Instrumententeams haben die Möglichkeit, ihre Instrumente zu testen und zu verbessern. Während dieser Zeit wird auch die Öffentlichkeit das Flugzeug besichtigen können. „Ein Projekt von großen Dimensionen“, merkte der Prorektor für Forschung, Prof. Jörg Brüdern, an, und „eine Auszeichnung für den Standort Stuttgart und die beteiligten Partner“.

 Neben dem IRS sind an dem Projekt auf deutscher Seite sechs weitere Uni-Institute beteiligt, der Stuttgarter Flughafen, ohne den SOFIA nicht hätte landen können, das Planetarium Stuttgart, die Steinbeis-Stiftung, die für die Vermarktung und Patentierung von Weiterentwicklungen zuständig sein wird, mehr als 15 Firmen sowie fünf Schulen aus dem Stuttgarter Raum und vier aus Brandenburg. Bei den Forschungsflügen von San Francisco aus können deutsche Schülergruppen mit dabei sein. „Das macht den besonderen Charme des Projekts aus“, findet Hans-Peter Röser. Zudem sei es ein „attraktives Programm, das man sogar in der S-Bahn erklären kann“, und „es macht kribbelig“ - wohl nicht nur angesichts der 185 000 Nieten am Rumpfloch ...
 

Julia Alber


 

KONTAKT

Institut für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart,
Pfaffenwaldring 31,
70563 Stuttgart,
Tel. 0711/685-2375, -2376
Fax 0711/685-3596,
e-mail: sekretariat@irs.uni-stuttgart.de
sowie unter www.irs.uni-stuttgart.de


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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