Stuttgarter unikurier
Nr. 93 April 2004 |
Stimmen zum Uni-Jubiläum |
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Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Günter Pritschow |
Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Günter
Pritschow, Chef des Instituts für Steuerung der
Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen, schlägt einen
großen Bogen von der Vergangenheit zur Gegenwart. "Die
Entwicklung unserer Hochschule hängt eng zusammen mit der
industriellen Entwicklung des Landes seit dem 19.
Jahrhundert. Das rohstoffarme Württemberg lebt von den
innovativen Ideen seiner Menschen und brachte es so auch zu
einer der bedeutendsten technischen Hochschulen
Deutschlands", fasst der ehemalige Rektor die
Erfolgsgeschichte der Universität zusammen und fügt
hintergründig hinzu: "Wenn man als Wissenschaftler - aus
welcher Region auch immer - hier erst mal Fuß gefasst hat,
wird man vom schwäbischen Schaffensgeist infiziert". Die
Technik blüht hier nicht zuletzt deshalb, weil sich in der
Region eine einmalige Clusterbildung von Wissenschaft und
Industrie vollzogen habe - so konzentrierten sich zum
Beispiel über die Hälfte aller deutschen
Werkzeugmaschinenfabriken in Stuttgart und Umgebung. Wünsche
für die Zukunft der Uni? Dass sich die für manche Institute
schwierige räumliche Trennung zwischen dem Unigelände in der
Stadt und Vaihingen verbessert. Und dass bei der Einführung
der Bachelor-/Master-Studiengänge das hohe Qualitätsniveau
des deutschen Diploms gehalten wird.
Marlen Schulz studiert Soziologie
und Kunstgeschichte und findet zum Jubiläum der technisch
geprägten Universität einen pragmatischen Zugang: "Geistes-
und Sozialwissenschaften an einer solchen Hochschule zu
studieren, ist eigentlich ein Vorteil", fasst sie die
Erfahrungen ihres Studiums zusammen. Die Seminare seien
nicht überlaufen, zwischen Studenten und Professoren bestehe
intensiver Kontakt. Allerdings plädiert sie dafür, dass die
Universität Stuttgart auch mit ihrer sozial- und
geisteswissenschaftlichen Kompetenz stärker in der
Öffentlichkeit werbe: "Gerade im Vergleich zu anderen
technisch ausgerichteten Hochschulen sollte man
herausstellen, dass auch nichttechnische Fächer an der
Universität Stuttgart bewusst gepflegt werden". Und das
durchaus mit praktischer Relevanz. "Die Stuttgarter
Soziologen haben das Selbst- und Fremdbild der Universität
in einer Studie analysiert und tragen so zur intellektuellen
Standortbestimmung der Hochschule bei", erinnert Marlen
Schulz an ein wissenschaftliches Projekt, an dem sie selbst
mitgearbeitet hat.
Walter Nohlen, Dezernatsleiter
"Studentische Angelegenheiten", vereinigt ein Stück
Entwicklungsgeschichte der Universität in der eigenen
Biografie: Seit 1978 Dezernent, hat er die jüngere
Geschichte der Hochschule sozusagen am eigenen Leib
miterlebt - von den turbulenten Zeiten der Aufhebung der
verfassten Studentenschaft bis zum eher entspannten
Verhältnis von Studierendenvertretung und
Universitätsleitung heute. "Die Universität kann zu ihrem
Jubiläum stolz sein auf hervorragende Ergebnisse nicht nur
in Wissenschaft und Forschung, sondern auch bei der
Ausbildung von Führungskräften in allen Bereichen",
resümiert Nohlen. "Ob als Ingenieure, Manager, Lehrer oder
Naturwissenschaftler - die hoch qualifizierten Absolventen
der Universität Stuttgart genießen überall einen
hervorragenden Ruf. Ohne sie wäre das Land ein Stück ärmer."
Mit diesem Pfund sollte die Hochschule ruhig etwas mehr in
der Öffentlichkeit wuchern, so Walter Nohlen. Nicht zuletzt
auch deshalb, um dem zählebigen Image der zu starken
Regionalisierung entgegenzuwirken.
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Prof. Dr.
Claus Eisenbach |
Prof. Dr. Claus Eisenbach,
Professor für Makromolekulare Chemie, nimmt das Jubiläum zum
Anlass für ein aktuelles hochschulpolitisches Streiflicht.
"Die Tradition der Universität Stuttgart ist eine
ausgezeichnete Basis für Spitzenforschung. Dazu gehört zum
Beispiel die enge Verzahnung der universitären mit der
außeruniversitären Forschung, wie sie hier in Deutschland
einzigartig verwirklicht wird" , betont der stellvertretende
Vorsitzende des Universitätsrates. Gerade im Jubiläumsjahr
werde sich der Blick auch in die Zukunft richten: "Für die
Universität ist es wichtig, ihre Stärken weiter zu
identifizieren, die Möglichkeiten der interdisziplinären
Forschung konsequent zu nutzen und sich besonders auf die
Gebiete zu konzentrieren, auf denen sie international
konkurrenzfähig ist. Nur dann werden wir die besten
Studenten anziehen und mit ihnen gemeinsam die
Weiterentwicklung vorantreiben".
