Zonta International, ein weltweiter
Zusammenschluss berufstätiger Frauen, 1919 in Buffalo, New
York, gegründet, zählt rund 33.000 Mitglieder in 67 Ländern.
Den Stuttgarter Club gibt es seit 1959. Um junge Frauen zu
ermutigen, ihren eigenen Weg zu gehen und ihre beruflichen
Interessen und Fähigkeiten auch in von Männern dominierten
Berufszweigen einzubringen, vergibt Zonta International den
mit 6.000 Dollar dotierten Amelia Earhart Fellowship Award
an junge Wissenschaftlerinnen, die in der Luft- und
Raumfahrt Pionierleistungen erbringen. Die Namensgeberin des
Preises, Amelia Earhart, überquerte 1932 als erste Frau im
Alleinflug den Atlantik.Auszeichnung als Motivation
"So ein Preis, das motiviert", sagt Pia Endlich, die
gerade am Institut für Raumfahrtsysteme ihre
Promotionsarbeit schreibt, in der sie sich mit der
experimentellen Simulation des Eintritts von Raumflugkörpern
in der Marsatmosphäre beschäftigt - ein sehr aktuelles
Thema. Dank ihrer Forschung werden vielleicht einmal weitere
Beagles oder gar Menschen unbeschadet auf dem Mars landen
können. Luft- und Raumfahrttechnik zu studieren, das lag für
die Nürnbergerin auf der Hand. "Mathe und Physik waren meine
Highlights in der Schule", erzählt sie, zudem sei das Fach
recht interdisziplinär angelegt - Naturwissenschaften und
Technik, von allem ist etwas dabei. Ab und an musste sie
sich ihren männlichen Kommilitonen gegenüber schon
behaupten, erinnert sich Pia Endlich, manchmal war auch der
Umgangston rauer als gewohnt. Mit den anderen Frauen ihres
Semesters hat sie sich aber dennoch nicht zusammengetan.
"Wir hatten alle unsere Männerclique", das war so in
Ordnung, und wenn bei Telefongesprächen die Herren davon
ausgingen, mit der Sekretärin zu reden, war das zunächst
nervig ... später ein Witz beim Kaffee.
Als Monika Auweter-Kurtz, heute Professorin am Institut
für Raumfahrtsysteme, 1979 erste Preisträgerin des Zonta
Clubs Stuttgart wurde, waren die Zeiten noch anders. Unter
80 Männern war die Absolventin eines reinen
Mädchengymnasiums die einzige Frau, als sie ihr
Physikstudium in Stuttgart begann. "Die ersten drei Semester
habe ich nur überstanden, weil ich gut war", sagt sie heute.
Doch von Semester zu Semester ging es besser, und in der
letzten Phase ihrer Promotion - nun bei den Luft- und
Raumfahrern - hat ihr der international ausgeschriebene
Preis dann sehr viel bedeutet und psychischen Aufschwung
gegeben. Zwischenzeitlich schreiben sich allein in der Luft-
und Raumfahrttechnik rund 30 bis 50 Frauen pro Semester ein.
Ob es an der Professorin Auweter-Kurtz liegt, an den
Studienkolleginnen oder es sich langsam herumgesprochen hat,
dass die Ingenieurwissenschaften für Frauen durchaus
interessant sind?
Triebwerke optimieren
In der Ukraine, der Heimat von Nataliya Semenova,
studieren viele Frauen technische Fächer. In ihrer
Abschlussgruppe an einer Universität für Luft- und
Raumfahrttechnik waren die Frauen gar in der Überzahl,
erzählt sie. Als die Metrologin im November 2002 an die
Universität Stuttgart kam, um am Institut für
Raumfahrtsysteme mit ihrer experimentellen Promotionsarbeit
zu beginnen - in ihrer Heimat wäre es bei der Theorie
geblieben -, war sie schon sehr erstaunt darüber, wie wenig
Frauen in den technischen Fächern anzutreffen sind. In drei
Jahren hofft sie, ihre Arbeit abschließen zu können, in der
sie sich mit der optischen Plasmadiagnostik an
Ionentriebwerken beschäftigt. Die von Nataliya Semenova
dabei entwickelten Messverfahren sollen dazu beitragen,
diese Triebwerke zu optimieren und somit noch
leistungsfähiger zu machen.
Von Automobilindustrie bis Luftfahrt
"Die Frauen gehen kritischer mit ihrer Leistung um", sagt
Pia Endlich, die sich für die Promotion nur entschieden hat,
weil sie darauf angesprochen wurde - sonst wäre sie als
Ingenieurin von der Uni abgegangen. Eine weitere Unilaufbahn
kommt für sie jedoch nicht in Frage. Für die Zukunft hofft
sie auf einen Arbeitsplatz in einem Unternehmen an der
Schnittstelle zwischen Forschung und Entwicklung, möglichst
kombiniert mit einem Auslandsaufenthalt, das wäre toll. Eine
adäquate Anstellung als Frau zu finden, wenn die
Arbeitplätze rar werden, das ist für Pia Endlich in
Deutschland genau so schwer wie für ihre Kollegin Semenova,
wenn sich diese nach Abschluss ihrer Promotion in die
Ukraine auf die Suche machen wird. Im Zweifelsfall hat, hier
wie dort, der männliche Bewerber die besseren Chancen. Doch
die Breite ihres Studienfachs lässt beide hoffen: ob
Windräder zur Wasser- oder Energiegewinnung, ob in der
Automobilindustrie oder in der Luftfahrt, die Einsatzgebiete
für sie sind weit gestreut.
Solange die Gleichberechtigung von Frau und Mann noch
nicht erreicht ist und man in Führungsebenen fast keine
Frauen findet, sind Preise, wie der von Zonta International
gestiftete Amelia Earhart Fellowship Award, wichtig, da sind
sich Monika Auweter-Kurtz, Pia Endlich und Nataliya Semenova
einig. Jedoch, fügt Pia Endlich an: "Man hat fast Mitleid
mit den Kollegen, die auch hart arbeiten und keinen Preis
bekommen...." Julia Alber
KONTAKT
Pia Endlich, Nataliya Semenova, Institut für
Raumfahrtsysteme, Pfaffenwaldring 31, 70569 Stuttgart, Tel.
0711/685-2384, -2394, Fax 0711/685-7527,
www.irs.uni-stuttgart.de/institut/mitarbeiter, sowie unter
www.zonta-union.de/clubseiten/stuttgart.