Die demographische und sozialräumliche
Entwicklung, die Zunahme der Single-Haushalte, Zuwanderung,
Globalisierung und Standortkonkurrenz, Wirtschaftskrise und
Arbeitslosigkeit - all diese Faktoren stellen an die
Großstadtregionen neue Anforderungen und Aufgaben. Die
Großstädte sollen Motoren sein für ökonomische, soziale und
kulturelle Entwicklungen. "Doch gleichzeitig verlieren die
Städte an Anziehungskraft, die Menschen ziehen aufs Land,
nicht zuletzt wegen steuerlicher Vorteile, die die Politik
gewährt", erläuterte Prof. Helmut Ahuis, früherer Präsident
der DASL. Um Empfehlungen für die Entwicklung von
Großstadtregionen zu erarbeiten, gründeten die DASL und die
ARL vor zwei Jahren einen Arbeitskreis. Bei der Tagung
stellte der Arbeitskreis seine Thesen nun vor Fachleuten aus
Politik, Planungspraxis und Wissenschaft in drei Podien zur
Diskussion.Prof. Johann Jessen vom Städtebau-Institut und
Mitglied der DASL, fasste als Leiter des Arbeitskreises die
wichtigsten Thesen zusammen. Großstadtregionen müssten eine
politische Verfassung erhalten. Wirtschaftlich und sozial
sollte sich ein Standort als Region profilieren und
identifizieren. "Stadtmarketing darf nicht an den
Stadtgrenzen enden." Zudem müsse die Politik dahin wirken,
dass gleiche Lebenschancen für alle Bewohner gelten. Als
weiteren wichtigen Punkt bemängelte Jessen, dass immer noch
ein enormer Flächenverbrauch stattfinde, langfristiges Ziel
müsse eine Flächenkreislaufwirtschaft sein. Als dringend
notwendig bezeichnete er die Reform der Gemeindefinanzen, um
die finanzielle Basis der Kommunen zu sichern. Es müsse das
Prinzip gelten: "Wer bestellt, muss auch bezahlen."
Schwerpunktthema bei den Podiumsdiskussionen war die
regionale Verfassung. Man war sich einig mit den Thesen des
Arbeitskreises, dass jede Großstadtregion ihren eigenen Weg
zu einer ihr gemäßen Verfassung und Arbeitsweise finden
solle. "Das vom Volk gewählte Regionalparlament ist ein
großer Trumpf und verleiht den Beschlüssen ein besonderes
Gewicht", betonte Dr. Bernd Steinacher, Direktor des
Verbands Region Stuttgart.
Grundsätzlich wurde der These, dass Großstadtregionen
gestärkt werden sollen, nicht von den Tagungsteilnehmern
widersprochen. Eingeschränkt wurde diese Perspektive
allerdings vor allem von Vertretern der Flächenstaaten.
Konzepte, die Großstadtregionen Vorrang gegenüber dem
ländlich geprägten Raum einräumen, seien nicht
mehrheitsfähig, beschrieb Stefan Reiß-Schmidt (Stadtdirektor
München) die Situation in Bayern. Und auch Dr. Thomas
Langheinrich, Ministerialdirigent im baden-württembergischen
Wirtschaftsministerium, erkennt zwar die Lokomotivfunktion
der Großstadtregionen an, "doch man darf den übrigen
Landesteilen die Chancen nicht nehmen." Auch möchte er
keinen so großen Unterschied zwischen kleineren Städten und
Großstädten machen.
Die Empfehlung des Arbeitskreises, Regionalplanung und
Flächennutzungsplan zusammenzuführen, stieß auf Widerspruch.
Stefan Reiß-Schmidt und Dierk Hausmann
(Stadtentwicklungsplanung Frankfurt) befürchten, dass der
Flächennutzungsplan an Wirkungskraft verliere, gleichzeitig
aber der Abstimmungsbedarf zunehme. Dr. Folkert Kiepe,
Beigeordneter des Deutschen Städtetages, betonte, dass die
Empfehlungen des Arbeitskreises weit gehend deckungsgleich
seien mit dem Leitbild des Deutschen Städtetages. Er
vermisst auf der Ebene der Länder und des Bundes eine
Politik, die auf die spezielle Situation der Großstädte
eingeht. Dabei sei dies angesichts der wachsenden
europäischen Integration ein dringendes Gebot der Stunde.
Birgit Vennemann
KONTAKT
Prof. Johann Jessen, Städtebau-Institut der Universität
Stuttgart
Tel. 0711/121-2213, Fax 0711/121-2209
e-mail:
johann.jessen@si.uni-stuttgart.de sowie unter
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