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Stuttgarter unikurier Nr. 92 Dezember 2003
Internationales Stuttgarter Arbeitstreffen:
Kunst der Ottonen im Blickpunkt

Das Institut für Kunstgeschichte der Universität Stuttgart war am 12. Juli 2003 Gastgeber einer internationalen Arbeitstagung zur Buchmalerei, Schatzkunst und Skulptur in ottonischer und frühsalischer Zeit: Insgesamt 18 durch Forschungen in diesem Bereich ausgewiesene Teilnehmer aus den USA, Italien, der Schweiz und Deutschland erörterten zentrale Fragen der Forschung. Eingeladen hatte Dr. Klaus Gereon Beuckers, der am Institut für Kunstgeschichte zur Kunst des Mittelalters lehrt und seinen Forschungsschwerpunkt selbst im Bereich der Kunst des 10. und 11. Jahrhunderts hat.
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Petershausener Sakramentar, um 970/80 (Universitätsbibliothek Heidelberg, Cod. Sal. Ixb, fol. 41r.).
Die Kunst aus der Zeit der Ottonen und frühen Salier erfreut sich großer Beliebtheit. Allein vier große Ausstellungen mit mehreren hunderttausend Besuchern waren in den letzten zehn Jahren diesem Thema gewidmet; dazu sind meist mehrbändige Kataloge erschienen. Ziel der Stuttgarter Tagung war es, auf der Basis der umfangreichen Veröffentlichungen Perspektiven der Forschung zu erörtern und Neuansätze zur Diskussion zu stellen.

Buchmalerei
Der erste Themenkomplex galt der Buchmalerei und dem Problem der hier von der älteren Forschung relativ statisch formulierten Schulzusammenhänge, die dem heutigen Diskussionsstand nur noch bedingt entsprechen (Thomas Labusiak, Augsburg). Konkret am Beispiel der Nachfolge des karolingischen Lorscher Evangeliars in Handschriften neugegründeter Klöster um 1000 (Petershausen bei Konstanz, St. Michael in Hildesheim und andere) wurde die konzeptionelle Grundlage von Vorlagenrezeptionen erörtert (Ulrich Knapp, Leonberg). Daran schloss sich das Problem der Vorlagenvermittlung an, das anhand der Rezeption insbesondere Reichenauischer Handschriften in Italien diskutiert wurde (Irmgard Siede, Mannheim), wo die der einheimischen Produktion weit überlegenen ottonischen Buchmalereien offenbar sogar mehr als spätantike und byzantinische Vorlagen geschätzt wurden.

Einen wichtigen Neuansatz der Bewertung von Bildfunktionen der Handschriftenillustrationen stellt ihre Interpretation im Sinne der monastischen meditatio dar, die sich unter anderem auf die Bildausstattung des De laudibus crucis von Hrabanus Maurus stützen und auf ottonische Handschriften übertragen werden kann (Christoph Winterer, Frankfurt). Diese These erweitert den Diskussionshorizont der Kunstgeschichte zur Entstehung des Andachtsbildes erheblich.

Aspekte der Goldschmiedekunst
Der zweite Schwerpunkt der Tagung widmete sich Aspekten der Goldschmiedekunst. Den Anfang machte das Thema der Entstehung der nachantiken Großskulptur. Eine Datierung der ersten, nur schriftlich überlieferten Kruzifixe im Rahmen des Bilderstreits um 800 wurde über die Rezeption in Synodalprotokollen zur Diskussion gestellt (Beate Fricke, Rom). Davon ausgehend wurde die Frage erörtert, wie dieser Bildtypus im Kontext der frühen Heiligenskulpturen zu bewerten ist.

Eine Parallele zu den Problemen der Buchmalerei stellte die Frage der Lokalisierung von Goldschmiedewerkstätten anhand der Goldemails dar (Sybille Eckenfels-Kunst, Forst). Dies leitete über zum Thema der liturgischen Funktion von Reliquiaren, die ausgehend von antropomorphen Formen wie den Armreliquiaren diskutiert wurde (Martina Junghans, Köln).

Byzanz und das Abendland
Den Abschluss der Tagung bildete ein öffentlicher Vortrag von Dr. Holger Klein (Columbia University, New York) zum Thema "Byzanz und das Abendland im Zeitalter der Ottonen. Eine (kunst)historisch-historiographische Bestandsaufnahme", der den Horizont der Tagung aus dem Frühmittelalter heraus zur Forschungsrezeption im 19. und 20. Jahrhundert weitete. Der trotz des Termins an einem Samstag Abend stattliche Zuhörerkreis zeigt das große Interesse, das geisteswissenschaftliche Themen innerhalb der Universität und der Stadt Stuttgart finden.    / Klaus Gereon Beuckers

KONTAKT
Institut für Kunstgeschichte, Keplerstr. 17, 70174 Stuttgart,
Tel. 0711/121-3763, -3561, Fax 0711/121-3556,
e-mail: beuckers@kg1.sowi.uni-stuttgart.de

 


llast change: 17.12.03 / hj
Pressestelle der Universität Stuttgart

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