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Stuttgarter unikurier Nr. 93 April 2004
Workshop des Instituts für Geographie:
Telearbeit - Chance für den ländlichen Raum?

Der Tagungsort war Programm: das Städtchen Sternenfels, idyllisch gelegen am Rande des Stromberg, eine gute Autostunde von Stuttgart entfernt. Dort veranstaltete das Institut für Geographie im November 2003 einen Workshop über die Chancen moderner Kommunikationstechnologie im ländlichen Raum.
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Die Kehrseite der ländlichen Idylle: Junge Frauen, die nach der Familienpause den Wiedereinstieg in den Job versuchen, haben es angesichts langer Wege und fehlender Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder schwer. Abhilfe schaffen sollen Telearbeits- beziehungsweise Teleservicezentren. Diese Zentren stellen wohnortnah moderne IT- und Kommunikationstechnologie zur Verfügung, die tageweise genutzt werden kann. So lassen sich Bürotätigkeiten, Call-Center-Dienste oder Datenerfassungsarbeiten erledigen, ohne dass der Mitarbeiter den Weg zum eigentlichen Arbeitgeber auf sich nehmen muss. Existenzgründer nutzen die Infrastruktur, um Investitionen in der Anlaufphase eines jungen Unternehmens zu sparen. Außerdem werden in den Zentren zahlreiche Schulungen durchgeführt. Ziel ist es, Arbeitsplätze zu schaffen und gleichzeitig die Ausbreitung der neuen Medien im ländlichen Raum zu unterstützen.

Das Interesse der Frauen an Telearbeitsplätzen ist groß. Doch schaffen die Zentren es auch, wirtschaftlich eine Erfolgsstory zu schreiben? Das wollten Iris Gebauer und Birgit Timm am Institut für Geographie der Uni im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützten Projektes herausfinden. Die Datenlage war zunächst ernüchternd: Von ursprünglich 53 öffentlich geförderten Zentren in Deutschland waren zum Zeitpunkt der Studie eben einmal 21 nachweislich in Betrieb - der Rest war inzwischen insolvent oder aus anderen Gründen nicht erreichbar. Analysiert wurden schließlich acht Telearbeitszentren in Deutschland und Österreich. Auch Erfahrungen mit ähnlichen Konzepten in der Schweiz wurden einbezogen.

Erfolgsfaktor Kundendichte

Für die magere Erfolgsquote der Zentren macht Iris Gebauer neben der wirtschaftlichen Flaute und dem Zusammenbruch des neuen Marktes vorrangig die geringe Kundendichte im ländlichen Raum verantwortlich. "Damit die Zentren wirtschaftlich tragfähig sind, muss es ihnen gelingen, sich über die Region hinaus bekannt zu machen und sich einen breiten Kundenkreis zu schaffen", betont die Geographin, die auch den Workshop betreute. Dies erfordere ein klar definiertes Dienstleistungsportfolio, aktive Akquise durch die Geschäftsleitung und forcierte Öffentlichkeitsarbeit.

Entscheidend ist auch die politische Unterstützung. Am Tagungsort Sternenfels, wo mit dem Tele- und Schulungszentrum TeleGis eines der erfolgreichen Fallbeispiele angesiedelt ist, läuft das gut. Quer durch den Gemeinderat wird dort die Werbetrommel für die Telearbeit gerührt: "Der Bürgermeister geht an keinem Mikrophon vorbei, ohne über TeleGis zu sprechen", berichtet Iris Gebauer schmunzelnd.

Werbung um Vertrauen

Dies ist auch nötig. Denn bei den Unternehmen selbst muss um das Vertrauen in die Telezentren erst noch geworben werden. "Der Mehrwert der neuen Medien wird bei den Unternehmen im ländlichen Raum generell noch nicht ausreichend erkannt", sagt Iris Gebauer. Und auch die Einsparpotentiale, die sich aus dem "Outsourcen" von Routinetätigkeiten ergeben, seien noch nicht immer in den Köpfen der Mittelständler angekommen. Zu den Dienstleistungsangeboten der Telezentren heiße es vielfach lapidar: "Brauchen wir nicht..."

Wichtig sei es darüber hinaus, dass die Zentren sich unabhängig von den Arbeitsämtern machen. Als Anbieter von Weiterbildungsmaßnahmen zählt die Nürnberger Agentur oft zu den Hauptkunden der Telezentren. Wenn diese Seminare dem Rotstift zum Opfer fallen, bedeutet das für das betroffene Zentrum häufig das Aus.

Andrea Mayer-Grenu

KONTAKT

Institut für Geographie, Iris Gebauer,

Azenbergstr. 12, 70174 Stuttgart,

Tel. 0711/121-1484, Fax 0711/121-1455,

e-mail: iris.gebauer@geographie.uni-stuttgart.de sowie unter
www.geographie.uni-stuttgart.de/mitarbeiterseiten/Gebauer/Teleland/index.html

 

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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