Viel Recherche war nötig, doch
Hayabtolah Khakzar, Bewohner der ersten Stunde, hatte sich
vorgenommen, möglichst viele seiner ehemaligen Mitbewohner
zum "50jährigen" im Dachcafé ihrer einstigen Bleibe zu
versammeln - und der Erfolg gab ihm Recht. Über 60
"Ureinwohner" folgten seiner Einladung und tauschten mit
Begeisterung Erinnerungen und Bilder aus. Viel hat sich
geändert seit damals: Damen- oder Herrenbesuche sind schon
lange kein Thema mehr und Studentinnen sind nunmehr auf
allen Stockwerken anzutreffen. Zusammen mit ihren männlichen
Kollegen wohnen sie dort in einer Art Stockwerk-WG.
Als Hayabtolah Khakzar 1951 aus dem Iran an die damalige
Technische Hochschule Stuttgart kam, um Elektrotechnik zu
studieren, zog er in Zimmer 1206 ein. Er wurde
Ausländersprecher im Asta, war aktiv in der Selbstverwaltung
des Max-Kade Heims, gründete den Internationalen
Studentenclub Stuttgart (ISCS), rief den ersten Ball der
Nationen ins Leben - und fand die Frau seines Lebens. 1967
zog er mit seiner Familie nach Teheran und wurde dort Rektor
der Iran University of Science and Technology. Im Jahr 1979
verließ Hayabtolah Khakzar kurz nach dem Schah das Land und
kam wieder nach Stuttgart, wo er zunächst als Gastprofessor
an der Uni lehrte und 1982 als Professor für
Nachrichtentechnik an die FH Esslingen berufen wurde.
Unter den "Ureinwohnern" finden sich auch zwei ehemalige
Rektoren der Uni Stuttgart, Franz Effenberger und Jürgen
Giesecke. "Es gibt nichts besseres als
fakultätsübergreifende Gemeinschaften", findet Giesecke in
der Erinnerung an seine Zeit im Max-Kade-Heim, während der
er sich "sauwohl" gefühlt hat. Angesichts der heutigen
Studentinnen und geänderten Wohnbedingungen gibt er gar zu,
"gewisse Neidgefühle" nicht ausschließen zu können. "Schade,
dass wir so alt geworden sind ..."
Selbstverwaltung funktioniert
Es gibt aber auch Dinge, die ändern sich nicht. So steht
das Wohnheim noch immer unter studentischer
Selbstverwaltung, dem Zwölferrat. Die Position des Vorstands
hat momentan Petar Bejic inne. Der 21-jährige
Architekturstudent kommt aus Kroatien und findet es toll,
hier zu wohnen. Alle Entscheidungen unter den 140 Bewohnern
werden demokratisch getroffen, etwa wer neu einziehen darf
oder wie mit der Renovierung des Dachcafés verfahren wird.
Andreas Häusser, derzeitiger Wohnungsreferent, weiß, die
Wohnheimplätze sind begehrt wie eh und je. Zu verdanken
haben die Studierenden ihr Wohnheim Max Kade aus Steinbach
bei Schwäbisch Hall, der 1904 nach Amerika auswanderte und
ein pharmazeutisches Unternehmen aufbaute, das ihm zu
Wohlstand verhalf. Ende 1944 gründete er in New York
gemeinsam mit seiner Frau die Max-Kade-Foundation, und da er
in Fragen der Demokratie und Völkerverständigung auf die
Jugend setzte, finanzierte seine Stiftung ab Mitte der
fünfziger Jahre gezielt Wohnheime, Mensen, Bibliotheken und
Klubhäuser für Studierende in Deutschland, der Schweiz,
Österreich und den USA. In Stuttgart wurde so neben dem Bau
des Studentenwohnheims auch der Bau der Mensa Stadtmitte und
der Neubau der Uni-Bibliothek ermöglicht. Julia Alber
Weitere Informationen unter
www.max-kade.de.