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Stuttgarter unikurier Nr. 93 April 2004
Antrittsvorlesungen im Viererpack:

"Ungwörter und andere EntSÄTZlichkeiten"


Rund 200 Gäste informierten sich am 9. Dezember im Untergeschoss des KII beim Tag der Linguistik anhand von Postern, Filmen und Präsentationen über Forschung und Lehre. Und wer die Poster und Präsentationen aufmerksam studierte, hatte sicherlich wenig Probleme mit der Lösung des "Großen Lingustik-Quiz", das sich die junge Professorentruppe des Instituts für die Besucher hatte einfallen lassen. Sozusagen im "Viererpack" berichteten die vier neuen Professoren zum Abschluss des Tages in ihren Antrittsvorlesungen von "Ungwörtern und anderen EntSÄTZlichkeiten".
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Knifflige Fragen mussten die Besucher beim Linguistik-Quiz beantworten, wenn sie einen der zahlreichen Buchpreise gewinnen wollten. (Foto: Eppler)
Die Professuren des Instituts für Linguistik wurden seit 2001 alle neu besetzt. Die Geschäftsführung hat Artemis Alexiadou (Fachrichtung Anglistik) inne, die Fachrichtung Germanistik vertreten Klaus von Heusinger und Jürgen Pafel und die Romanistik Achim Stein. Das gemeinsame Institut der Uni Stuttgart für die Sprachwissenschaftler der verschiedenen Sprachen ist etwas besonderes. "Geisteswissenschaftler stehen oft in dem Ruf, Einzelgänger zu sein. Dieser Tag und die gemeinsamen Antrittsvorlesungen zeigen, dass es nicht so ist. Das Institut ist ein gemeinsames Unternehmen", betonte Rektor Dieter Fritsch in seiner Begrüßungsrede.

Wie viele Menschen aus verschiedenen Ländern unter dem Dach des Instituts vereint sind, stellten die Studierenden in einem kurzen Einführungsfilm unter Beweis. Aus Bolivien, Russland, Italien, USA, Frankreich, Bulgarien, aber auch aus Thüringen, Brandenburg und Wangen im Allgäu, wie man unschwer am breiten Dialekt hören konnte, kamen sie an das Institut für Linguistik der Uni Stuttgart. Forschungsschwerpunkt aller vier Fachrichtungen des Instituts ist die Entwicklung theoretischer Modelle zur Beschreibung sprachlicher Strukturen. Ein Anwendungsbereich dafür ist beispielsweise die Computerlinguistik.

Maschinen lernen Sprachen

Maschinen können verschiedene Sprachen verstehen und selber sprechen, doch dafür müssen auch sie, wie wir Menschen, diese Sprachen erlernen. Dr. Matthias Jilka, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts, hilft ihnen dabei. Wie das funktioniert, führte er am Tag der Linguistik vor: "Ich lasse Schauspieler, die meist eine gute Stimme und eine sehr klare Aussprache haben, zahlreiche Wörter aufsagen und nehme sie auf." Mit dieser Wortsammlung füttert er dann die Maschinen. Deren Wortschatz ist nun aber nicht auf genau diese Worte begrenzt, sondern sie werden in kleinste Schnipsel zerlegt, aus denen neue Worte zusammengesetzt werden können. So kann ein Roboter sprechen lernen oder ein Computer zum Beispiel e-mails vorlesen.

Und wie man mit wenigen Worten und einfachen Grundformen ausdrücken kann, was man sagen möchte, das erfuhr man bei der Posterpräsentation von Dagmar Müschenbon und Tanja Damnojanovic. Die beiden Anglistik-Studentinnen hatten das Deutsch von Gastarbeitern analysiert. Als prominentes Beispiel wählten sie den Fußball-Trainer Giovanni Trappatoni, der sein "Gastarbeiter-Deutsch" bei Werbeauftritten geradezu kultiviert.

Die Endungen von Substantiven standen im Mittelpunkt der vier Antrittsvorlesungen. Prof. Klaus von Heusinger ging den im Deutschen ungeliebten, aber trotzdem häufig verwendeten ung-Wörtern nach. Mit ihnen werden oft Substantive gebildet, die Ereignisse oder Zustände beschreiben, etwa Berufung oder Verzweiflung. Eigenschaften werden oft durch die Endung heit nominalisiert, zum Beispiel Dummheit. Prof. Artemis Alexiadou beschrieb, wie im Englischen mit der Endung er Worte von verschiedener Bedeutung entstehen. Das vom Verb to grind (mahlen) abgeleitete Substantiv grinder kann beispielsweise eine Person bezeichnen, die mahlt, oder Mühle heißen. Im Französischen gibt es, wie in allen romanischen Sprachen, eine Vielzahl miteinander konkurrierender Endungen, erläuterte Prof. Achim Stein. Die Endungen können meist an denselben Wortstamm gehängt werden, wie bei passage, passement, passation, wodurch sich aber jeweils eine etwas unterschiedliche Bedeutung ergibt. Prof. Jürgen Pafel demonstrierte in seiner Antrittsvorlesung, wie wichtig das Sprachgefühl beim Sprechen und Schreiben ist: "Ohne Sprachgefühl kann man sich Sprache nicht vorstellen, man würde nichts verstehen, fast so, als wenn man Chinesisch hört, aber die Sprache nicht beherrscht."

Birgit Vennemann

KONTAKT

Institut für Linguistik, Keplerstr. 17,

70174 Stuttgart

Tel. 0711/121-3120  Fax 0711/121-3122

e-mail: sekretariat@ifla.uni-stuttgart.de und www.uni-stuttgart.de/linguistik/

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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