Gerade bei kleineren bis mittleren Gewerbebetrieben oft der
Normalfall: Innerhalb eines Tages fahren zwei
Entsorgungsfahrzeuge vor. In ein herkömmliches Müllfahrzeug
wird das in Mülltonnen gesammelte Schüttgut wie zum Beispiel
Restmüll gekippt, das in Kleinmengen anfallende Stückgut,
wie Styropor, Batterien, Leuchtstoffröhren usw., das in
Gitterboxen, Spannringfässern oder anderen Kleingebinden
gesammelt wird, holt ein Pritschenfahrzeug mit heckseitiger
Ladebordwand ab - hohe Personal- und Transportkosten sind
die Folge dieser Dopplung von Fahrzeug, Fahrer, Fahrstrecke. |
Das muss nicht sein, dachten sich die Ingenieure des
Instituts für Fördertechnik und Logistik der Uni Stuttgart
(IFT). Im Rahmen des Verbundprojektes REDUKOSS (Reduzierung
des Verkehrsaufkommens durch die kombinierte Sammlung von
Schütt- und Stückgütern), das vom
Bundesforschungsministerium über drei Jahre mit 300.000 Euro
gefördert wurde, entwickelten sie Idee und Konzept eines
multifunktionalen Entsorgungsfahrzeuges, konstruierten es,
und in Zusammenarbeit mit den Partnern DaimlerChrysler und
dem Verbund Mittelständischer Entsorgungsunternehmen ZENTEK
entstand dann ein Prototyp, der am 6. Oktober vorgestellt
wurde.
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Aus Stahl und Eisen und nicht virtuell konnte
Institutsleiter Prof. Karl-Heinz Wehking das
weltweit erste Entsorgungsfahrzeug vorstellen, das
gleichzeitig Stückgüter wie Paletten und normalen
Schüttmüll transportieren kann.
(Foto: Eppler) |
Weltweit einmaliger Prototyp
Mit stattlichen elf Metern Länge, 2,45 Meter breit, 3,78
Meter hoch und 26 Tonnen schwer präsentierte sich das
weltweit einmalige Entsorgungsfahrzeug im Hof des Instituts
für Fördertechnik und Logistik, von dessen Einsatz sich die
Stuttgarter Wissenschaftler eine deutliche Verminderung der
Fahrkilometer, -zeiten und -kosten versprechen. Wie bei
üblichen Müllfahrzeugen können am Heck Tonnen eingehängt
werden, deren Inhalt ins Wageninnere gekippt wird. Direkt
hinter der Fahrerkabine befindet sich an beiden Seiten des
Fahrzeugs hinter hydraulisch gesteuerten Ladeklappen, die
das Beladen schnell und einfach machen, der Platz für die
Stückgüter: ein doppelstöckiges Regalsystem, in dem Behälter
unterschiedlichster Abmaße transportiert werden können. Rund
neun Tonnen Nutzlast kann das Gefährt im Einmannbetrieb
aufnehmen, und wie eine Marktanalyse ergab, könnten in
Deutschland pro Jahr rund 30 bis 35 Spezialfahrzeuge dieser
Art benötigt werden.
Nicht nur virtuell
„Aus Stahl und Eisen“, freute sich IFT-Chef Prof. Karl-Heinz
Wehking, „nicht virtuell“. An solch einem Projekt können die
Studierenden viel lernen und - der Prototyp ist Eigentum des
Instituts. Von Berlin, wo die Firma Haller die
Aufbaukomponenten angepasst hat, bis nach Stuttgart ist er
schon gefahren. Nun wird in einer zweimonatigen Testphase
bei privaten Entsorgungsfirmen, der Topographie wegen in
Bayern und Brandenburg, die Wirtschaft-lichkeit und
Funktionalität des neuen Entsorgungsfahr-zeugs überprüft -
„mit die wichtigste und interessanteste Zeit“, so Wehking.
Wenn
sie den Aufbau, der es „doppelt in sich hat“, wählen, müssen
die Kunden voraussichtlich mit einem Preis rechnen, der rund
18 bis 20 Prozent über dem Listenpreis eines herkömmlichen
Müllfahrzeugaufbaus liegt. Doch dafür haben sie zwei
Fahrzeuge in einem erstanden, das ein Fahrer allein führen
kann, und das in allen Betriebs-kosten wesentlich billiger
ist. Diese Aussichten sind dazu angetan, mehr als nur den
deutschen Markt zu erobern.
Julia Alber
KONTAKT
Prof.
Dr.-Ing. Karl-Heinz Wehking
Institut für Fördertechnik und Logistik
Holzgartenstraße 15 B
Tel. O711I121-3770
Fax O711/121-3769
e-mail:
wehking@ift.uni-stuttgart.de
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