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Stuttgarter unikurier Nr. 93 April 2004
Neues Zertifikat für hochschuldidaktische Kompetenz vergeben:
Schluss mit Langeweile im Hörsaal

Stereotype Vorlesungen soll es in Zukunft nicht mehr geben. So will es das Hochschuldidaktikzentrum der Universitäten des Landes Baden-Württemberg (HDZ), das seit zwei Jahren ein umfangreiches Programm zur pädagogischen Weiterbildung von Dozenten anbietet. Kürzlich erhielten die ersten 47 Teilnehmer das Baden-Württemberg-Zertifikat für den Erwerb hochschuldidaktischer Kompetenzen - darunter fünf Hochschullehrer der Uni Stuttgart.
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"Als Meilenstein für die Verbesserung der Lehre" bezeichneten Wissenschaftsminister Prof. Peter Frankenberg und Rektor Prof. Dieter Fritsch das neue Zertifikat. Es soll den Stellenwert der Lehre an den Hochschulen stärken. "Die Lehre hat herausragende Bedeutung für die Studierenden und ist wichtig zur Stärkung des Profils der Hochschulen im internationalen Wettbewerb", betonten Fritsch und Frankenberg bei der Vergabe.

Um das Zertifikat zu erlangen, müssen Hochschullehrer 200 Lehreinheiten zu je 45 Minuten absolvieren. Auf dem Lehrplan stehen Themen wie Veranstaltungsplanung, e-Learning, Präsentationstechnik, Wissenschaftliches Schreiben bis hin zu Moderationskursen. Präsenzveranstaltungen an der Uni sind mit individuellen Coachings kombiniert, bei denen problematische Lehrsituationen intensiv diskutiert werden. Auf Wunsch werden die Teilnehmer von erfahrenen Dozenten hospitiert und erhalten Verbesserungsvorschläge für die eigene Arbeit.

Überwältigende Resonanz

Trotz des hohen Zeitaufwandes war und ist die Resonanz überwältigend, berichtet Karin Kaiser, die innerhalb des HDZ für die Universitäten Stuttgart, Hohenheim, Tübingen und Ulm verantwortlich ist. Schon im ersten Jahr verzeichnete das HDZ 882 Seminarteilnehmer, Tendenz stark steigend. Besonders begehrt waren Workshops zur Veranstaltungsgestaltung. Dort lernen Dozenten ganz praktisch, wie man eine Vorlesung so durchführt, dass die Teilnehmer 90 Minuten konzentriert bei der Stange bleiben.

Vorrangig richten die Angebote sich an Erstlehrende - wissenschaftliche Mitarbeiter, Habilitanden und Juniorprofessoren -, für die der Nachweis der pädagogisch-didaktischen Eignung nach der Novellierung des Hochschulgesetzes zur Pflicht wurde. Aber auch ein gestandener Professor stand bei der Verleihung der Zertifikate auf dem Podium. Prof. Peter Eyerer, Leiter des Instituts für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, hält das Angebot für "hochgradig nützlich". "Das Konzept ist gut, und die Referenten sind hochqualifiziert und sehr engagiert", lobt der 62-Jährige, der sich mit dem Lehrmodell "Theoprax" schon länger für lebendigen Unterricht stark macht.

Lehrangebot umgekrempelt

Inzwischen hat Eyerer sein Lehrangebot gründlich umgekrempelt. Statt in starrem Frontalunterricht vermittelt er den Lehrstoff jetzt auch in Gruppen- und Projektarbeit. Vorträge gestaltet er nach modernem psychologischen Wissen: Ein prägnanter Blickfang lenkt die Aufmerksamkeit auf das Thema, und wenn die Konzentration schwindet, lässt er seine Studenten schon einmal Überraschungseier unter den Bänken suchen. "Wer eines findet, muss das Gehörte vor seinen Kommilitonen zusammenfassen", schmunzelt Eyerer über den methodischen Kniff.

Eyerer wünscht sich noch mehr praktische Seminare. Im jetzt erschienenen Jahresprogramm wäre er fündig geworden. Neue Schwerpunkte sind alternative Lernformen wie Projektarbeit, Fallstudien, exemplarisches Lernen und problemorientiertes Lernen. Ausgeweitet wurde der Bereich "Beraten und Prüfen". Hier erfahren Dozenten, wie sie ihre Sprechstunde effizient gestalten oder bei Klausuren und mündlichen Prüfungen zu aussagekräftigen Ergebnissen gelangen.

Um die Qualität der Lehre zu stärken, reichen Seminare zur Kompetenzentwicklung alleine jedoch nicht aus, betont Karin Kaiser. Die Schaffung neuer Bachelor- und Masterstudiengänge könnte auch dazu genutzt werden, Studiengänge aus didaktischer Perspektive neu zu strukturieren. Das HDZ unterstützt interessierte Lehrstühle durch didaktische Beratung und Expertise bei der Antragstellung.

Andrea Mayer-Grenu

KONTAKT

Karin Kaiser, Regionalverbund Hochschuldidaktik, Dillmannstraße 15, 70174 Stuttgart, Tel. 0711/121-3662, Fax 0711/3058535, e-mail: karin.kaiser@po.uni-stuttgart.de

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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