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Stuttgarter unikurier Nr. 93 April 2004
Auch Denkmalpflege sollten Architekten lernen:
Bauen im Bestand statt "auf der grünen Wiese"

Hausschwamm, bröckelnde Fassaden, von der Decke fallender Putz - diesen Anblick boten viele Baudenkmäler in den neuen Bundesländern Anfang der 1990er Jahre. Mit ihrem Denkmalprogramm möchte die Wüstenrot Stiftung den Erhalt und die Wiederherstellung dieser wertvollen Bauten fördern. Eine Ausstellung Anfang 2004 im KI gab Einblick in das Programm und in das Thema Denkmalpflege in der Lehre.
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Auch zur Erhaltung des Einsteinturms in Potsdam - hier ein Modell - trägt das Denkmalprogramm der Wüstenrot Stiftung bei. (Foto: Eppler)
Das Thema Denkmalpflege und Denkmalschutz ist im Lehrangebot der Fakultät Architektur und Stadtplanung nur selten zu finden. "Mit der Ausstellung wollen wir die gebäude- und materialgerechte Instandsetzung von bedeutenden Baudenkmalen als einen Aspekt des Planens und Bauens im Bestand und damit als Teil des Berufsbildes des Architekten zeigen", erklärte Meike Gerchow, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Baukonstruktion. Dekan Prof. Tilman Harlander schilderte, dass über die Hälfte des Bauvolumens im Bestand stattfinde. "Dies hat sich im Lehrprogramm der Architekten noch nicht niedergeschlagen." Doch Harlander wies auf Bemühungen hin, die dieser Entwicklung besser gerecht werden sollen.

Denkmalpflege ins Grundstudium

Meike Gerchow plädierte dafür, das Thema Denkmalpflege mit in das grundständige Studium hineinzunehmen. Ganz unterschiedlich sei der Umgang mit dem Bereich Denkmalpflege in der Architektur an den deutschen Universitäten, erläuterte Gerchow. An den Technischen Universitäten in Dresden und Berlin hat Denkmalpflege schon eine lange Tradition. In Wuppertal, Karlsruhe und Cottbus gibt es Aufbau- beziehungsweise Masterstudiengänge. Die Universität in Frankfurt/Oder bietet einen fächer- und länderübergreifenden Masterstudiengang "Schutz europäischer Kulturgüter". In Stuttgart können die Studierenden im Hauptstudium Angebote auswählen, die das Thema Denkmalpflege betreffen. Ansonsten, so Gerchow, gelte "das Bauen auf der grünen Wiese" nach wie vor als Königsdisziplin.

Gartenstadt Hellerau

Wie gelungen und kreativ Denkmalpflege architektonisch umgesetzt werden kann, zeigte die Ausstellung mit eindrucksvollen Bildern. Für den Geschäftsführer der Wüstenrot Stiftung, Georg Adlbert, war vor allem die Sanierung und Instandsetzung der Pensionshäuser samt Festspielhaus in Hellerau bei Dresden ein Schlüsselerlebnis. Anfang des 20. Jahrhunderts bauten in Hellerau namhafte Architekten die erste deutsche Gartenstadt, zu der das Gebäudeensemble mit dem Festspielhaus gehört. Die Gebäude erlebten eine wechselvolle Geschichte, unter anderem wurden sie als Lazarett und als Offiziersunterkunft genutzt. Als Adlbert die Gebäude zum ersten Mal sah, war das Festspielhaus ohne Dach, der Hausschwamm hatte sich ausgebreitet. Zehn Jahre hat die Wüstenrot Stiftung dort gewirkt und mit Architekten und Ingenieuren vor Ort möglichst schonend und substanzerhaltend die Gebäude revitalisiert. Einen Teil der Häuser nutzt heute der deutsche P.E.N. Verband.

Die Wüstenrot-Stiftung möchte nicht nur Geld geben, sondern selber eingreifen und übernimmt mitunter bei Projekten die Rolle des Bauherrn. Manchmal finde das Engagement der Stiftung auch gegen den Willen der Städte statt, die lieber ein neues Baugrundstück hätten, berichtete Adlbert. Vor allem die Bauwerke der klassischen Moderne sieht er gefährdet, auch weil diese von der Denkmalpflege nicht genügend beachtet würden. Deshalb wünscht er sich ein Netzwerk der Architektur-Fakultäten zu diesem Thema. Das Denkmalprogramm der Wüstenrot Stiftung umfasst zur Zeit 15 Projekte von überregionaler und internationaler Bedeutung. Darunter der Einsteinturm in Potsdam, ein Stadtbad in Halle und das Marientor in Naumburg. Die Stiftung kooperiert mit der Universität Stuttgart auf vielfache Weise in der Forschung und bei Publikationen, zudem unterhält sie einen Stiftungslehrstuhl an der Fakultät für Architektur und Stadtplanung. Birgit Vennemann

KONTAKT

Dekanat der Fakultät Architektur und Stadtplanung,
Keplerstr. 11, 70174 Stuttgart,
Tel. 0711/121-3223,
Fax 0711/121-2788,
e-mail: dekanatf01.uni-stuttgart.de

 

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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