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Stuttgarter unikurier Nr. 92 Dezember 2003
Sommerschule für Literaturwissenschaftler:
"... das Beste, was man kriegen kann"

"Das ist literaturwissenschaftlich das Beste, was man kriegen kann", schwärmt der Hamburger Germanist Thorsten Ries (29) beim Abschlussfest der Sommerschule Literaturwissenschaft in Marbach vom 11. bis zum 30. Juli 2003 - einem gemeinsamen Projekt des Deutschen Literaturarchivs Marbach, der Universität Stuttgart, der University of Wisconsin/University of Minnesota und des DAAD.
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In Marbach fanden die Teilnehmer ideale Arbeitsbedingungen. (Foto: Mathias Michaelis)
Die Initiatoren: Christoph König (Leiter der Arbeitsstelle zur Erforschung der Geschichte der Germanistik am Deutschen Literaturarchiv Marbach) und Horst Thomé (Professor für neuere deutsche Literatur am Institut für Literaturwissenschaft der Universität Stuttgart). Die Idee dazu entstand aus dem Bedürfnis, dem qualifizierten Nachwuchs eine Plattform zum Austausch und zur Weiterbildung zu geben. Vorbild ist die etwa in der Musik völlig selbstverständliche Elitenförderung - ein Wort, das an deutschen Universitäten immer noch Unbehagen auslöst. "Leider", wie Horst Thomé findet, "denn das Institut für Literaturwissenschaft der Universität Stuttgart bekommt durch seine Beteiligung an der Sommerschule ein einzigartiges Profil, indem es die internationale Elite der promovierenden Literaturwissenschaftler an sich bindet."

Stuttgart und Marbach als ideale Partner
Stuttgart und Marbach vereinen wissenschaftstheoretische und -historische Kompetenz. Das Institut für Literaturwissenschaft der Universität Stuttgart mit seiner genuin komparatistischen Ausrichtung ist idealer Partner für das Deutsche Literaturarchiv Marbach: Hier findet sich nicht nur die mit 800.000 Bänden größte Bibliothek weltweit zur deutschen Literatur und Literaturwissenschaft seit 1750, sondern auch die einzige Forschungsstelle für die Wissenschaftsgeschichte der Germanistik. Dazu bietet Marbach ideale Räume für die Seminare und zum Wohnen. Einen weiteren Partner fanden die Initiatoren im DAAD, der das Projekt maßgeblich förderte und dessen Lektoren weltweit wichtige Multiplikatoren waren.

Die Sommerschule wurde zu Beginn 2003 für junge LiteraturwissenschaftlerInnen ausgeschrieben, die ihr Studium beendet haben und eine Promotionsarbeit planen. Auf Anhieb bewarben sich 150 Nachwuchswissenschaftler aus aller Welt. Eine Dozentenjury wählte aus den Bewerbungen die 20 Besten aus, die insgesamt 14 Nationen angehörten: Ägypten, Brasilien, China, Deutschland, Georgien, Indien, Italien, Kanada, Polen, Rumänien, der Schweiz, Spanien, Togo und den USA.

Kritisches Lesen
Das Ziel der Sommerschule beschreibt Christoph König so: "Wir wollten das kritische Lesen literarischer (und wissenschaftlicher!) Texte üben. Lesefähigkeit ist eine der ältesten und zurzeit vernachlässigten Kulturtechniken. Wer nicht richtig zu lesen versteht, verfällt falschen Argumenten und rhetorischen Täuschungsmanövern, auch in den literarischen Werken." Im Mittelpunkt stand also die Reflexion. Ein attraktives Angebot für die Stipendiaten, genauso wie der gute Dozenten-Studenten-Schlüssel: so konnten die sechs Hauptdozenten, die während der gesamten drei Wochen anwesend waren, vier bis fünf Stipendiaten in einem persönlichen Mentorensystem intensiv betreuen. Nicht zuletzt waren die Teilnehmer begeisterte Nutzer der Bibliothek des Deutschen Literaturarchivs.

Intensive Betreuung
Die Sommerschule bestand aus drei Phasen: Seminare, Bibliotheksarbeit der Stipendiaten und Mentorensystem, Abschlusskolloquium. Die Seminare folgten drei Gesichtspunkten: Konzepte und Begriffe der Literaturwissenschaft und Wissenschaftsgeschichte wurden analysiert. Gastdozenten vermittelten germanistisches Handwerkszeug. Diese beiden Phasen mündeten in die philologische Praxis des Interpretierens. Um gemeinsames Arbeiten möglich zu machen, wurde ein gemeinsames Thema gewählt: die Atridenerzählung in der Antike und ihre Aktualisierung in der neueren deutschen Literatur. Wie lebendig diese Tradition in der zeitgenössischen Literatur ist, zeigte die Lesung mit Volker Braun, einem der bedeutendsten Schriftsteller der Gegenwart.

Fazit für die Stipendiaten: Sie haben viele, viele Anregungen bekommen - durch die Seminare, durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus anderen Länder, vor allem aber durch die intensive Betreuung durch Christoph König, Horst Thomé, Klaus Berghahn (Wisconsin/Madison), Pierre Judet de La Combe (Paris), Renate Schlesier (Berlin) und Ulrich Wyss (Frankfurt/M.).

Die Sommerschule für Literaturwissenschaft in Marbach soll künftig alle zwei Jahre stattfinden.

Weitere Informationen unter http://www.sommerschule-literaturwissenschaft.de. Brigitte Schöning

 


llast change: 17.12.03 / hj
Pressestelle der Universität Stuttgart

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