Lutz Radestock, als Leiter
des infrastrukturellen Gebäudemanagements verantwortlich für
mehrere technische Wartungsgruppen, identifiziert sich
weniger mit dem Jubiläum als mit "seiner" Universität
insgesamt. Seit 1993 ist er dabei und wurde in dieser Zeit
in mehreren Funktionen mehr als vertraut mit den
Universitätsgebäuden in der Stadtmitte und ihrem technischen
Innenleben. "Die Jubiläumsveranstaltungen können wir mit
unserem normalen Personalstamm betreuen", sagt er. Denn
seine Wartungsgruppen mit Spezialisten für Sanitär, Mechanik
und Elektrotechnik seien seit Jahren eingespielte Teams, die
ohnehin technischen Support für 20 bis 30
Sonderveranstaltungen im Jahr leisteten - vom Campus-Fest
der Studierenden bis zu den zahlreichen
Orchesteraufführungen und Kongressen.
Peter Götz, Abteilungsleiter
im Dezernat Personal und seit 1973 in der Uni-Verwaltung
tätig, nimmt das Jubiläum zum Anlass, um über die Geschichte
der Universität nachzudenken. "Obwohl von Technik und
Naturwissenschaften geprägt, verbindet die Hochschule sie
traditionell mit der Geistes- und Kulturgeschichte. Der
Rückblick auf die 175-jährige Entwicklung der Universität
spiegelt für mich auch das fruchtbare Zusammenwirken von
Tradition und modernen Entwicklungen". Sein ganzes
Berufsleben war Peter Götz immer ein wenig stolz darauf, die
Universität als Arbeitsplatz nennen zu können. "Es ist schon
etwas Besonderes, zu sagen, man arbeitet an der Uni. Das ist
nicht wie ein Arbeitsplatz in irgendeiner Behörde", sagt er.
Das motiviert Peter Götz auch für die ehrenamtliche
Mitarbeit im KunstKreisRektoramt, der regelmäßig
Kunstausstellungen im Gebäude Keplerstraße 7 organisiert.
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Walter Heydt und Dorian
Daumiller |
Walter Heydt und Dorian
Daumiller studieren auf dem Vaihinger Campus Technische
Kybernetik. "Zumindest von der Architektur her läuft einem
die Tradition hier nicht gerade über den Weg", meint Dorian
Daumiller angesichts der nüchternen Funktionsbauten in
Vaihingen. Andererseits würde ein neoklassizistischer Campus
nicht so recht zur Universität Stuttgart passen, und in den
großen Gebäuden in Vaihingen gebe es für die Studierenden
selten Platzprobleme. Er muss es wissen: In den
Semesterferien wird seiner Arbeitsgruppe eigens ein Hörsaal
zur Verfügung gestellt. Sein Kommilitone Walter Heydt hat
ganz pragmatische Wünsche zum 175. Geburtstag der
Universität: Kürzere Wartezeiten im Rechnerpool und
schnellere Rechner würden helfen, das Studium noch
effektiver zu gestalten. "Man erlebt die Universität durch
die vielen Veranstaltungen einfach mal etwas anders",
antworten die beiden angehenden Diplomingenieure auf die Frage, was ihnen das 175-jährige Hochschuljubiläum
bedeutet. Denn auf dem Vaihinger Unigelände kommt die
studentische Szene am Wochenende fast zum Erliegen - viele
Studenten aus der Region verbringen es zu Hause.
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Prof. Dr.-Ing. Arnold Kistner |
Prof. Dr.-Ing. Arnold Kistner
plädiert für einen bewussten Umgang mit der Tradition der
Universität: "Das Jubiläum ist ein Anlass, sich mit der
Geschichte der Hochschule auseinander zu setzen, aber
gleichzeitig nach vorne zu blicken", sagt der
stellvertretende Leiter des Instituts A für Mechanik. Der
Mathematiker ist unter anderem zuständig für den Studiengang
Technische Kybernetik, der nur an zwei deutschen Hochschulen
studiert werden kann. Dennoch: "Es hat der technisch
ausgerichteten Hochschule gut getan, dass hier in Stuttgart
auch die Geisteswissenschaften gepflegt werden", betont er,
und ist als Absolvent der Universität Stuttgart stolz, dass
"seine" Universität sich im Jubiläumsjahr 2004 mit
zahlreichen Veranstaltungen und Aktivitäten der
Öffentlichkeit präsentiert. (Text und Fotos: Johannes Häußler)
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