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Stuttgarter unikurier Nr. 93 April 2004
Das zweite Semester an der GUC läuft:
Lehren in Stuttgart und Kairo

An der German University in Cairo (GUC), einer privaten, von ägyptischen Sponsoren finanzierten Universität1), die sich an deutschen Lehrinhalten und Standards orientiert, hat für die rund 1.000 Studierenden am 15. Februar 2004 das zweite Semester begonnen. Sie studieren Informationstechnologie, Medientechnologie, Materialwissenschaften, Pharmazie und Biotechnologie sowie Management.
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Einer der Dozenten der ersten Stunde ist Dr. Hans-Dieter Görtz, Professor am Biologischen Institut der Universität Stuttgart. Er vermittelt den Studierenden der Fächer Biotechnologie und Pharmazie die Grundlagen der Biologie. Bis Ende Februar startete er sechsmal Freitags nach Kairo, unterrichtete von Samstag bis Sonntag, und war dann am Montag wieder in Vaihingen anzutreffen. Seine Stuttgarter Studenten dürfen ja nicht zu kurz kommen.

Von der Faszination des Aufbaus

Auch wenn während des Winterhalbjahres der Wechsel zwischen 26 Grad Celsius in Kairo und Minusgraden in Stuttgart nicht immer angenehm ist, erzählt Hans-Dieter Görtz von der Faszination, etwas mit aufzubauen und dabei - mehr als in Deutschland - die Freiheit zu haben, das einzubringen, was man für sinnvoll hält. "In vieler Hinsicht weniger Zwänge durch enge Vorschriften sind auch eine gute Voraussetzung, in echten Wettbewerb mit anderen Universitäten in Ägypten zu treten; Chancen, die wir in dieser Weise hier nicht wirklich haben", merkt der Biologie-Professor an. Für seine Kollegen in Kairo, die mit Eifer bei der Sache sind, ist er voll des Lobes: "Was die Universitätsleitung leistet, das ist unglaublich." So geht zum Beispiel alles, was innerhalb des Hauses entschieden werden kann, ohne große Formalitäten schnell über die Bühne." Innerhalb von drei Tagen wurde für uns ein Wägeraum eingerichtet", das sind Dinge, die beeindrucken.

Probleme mit Englisch

Mit den Studierenden kommt Hans-Dieter Görtz gut zurecht. Wie auch an seiner Heimatuniversität gibt es gute und weniger gute, doch schon jetzt ist er sich sicher: "Von den Leuten würde ich später gerne einige als Doktoranden haben." Besonders unter den Schulabgängern der Deutschen evangelischen Schule in Kairo hat er schon "hervorragende Leute" ausgemacht, die "sprachlich und naturwissenschaftlich fit sind." Mit der Unterrichtssprache Englisch kämpft noch so mancher Studierende. Da ist der Sprachunterricht einerseits wichtig, doch die acht Stunden wöchentlich fehlen bei den Studienfächern, und das findet der Biologie-Professor problematisch.

250 Studierende besuchen die Vorlesung von Hans-Dieter Görtz und machen diese mit ihren vielfältigen Nachfragen, die auch durchaus weiterführend sind, zu einer lebendigen Veranstaltung, wie es der Professor von Zuhause nicht kennt. Und, fügt er an, "es gibt keine Vorlesung, nach der nicht zahlreiche Studenten zu mir nach vorn kommen." Die Umstellung von einem Schulsystem, in dem viel geprüft und auswendig gelernt wurde, hin zum selbstständigen Lernen, fällt jedoch vielen schwer. Wie sollen wir lernen?, Welches Buch sollen wir lesen?, wird Hans-Dieter Görtz daher oft gefragt: "Ich empfehle dann zwar ein, zwei Bücher, rate aber, sich in der Bibliothek auch mit anderer Literatur zu beschäftigen, sie sollen ja richtig studieren." Dank der Unterstützung der Universität Stuttgart, besonders des Direktors der Universitätsbibliothek, Werner Stephan, ist die Bibliothek der German University in Cairo nun mit einem Grundbestand an Büchern ausgerüstet. Dass dies erst zu Beginn des zweiten Semesters möglich wurde, liegt mit am Zoll. Dort werden nicht nur Bücher lange zurückgehalten, an dem kommt auch die ganze technische Ausstattung, die dem neuesten Standard entspricht, so schnell nicht vorbei. "Das Beschaffungsproblem ist enorm", weiß Hans-Dieter Görtz, der jedoch aufatmen kann - seine Zeiss-Mikroskope für die Praxis im zweiten Semester sind schon da.

Familie zählt viel

Anfangs- und Endzeiten des Studienbetriebs an der German University in Kairo bestimmt die Flotte der Shuttle-Busse der GUC, die Studierende und Mitarbeiter zu dem weit außerhalb von Kairo liegenden Campus fahren und am Abend wieder abholen. Wohnmöglichkeiten an der Universität gibt es nur wenige, doch viele der Studierenden werden, auch wenn es diese einmal geben wird, wahrscheinlich bei ihren Eltern wohnen bleiben. "Dort zählt die Familie noch sehr viel", hat Hans-Dieter Görtz erfahren, und auch, dass der Ramadan in Kairo zu einem anderen Studienbetrieb führt als gewohnt. "Sobald es Nacht wird, sitzt man dann bei der Familie am Tisch", und das kann dann schon mal ab halb fünf Uhr am Nachmittag sein. Doch: Andere Länder andere Sitten, der Professor nimmt es gelassen, "man kann sich darauf einstellen und Rücksicht nehmen."

Einen Punkt kann er jedoch nicht gelassen sehen: "Wie sich die Eltern einbringen, den Rektor oder die Dozenten anrufen, wenn ihre Kinder eine schlechte Note bekommen haben, das habe ich noch nie erlebt", erzählt der Professor, und das Erstaunen ist noch immer in seiner Stimme. Da kommt die Uni-Leitung ganz schön unter Druck, können an der privaten Universität doch nur die guten Studenten mit einem "Preisnachlass" rechnen2). In dieser Situation ist es wichtig, den Kollegen und gerade auch den jüngeren Lektoren den Rücken zu stärken, findet Hans-Dieter Görtz, denn "die Qualität der Universitätsausbildung muss erhalten bleiben, das ist wichtig, und dafür werden wir zusammen kämpfen. Deshalb müssen wir, die deutschen Koordinatoren, auch möglichst oft vor Ort präsent sein." Julia Alber

1) Über die Eröffnung der GUC im Oktober 2003 haben wir im unikurier Nr. 92, 2/2003, S. 67f. berichtet.

2) Die Studiengebühren an der GUC werden aufgrund der Noten der Bewerber vor Studienbeginn festgelegt. Schlechte Prüfungsergebnisse machen diese Einstufung zunichte.

KONTAKT

German University in Cairo (GUC), New Cairo City, Main Entrance Al Tagamoa Al Khames, Egypt

Tel. +20-2-7589990-8, Fax +20-2-7581041, e-mail: contact@guc.edu.eg; in Deutschland: Koordination an der Universität Stuttgart: braeuninger@ia.uni-stuttgart.de, Homepage: www.guc.edu.eg (englisch) oder www.guc.uni-stuttgart.de (deutsch)


 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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