Die Professuren des Instituts für
Linguistik wurden seit 2001 alle neu besetzt. Die
Geschäftsführung hat Artemis Alexiadou (Fachrichtung
Anglistik) inne, die Fachrichtung Germanistik vertreten
Klaus von Heusinger und Jürgen Pafel und die Romanistik
Achim Stein. Das gemeinsame Institut der Uni Stuttgart für
die Sprachwissenschaftler der verschiedenen Sprachen ist
etwas besonderes. "Geisteswissenschaftler stehen oft in dem
Ruf, Einzelgänger zu sein. Dieser Tag und die gemeinsamen
Antrittsvorlesungen zeigen, dass es nicht so ist. Das
Institut ist ein gemeinsames Unternehmen", betonte Rektor
Dieter Fritsch in seiner Begrüßungsrede.Wie viele
Menschen aus verschiedenen Ländern unter dem Dach des
Instituts vereint sind, stellten die Studierenden in einem
kurzen Einführungsfilm unter Beweis. Aus Bolivien, Russland,
Italien, USA, Frankreich, Bulgarien, aber auch aus
Thüringen, Brandenburg und Wangen im Allgäu, wie man
unschwer am breiten Dialekt hören konnte, kamen sie an das Institut für Linguistik der Uni Stuttgart.
Forschungsschwerpunkt aller vier Fachrichtungen des
Instituts ist die Entwicklung theoretischer Modelle zur
Beschreibung sprachlicher Strukturen. Ein Anwendungsbereich
dafür ist beispielsweise die Computerlinguistik.
Maschinen lernen Sprachen
Maschinen können verschiedene Sprachen verstehen und
selber sprechen, doch dafür müssen auch sie, wie wir
Menschen, diese Sprachen erlernen. Dr. Matthias Jilka,
wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts, hilft ihnen
dabei. Wie das funktioniert, führte er am Tag der Linguistik
vor: "Ich lasse Schauspieler, die meist eine gute Stimme und
eine sehr klare Aussprache haben, zahlreiche Wörter aufsagen
und nehme sie auf." Mit dieser Wortsammlung füttert er dann
die Maschinen. Deren Wortschatz ist nun aber nicht auf genau
diese Worte begrenzt, sondern sie werden in kleinste
Schnipsel zerlegt, aus denen neue Worte zusammengesetzt
werden können. So kann ein Roboter sprechen lernen oder ein
Computer zum Beispiel e-mails vorlesen.
Und wie man mit wenigen Worten und einfachen Grundformen
ausdrücken kann, was man sagen möchte, das erfuhr man bei
der Posterpräsentation von Dagmar Müschenbon und Tanja
Damnojanovic. Die beiden Anglistik-Studentinnen hatten das
Deutsch von Gastarbeitern analysiert. Als prominentes
Beispiel wählten sie den Fußball-Trainer Giovanni Trappatoni,
der sein "Gastarbeiter-Deutsch" bei Werbeauftritten geradezu
kultiviert.
Die Endungen von Substantiven standen im Mittelpunkt der
vier Antrittsvorlesungen. Prof. Klaus von Heusinger ging den
im Deutschen ungeliebten, aber trotzdem häufig verwendeten
ung-Wörtern nach. Mit ihnen werden oft Substantive gebildet,
die Ereignisse oder Zustände beschreiben, etwa Berufung oder
Verzweiflung. Eigenschaften werden oft durch die Endung heit
nominalisiert, zum Beispiel Dummheit. Prof. Artemis Alexiadou beschrieb, wie
im Englischen mit der Endung er Worte von verschiedener
Bedeutung entstehen. Das vom Verb to grind (mahlen)
abgeleitete Substantiv grinder kann beispielsweise eine
Person bezeichnen, die mahlt, oder Mühle heißen. Im
Französischen gibt es, wie in allen romanischen Sprachen,
eine Vielzahl miteinander konkurrierender Endungen,
erläuterte Prof. Achim Stein. Die Endungen können meist an
denselben Wortstamm gehängt werden, wie bei passage,
passement, passation, wodurch sich aber jeweils eine etwas
unterschiedliche Bedeutung ergibt. Prof. Jürgen Pafel
demonstrierte in seiner Antrittsvorlesung, wie wichtig das
Sprachgefühl beim Sprechen und Schreiben ist: "Ohne
Sprachgefühl kann man sich Sprache nicht vorstellen, man
würde nichts verstehen, fast so, als wenn man Chinesisch
hört, aber die Sprache nicht beherrscht."
Birgit Vennemann
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