Die Kehrseite der ländlichen Idylle:
Junge Frauen, die nach der Familienpause den Wiedereinstieg
in den Job versuchen, haben es angesichts langer Wege und
fehlender Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder schwer.
Abhilfe schaffen sollen Telearbeits- beziehungsweise
Teleservicezentren. Diese Zentren stellen wohnortnah moderne
IT- und Kommunikationstechnologie zur Verfügung, die
tageweise genutzt werden kann. So lassen sich
Bürotätigkeiten, Call-Center-Dienste oder
Datenerfassungsarbeiten erledigen, ohne dass der Mitarbeiter
den Weg zum eigentlichen Arbeitgeber auf sich nehmen muss.
Existenzgründer nutzen die Infrastruktur, um Investitionen
in der Anlaufphase eines jungen Unternehmens zu sparen.
Außerdem werden in den Zentren zahlreiche Schulungen
durchgeführt. Ziel ist es, Arbeitsplätze zu schaffen und
gleichzeitig die Ausbreitung der neuen Medien im ländlichen
Raum zu unterstützen.Das Interesse der Frauen an
Telearbeitsplätzen ist groß. Doch schaffen die Zentren es
auch, wirtschaftlich eine Erfolgsstory zu schreiben? Das
wollten Iris Gebauer und Birgit Timm am Institut für
Geographie der Uni im Rahmen eines vom Bundesministerium für
Bildung und Forschung unterstützten Projektes herausfinden.
Die Datenlage war zunächst ernüchternd: Von ursprünglich 53 öffentlich geförderten Zentren in
Deutschland waren zum Zeitpunkt der Studie eben einmal 21
nachweislich in Betrieb - der Rest war inzwischen insolvent
oder aus anderen Gründen nicht erreichbar. Analysiert wurden
schließlich acht Telearbeitszentren in Deutschland und
Österreich. Auch Erfahrungen mit ähnlichen Konzepten in der
Schweiz wurden einbezogen.
Erfolgsfaktor Kundendichte
Für die magere Erfolgsquote der Zentren macht Iris
Gebauer neben der wirtschaftlichen Flaute und dem
Zusammenbruch des neuen Marktes vorrangig die geringe
Kundendichte im ländlichen Raum verantwortlich. "Damit die
Zentren wirtschaftlich tragfähig sind, muss es ihnen
gelingen, sich über die Region hinaus bekannt zu machen und
sich einen breiten Kundenkreis zu schaffen", betont die
Geographin, die auch den Workshop betreute. Dies erfordere
ein klar definiertes Dienstleistungsportfolio, aktive
Akquise durch die Geschäftsleitung und forcierte
Öffentlichkeitsarbeit.
Entscheidend ist auch die politische Unterstützung. Am
Tagungsort Sternenfels, wo mit dem Tele- und
Schulungszentrum TeleGis eines der erfolgreichen
Fallbeispiele angesiedelt ist, läuft das gut. Quer durch den
Gemeinderat wird dort die Werbetrommel für die Telearbeit
gerührt: "Der Bürgermeister geht an keinem Mikrophon vorbei,
ohne über TeleGis zu sprechen", berichtet Iris Gebauer
schmunzelnd.
Werbung um Vertrauen
Dies ist auch nötig. Denn bei den Unternehmen selbst muss
um das Vertrauen in die Telezentren erst noch geworben
werden. "Der Mehrwert der neuen Medien wird bei den
Unternehmen im ländlichen Raum generell noch nicht
ausreichend erkannt", sagt Iris Gebauer. Und auch die
Einsparpotentiale, die sich aus dem "Outsourcen" von
Routinetätigkeiten ergeben, seien noch nicht immer in den
Köpfen der Mittelständler angekommen. Zu den
Dienstleistungsangeboten der Telezentren heiße es vielfach
lapidar: "Brauchen wir nicht..."
Wichtig sei es darüber hinaus, dass die Zentren sich
unabhängig von den Arbeitsämtern machen. Als Anbieter von
Weiterbildungsmaßnahmen zählt die Nürnberger Agentur oft zu
den Hauptkunden der Telezentren. Wenn diese Seminare dem
Rotstift zum Opfer fallen, bedeutet das für das betroffene
Zentrum häufig das Aus.
Andrea Mayer-Grenu
KONTAKT
Institut für Geographie, Iris Gebauer,
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