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Stuttgarter unikurier Nr. 93 April 2004
Fachtagung:
Großstadtregionen als nationales Handlungsfeld

"Strategien für Großstadtregionen im 21. Jahrhundert" war die Fachtagung am 20. Februar überschrieben, die das Städtebau-In-stitut der Universität Stuttgart gemeinsam mit der Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL) und der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL) veranstaltet hatte.
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Die demographische und sozialräumliche Entwicklung, die Zunahme der Single-Haushalte, Zuwanderung, Globalisierung und Standortkonkurrenz, Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit - all diese Faktoren stellen an die Großstadtregionen neue Anforderungen und Aufgaben. Die Großstädte sollen Motoren sein für ökonomische, soziale und kulturelle Entwicklungen. "Doch gleichzeitig verlieren die Städte an Anziehungskraft, die Menschen ziehen aufs Land, nicht zuletzt wegen steuerlicher Vorteile, die die Politik gewährt", erläuterte Prof. Helmut Ahuis, früherer Präsident der DASL. Um Empfehlungen für die Entwicklung von Großstadtregionen zu erarbeiten, gründeten die DASL und die ARL vor zwei Jahren einen Arbeitskreis. Bei der Tagung stellte der Arbeitskreis seine Thesen nun vor Fachleuten aus Politik, Planungspraxis und Wissenschaft in drei Podien zur Diskussion.

Prof. Johann Jessen vom Städtebau-Institut und Mitglied der DASL, fasste als Leiter des Arbeitskreises die wichtigsten Thesen zusammen. Großstadtregionen müssten eine politische Verfassung erhalten. Wirtschaftlich und sozial sollte sich ein Standort als Region profilieren und identifizieren. "Stadtmarketing darf nicht an den Stadtgrenzen enden." Zudem müsse die Politik dahin wirken, dass gleiche Lebenschancen für alle Bewohner gelten. Als weiteren wichtigen Punkt bemängelte Jessen, dass immer noch ein enormer Flächenverbrauch stattfinde, langfristiges Ziel müsse eine Flächenkreislaufwirtschaft sein. Als dringend notwendig bezeichnete er die Reform der Gemeindefinanzen, um die finanzielle Basis der Kommunen zu sichern. Es müsse das Prinzip gelten: "Wer bestellt, muss auch bezahlen."

Schwerpunktthema bei den Podiumsdiskussionen war die regionale Verfassung. Man war sich einig mit den Thesen des Arbeitskreises, dass jede Großstadtregion ihren eigenen Weg zu einer ihr gemäßen Verfassung und Arbeitsweise finden solle. "Das vom Volk gewählte Regionalparlament ist ein großer Trumpf und verleiht den Beschlüssen ein besonderes Gewicht", betonte Dr. Bernd Steinacher, Direktor des Verbands Region Stuttgart.

Grundsätzlich wurde der These, dass Großstadtregionen gestärkt werden sollen, nicht von den Tagungsteilnehmern widersprochen. Eingeschränkt wurde diese Perspektive allerdings vor allem von Vertretern der Flächenstaaten. Konzepte, die Großstadtregionen Vorrang gegenüber dem ländlich geprägten Raum einräumen, seien nicht mehrheitsfähig, beschrieb Stefan Reiß-Schmidt (Stadtdirektor München) die Situation in Bayern. Und auch Dr. Thomas Langheinrich, Ministerialdirigent im baden-württembergischen Wirtschaftsministerium, erkennt zwar die Lokomotivfunktion der Großstadtregionen an, "doch man darf den übrigen Landesteilen die Chancen nicht nehmen." Auch möchte er keinen so großen Unterschied zwischen kleineren Städten und Großstädten machen.

Die Empfehlung des Arbeitskreises, Regionalplanung und Flächennutzungsplan zusammenzuführen, stieß auf Widerspruch. Stefan Reiß-Schmidt und Dierk Hausmann (Stadtentwicklungsplanung Frankfurt) befürchten, dass der Flächennutzungsplan an Wirkungskraft verliere, gleichzeitig aber der Abstimmungsbedarf zunehme. Dr. Folkert Kiepe, Beigeordneter des Deutschen Städtetages, betonte, dass die Empfehlungen des Arbeitskreises weit gehend deckungsgleich seien mit dem Leitbild des Deutschen Städtetages. Er vermisst auf der Ebene der Länder und des Bundes eine Politik, die auf die spezielle Situation der Großstädte eingeht. Dabei sei dies angesichts der wachsenden europäischen Integration ein dringendes Gebot der Stunde.

Birgit Vennemann

KONTAKT

Prof. Johann Jessen, Städtebau-Institut der Universität Stuttgart

Tel. 0711/121-2213, Fax 0711/121-2209

e-mail: johann.jessen@si.uni-stuttgart.de sowie unter www.ARL-net.de

 

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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