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Stuttgarter unikurier Nr. 93 April 2004
Ältere Deutsche Philologie etabliert:
Günther Schweikle 75
 
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Günther Schweikle
Günther Schweikle, am 8. Januar 1929 in Reutlingen geboren, erhielt nach Studium/Habilitation und Assistentenzeit in Tübingen 1968 einen Ruf auf den neu eingerichteten Lehrstuhl für Ältere deutsche Philologie in Stuttgart. Hier vertrat er bis zu seiner Emeritierung das Gebiet Deutsche Literatur und Sprache des Mittelalters, das zur Zeit seines Amtsantritts noch nicht in literaturwissenschaftliche und sprachwissenschaftlich-linguistische Disziplinen aufgeteilt war, in seiner ganzen Breite. Schweikles bleibendes Verdienst ist der Aufbau des Faches mit einer Institutsbibliothek, die bis jetzt dem Institut erhalten blieb. Manches rare Buch musste auf der Jagd nach Antiquariatsschätzen erst beschafft werden. Der Stolz des Professors war stets eine Sammlung alter und neuer Faksimiledrucke und Editionen, die er auch gern auswärtigen Gästen zeigte.

Vor allem aber ist die Etablierung und hohe Anerkennung des Faches Ältere Deutsche Philologie im Rahmen der Philosophischen Fakultät dem Einsatz Günther Schweikles zu verdanken. Die große Zahl von Studierenden, die von ihm aufmerksam betreut wurden und ihn deshalb gern als Prüfer wählte, weist auf ein besonderes Engagement des akademischen Lehrers. Frühmittelalter, Sprachgeschichte und besonders die Literatur der "Blütezeit um 1200" mit Minnesang, höfischer Epik und Heldenepik waren Schwerpunkte der Lehre ebenso wie der Forschung. Der kritische Scharfsinn, der keine Kontroverse scheut, war immer und überall am Werk. Wegweisend waren und sind die neuen Prinzipien der Textedition. Während in den philologischen Disziplinen zuvor ein nirgends überlieferter "Urtext des Autors" rekonstruiert wurde, setzt Schweikle dagegen den Bezug auf eine Leithandschrift, die tatsächlich auch überliefert ist. Die so grundgelegten Editionen und die wissenschaftlichen Arbeiten, die auf aktuelle Trends zugunsten strenger philologischer Ausrichtung verzichteten, sind und bleiben Standardbücher der mediävistischen Germanistik: Editionen von Minnesang und von Walther von der Vogelweide ebenso wie das von Günther und Irmgard Schweikle gemeinsam herausgegebene Orientierungswerk "Metzler Literaturlexikon.

Begriffe und Definitionen". Die "Germanisch-deutsche Sprachgeschichte im Überblick" ist als Handreichung für die Studierenden fürs Studium geschätzt. Eine reiche Ernte von Ausgaben mittelalterlicher Werke sowie von Aufsätzen, Lexikonartikeln und Rezensionen gibt Zeugnis vom Fleiß eines langen Gelehrtenlebens. Die internationale Reputation beruht auf der Fülle wichtiger Beiträge zur Forschung.

In der Stuttgarter Öffentlichkeit erwarb sich Günther Schweikle Ansehen durch die Gründung und Leitung der Mittwochsgesellschaft, in der Germanisten und Vertreter verwandter Fächer Vorträge für ein interessiertes Publikum hielten. Hier konnte man großen Persönlichkeiten wie Käte Hamburger und Fritz Martini begegnen.

Zum Geburtstag am 8. Januar 2004 gratulierten nicht nur Freunde und Kollegen, auch viele jüngere Germanistinnen und Germanisten aus Schulen, Verlagen und anderen Institutionen erinnerten sich dankbar ihres engagierten Lehrers.

Helga Schüppert

 


last change: 12.05.04 / hj
Pressestelle der Universität Stuttgart

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