Zunächst mussten die Wissenschaftler
eine Modellierung und ein Simulationsverfahren für die
numerische Rekonstruktion des Bruchverhaltens entwickeln.
Die Möglichkeit zur analytischen Beschreibung von
Fragmentationsvorgängen ist wegen der Komplexität der
Versagensvorgänge sehr beschränkt. Viele sich gegenseitig
beeinflussende Risse sowie dynamische Effekte bei
Risswachstum müssen gleichzeitig berechnet werden. Als
numerisches Werkzeug für die Fragmentationssimulation wurden
Diskrete Elemente Modelle eingesetzt, die aus einer hohen
Zahl interagierender Elemente bestehen. Die Notwendigkeit
für viele Simulationsläufe zur statistischen Absicherung der
Aussagen beschäftigte ein modernes Computercluster mit 16
Prozessoren zwei Monate lang.In numerischen Simulationen
und praktischen Tests konnten die Forscher
Universalitätsklassen von Fragmentierungen ermitteln, die
unabhängig von Material und Form sind. Die bemerkenswerteste
Beobachtung bei Fragmentationsvorgängen ist nämlich, dass
die Verteilung der Fragmentmassen einem Potenzgesetz folgt,
gültig für eine große Klasse von Materialien und
Größenskalen sowie von der Art und Weise, wie das System
zerstört wurde. Theoretische und experimentelle Arbeiten
befassten sich mit der Gültigkeit dieses universellen
Gesetzes und zeigten, dass der Exponent des Potenzgesetzes
lediglich von der Dimensionalität des Objektes abhängt,
vorausgesetzt, die Zerstörungsenergie ist hoch genug und es
handelt sich um ungeordnetes Material, das spröde versagt.
Neuere Ergebnisse bei niederen Zerstörungsenergien führen
diese Gesetzmäßigkeit auf einen jeweils zu Grunde liegenden
kritischen Punkt zurück.
Die Stuttgarter Wissenschaftler haben bei ihren
Simulationen ebenfalls diesen kritischen Punkt ermittelt und
konnten von dort aus die Exponenten des Potenzgesetzes
bestimmen, die sich von den bislang bekannten
Universalitätsgesetzen unterscheiden. Grund hierfür sei die
Besonderheit, dass Schalen an sich zweidimensionale Körper
sind, die Dynamik des Gesamtsystems jedoch dreidimensional
ist und eine Vielfalt von Versagensmoden ermöglicht. Aus den
numerischen Simulationen und den übereinstimmenden
Experimenten an Hüh- ner- eierschalen schlie-ßen die
Wissenschaftler auf ein neues Universalitätsgesetz für
Fragmentationsvorgänge für schalenförmige Objekte.
Die Ergebnisse sind in einem Beitrag für die Physical
Review Letters zusammengefasst und stießen in der
Öffentlichkeit bereits auf großes Interesse. Die Ergebnisse
sollen auch dabei helfen, etwa die Ursachen von
Flugzeugkatastrophen und anderer Explosionen besser zu
verstehen. Mit den Modellen kann aber nach Aussage der
Wissenschaftler auch die Verteilung des so genannten
Weltraumschrotts besser als bisher berechnet werden, um den
ungehinderten Flug neuer Raketen zu berechnen.
Der Hessische Rundfunk stellt einen Fernsehbeitrag über
die Stuttgarter Experimente inzwischen online zur Verfügung.
http://static.hr-online.de/fs/abenteuererde/thema2-040407.html
eng
Kontakt
Prof. Hans Herrmann,
Prof. Bernd Kröplin,
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