Home           Inhalt           Suchen

Stuttgarter unikurier Nr. 93 April 2004
Existenzgründung an der Uni Stuttgart:
Am Existenzgründertag fiel der Startschuss -
nun geht es auf die Zielgerade
Am 18. Juli 2003 fanden sich rund 100 Studierende, Absolventen, Universitäts-Mitarbeiter und Angehörige anderer Hochschulen an der Universität Stuttgart zum ersten Existenzgründertag ein. Wie geht es ihnen sechs Monate später? Der Uni-Kurier hat bei einigen Jungunternehmern nachgefragt ...
kleinbal.gif (902 Byte)

Die turnAtec GbR:
Wer wird denn gleich in die Luft gehen?

Beide sind sie in festen Händen, dennoch ist Selbstständigkeit ihr Ziel - beruflich natürlich. In Manuel Keßler hat Andree Altmikus einen Partner für seine Idee gefunden, die ihn schon seit zehn Jahren umtreibt: Die Entwicklung einer unbemannten Hubschrauberdrohne für den zivilen Einsatz. Manuel Keßler, promovierter Mathematiker, kam von der Universität Würzburg vor vier Jahrenan das Institut für Aerodynamik und Gasdynamik der Universität Stuttgart, wo er als wissenschaftlicher Assistent tätig ist und an seiner Habilitation arbeitet. Andree Altmikus hat an diesem Institut seine Promotion gemacht, vom Doktortitel trennen ihn nur noch Rigorosum und Urkunde. Seit knapp einem halben Jahr arbeitet er bei Eurocopter Deutschland in Ottobrunn.

Der Prototyp der Hubschrauberdrohne - für den Laien einem Deckenventilator ähnlich - hat nach eineinhalbjähriger Entwicklung seine Einsatzfähigkeit schon bei kleinen Flugversuchen unter Beweis gestellt. Das amerikanische Militär nutzt solche Flugobjekte, um unübersichtliches Gebiet besser einzusehen. Die Drohne von Altmikus und Keßler, "technisch viel ausgereifter" als ihr US-Kollege, soll dagegen im Zivilbereich abheben. Einsatzmöglichkeiten gibt es viele: das Erfassen von Umweltdaten, die Überwachung von Verkehrsströmen und Großveranstaltungen oder das Vermessen größerer, auch unwegbarer Flächen. Je nach Bedarf wird der ferngesteuerte, schnelle und wendige Flieger spezielle Sensoren und Kameras mit sich führen.

Hubschrauberdrohnen sehr gefragt

Um "die Idee einmal mehr Leuten vorzustellen" und zu erfahren, was "die davon halten", kam der Existenzgründertag den beiden Tüftlern gerade recht. Völlig überrascht hat sie das große Interesse. "Die Idee war sehr hip", die Gruppe so gefragt, dass zwei daraus gemacht werden mussten, erinnert sich Andree Altmikus. Anregungen gab es viele, so beispielsweise hinsichtlich betriebswirtschaftlicher Gesichtspunkte, Projektmanagement, Patente, Sicherheitsfragen - wichtige Impulse für die "technikorientierten Erfinder", auf deren Liste gerade auch die Sicherheit immer ganz oben neben der Flugtauglichkeit stand. Immerhin soll das unbemannte Flugobjekt dereinst auch über bewohntem Gebiet unterwegs sein. Zwar liegen für diesen Einsatz vom Luftfahrtbundesamt noch keine gesetzlichen Regelungen vor, klar ist jedoch: Das Gefährt muss nicht nur sicher sein beim Flug, sondern auch im Fall der "Fälle".

Der Tag hat zu wenig Stunden

Für das Jahr 2004 stehen auf dem randvollen Plan von Andree Altmikus und Manuel Keßler unter anderem die Patentanmeldung und erste Schritte hin zu potenziellen Kunden oder eventuell auch Sponsoren. Neben ihrer vollen Anstellung kommt da eine ganze Menge Arbeit auf sie zu, und das wohl noch über längere Zeit, da selbst Erfindern nicht mehr als 24 Stunden am Tag bleiben. "In drei Jahren Vollzeit hätten wir ein marktfähiges Produkt", hat Manuel Keßler einmal überschlagen. Ihr sicheres Einkommen für eine schnellere Ideenrealisierung aufgeben, das können und wollen jedoch beide nicht. Dann dauert alles eben etwas länger, Hauptsache am Ende stehen ein gefragtes Produkt und die eigene Firma mit engagierten Mitarbeitern. Als Unternehmer erhoffen sich Manuel Keßler und Andree Altmikus mehr Entscheidungsspielraum, als ihnen ein Angestelltenverhältnis jemals geben kann, und die Chance, an Neuerungen zu arbeiten. Wie lange es unter den gegebenen Umständen dauert, bis sie ihr Ziel erreichen? Wer die Wirtschaftsseiten der Tageszeitung oder das Handelsblatt liest, wird es erfahren - wenn dort erstmals über die turnAtec GbR berichtet wird.

