Stuttgarter unikurier
Nr. 93 April 2004 |
Neue Reihe "Fragen an die
Wissenschaft":
Funkstille zwischen
Wissenschaft und Öffentlichkeit? |
Es steht nicht immer gut um
den Dialog zwischen Forschern und der Gesellschaft. Das
implizierte zumindest der Titel einer Veranstaltung mit
Prof. Ortwin Renn vom Institut für Sozialwissenschaften der
Uni Stuttgart "Organisierte Sprachlosigkeit - Funkstille
zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit?" Die Veranstaltung
am 2. März im Treffpunkt Rotebühlplatz der Volkshochschule
Stuttgart bildete den Auftakt einer neuen Reihe "Fragen an
die Wissenschaft" der VHS, der Stuttgarter Zeitung und der
Uni Stuttgart. |
 |
|
|
Prof. Renn beschreibt das
Verhältnis der Wissenschaft zur Öffentlichkeit als
mehrschichtig. So seien die meisten Wissenschaftler heute im
Gegensatz zu früher gerne bereit, der Öffentlichkeit ihre
Ergebnisse zu präsentieren. Gründe sieht er im steigenden
Finanzbedarf, den fehlenden Nachwuchs bei
Naturwissenschaften und dem Wunsch, die eigene Arbeit als
gesellschaftlich nützlich darzustellen. Auch das Problem der
speziellen Expertensprache hält Prof. Renn für lösbar. Mehr
Schwierigkeiten bereitet, dass " was die Wissenschaftler
vermitteln wollen und was die Bürger wollen, nicht das selbe
ist". Wissenschaftler wollten die Faszination ihres
Fachgebietes rüberbringen, die Bürger konkrete Antworten zu
Problemen wie Handystrahlung. "Organisierte Sprachlosigkeit"
sieht Prof. Renn, "wenn die Wissenschaft keine Anreize
erhält, ihr Wissen über die Universität hinauszutragen". So
zähle bei Berufungsverfahren praktisch nur das Ansehen in
der Wissenschaftsgemeinde. Wissensvermittlung an die
Öffentlichkeit spiele, anders als in den USA, kaum eine
Rolle. Als Beispiel für einen gelungenen Dialog zwischen
Wissenschaft und Bürgern nennt Prof. Renn die Debatte um die
Kennzeichnung genveränderter Nahrungsmittel Anfang der 90er
Jahre. Experten unterrichteten damals mehrere Tage in
Bürgerforen die Öffentlichkeit. Die Regierung setzte
anschließend das 90prozentige Votum der Bürger für eine
Kennzeichnungspflicht gesetzlich um. Grundsätzlich für
gelungene Diskurse ist nach Prof. Renn die Offenheit der
Beteiligten. Nicht der Meinungswandel, sondern der Austausch
von Positionen ist das Ziel. Weitere Termine unter
www.vhs-stuttgart.de.
Roland Muigg
|
|