Die Zukunftsperspektive ist immer noch etwas unklar... Julia Alber

Kontakt

turnAtec GbR,

Andree Altmikus, Dr. Manuel Keßler,

Pfaffenwaldring 21,

70550 Stuttgart,

Tel. 0711/ 685 3435,

e-mail: kessler@iag.uni-stuttgart.de

 

Autarke Systeme:
Ganz im Zeichen der Umwelt

Manche Existenzgründer planen ihre Selbstständigkeit viele Jahre im Voraus, Sven Richter kam eher zufällig dazu - war er doch eigentlich auf der Suche nach einer Anstellung. Das Diplom als Ingenieur für Umweltschutztechnik in der Tasche, unterstützte er den Aufbau der Internetseiten der Universität Stuttgart, die Existenzgründern Informationen rundum bieten. Danach war Sven Richter "fit in diesem Thema", und kurz drauf wurde er zu einem Ideengeber beim Existenzgründertag.

Sein Studium ist Sven Richter sehr breit gefächert angegangen - auf dem Lehrplan fanden sich Energie, Wasser und Biologie. Dieses Wissen kommt ihm jetzt zugute, denn sein "Ingenieurbüro in Planung" soll für Rat und Tat bei Energie- und Wassermanagement stehen. Angesprochen sind Selbstversorger, das heißt der einzelne Bauherr, kleinere Gemeinden oder Kommunen. Ihnen bietet er Beratung und Planung, zum Beispiel hinsichtlich Energieeinsparung bei der Altbausanierung oder beim Bau von Passivhäusern. Er begrünt aber auch Dächer, weiß um die Möglichkeiten zur Wassergewinnung oder dessen Aufbereitung mittels Pflanzenkläranlagen und kann auch Bauern eine Biogasanlage einrichten. Die Angebotsliste ist lang. Manchmal fragt sich Sven Richter, ob sie wohl zu lang ist? Andererseits jedoch, weshalb die Nische suchen, wenn man sich in der Breite behaupten kann? Immerhin passt ja alles zusammen, und die Sache läuft gut an.

Preiswürdige Geschäftsidee

Beim Existenzgründertag erhielt Sven Richters Idee den ersten Preis und er kam zusammen mit seinen Mitstreitern in den Genuss einer zweitägigen Profi-Beratung. Eine fachgerecht formulierte Geschäftsidee hat ihm dies eingebracht - gerade richtig für seinen Exist-Seed-Antrag - und viele Ideen für die Kundenfindung. Die ersten Aufträge hat er noch aus dem weiteren Bekanntenkreis bekommen. So hilft er bei Fragen der Energieeinsparung, plant eine Dachbegrünung und entwirft eine Solarthermieanlage an der Fassade. Neben dem technischen Know-how ist auch immer Aufklärung gefragt, welche Zuschüsse es von Bund und Ländern für die Bauherren gibt. "Das gehört für mich zu einer guten Beratung dazu", sagt der Jungunternehmer. Neben der Arbeit an seinen Referenzobjekten, die in seine Kundenbroschüren einfließen, hat er einen Minijob als chemische Fachkraft bei einer Abfallwirtschaftsgesellschaft gefunden. Kein Traumjob, aber er gibt ihm eine bessere finanzielle Basis.

Vielseitigkeit als Bonus

Im Sommer kann alles wieder ganz anders aussehen, denn mit einem kleinen Ingenieurbüro seiner Stadt hat Sven Richter schon einen Kooperationsvertrag geschlossen. Gibt es Anfragen hinsichtlich Selbstversorgersystemen, werden diese an ihn weitergeleitet. Mal sehen, was da in diesem Jahr an Aufträgen noch alles auf ihn zukommt. Und ganz nach dem Motto "auf zwei Beinen steht es sich besser", hat Sven Richter noch eine ganz andere Idee: Wird sein Exist-Seed-Antrag genehmigt, nutzt er diese einjährige finanzielle Unterstützung und die Möglichkeit, Einrichtungen der Universität Stuttgart zu nutzen, um sich der Entwicklung eines Pflanzenölbrenners mit kombiniertem Stirlingmotor zu widmen. Für den Einsatz in leichteren Fahrzeugen könnte er sich diesen leisen, und da mit Pflanzenöl betrieben, umweltfreundlichen Motor vorstellen. Vielleicht kann er ja sogar einmal die "Hausmarke mit dem Stern" von seinem Produkt überzeugen?

Neben diesen vielen Ideen und Zukunftsvisionen ist ein aktuelles Problem fast lapidar: Der Büroraum in seiner Wohngemeinschaft in Backnang quillt über von Büchern, Broschüren und Informationsmaterialien. Da muss in absehbarer Zeit ein kleines, bezahlbares Büro her - wie gesagt, ein Problem, das für den Senkrechtstarter in die Selbstständigkeit eigentlich gar keines ist.

Julia Alber

Kontakt

Dipl.-Ing. Sven Richter,

Zuger Strasse 9,

71522 Backnang

e-mail: richter@autarkesysteme.de

 

Vormerken:
16. Juli Existenzgründertag!

Wer nun auf den Geschmack gekommen ist, seine eigenen Geschäftsideen aus dem Schrank zu holen, der kann sich schon einen wichtigen Tag notieren. Am 16. Juli findet an der Universität Stuttgart der zweite Existenzgründertag statt, mit vielen Informationen rund um die Existenzgründung. Wie im letzten Jahr wird es wieder Workshops geben und der besten Geschäftsidee winkt als Preis eine Beratung durch Profis.

Informationen zum Existenzgründertag:

Gabriele Schaub,

Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Weiterbildung

der Universität Stuttgart,

Tel. 0711/ 121-2758

e-mail: gruendertag@uni-stuttgart.de

www.uni-stuttgart.de/gruendertag

 

 


last change: 12.05.2004 / hj
Pressestelle der Universität Stuttgart

Home           Inhalt           Suchen