Der Umgang mit Jugendlichen macht Ralph Schelle Spaß.
Muss es auch, denn er hat selbst die Idee aufgebracht, das
komplexe Thema der globalen Klimaveränderung und den
Zusammenhang von Klimaschutz und Energieeinsparung in den
Schulen publik zu machen - und zwar praxisnah an
Alltagsproblemen im Lebensumfeld der Schüler, dem
Energieverbrauch an ihrer Schule.
Jugendliche an Wissenschaft heranführen
Mit dem Vorläuferprojekt "EScola - Esslinger Schulen auf
Energiesparkurs" fing vor drei Jahren alles an, und da sich
dabei die Schülerinnen und Schüler motivierbar zeigten und
das große Energieeinsparpotenzial in den Schulen deutlich
wurde, stand dem Nachfolgeprojekt KliWiS
(Klimaschutz-Projekt - Erfahrbare Wissenschaft in der
Schule) nichts im Wege. Ziel von KliWiS, das von der
Landesstiftung Baden-Württemberg finanziert wird, ist es,
den Jugendlichen Umweltprobleme zu erklären, sie an deren
wissenschaftliche Bearbeitung heranzuführen und ihnen zu
vermitteln, wie auch scheinbar schwer lösbare Probleme mit
wissenschaftlichen und technischen Verfahren angegangen
werden können. Wichtig, so Ralph Schelle, ist dabei das
eigene Tun, die eigene Erfahrung, zum Schluss auch die
verständliche Aufarbeitung und Präsentation der Ergebnisse.
Konkret bedeutet dies: Zuerst vermittelt der Fachmann vom
IER die wissenschaftlichen Grundlagen, dann folgt der Part
der Schüler. Mit modernen Messgeräten wird der Ist-Zustand
im Schulgebäude erfasst - was wird an Strom, an Wasser
verbraucht, wie ist es um die Wärme bestellt? Diese Daten
werden mit dem theoretischen Sollwert verglichen und dann
folgt die Ausarbeitung von Verbesserungsvorschlägen. So
bietet sich beispielsweise beim Thema Licht an, das
Verhalten der Nutzer gezielt zu beeinflussen, eine Vielzahl
ungenutzter elektrischer Anlagen abzuschalten oder, ganz
banal, bestehende Heizungsregelungen so einzustellen, dass
sie auch tatsächlich richtig funktionieren. Und: Nur ein
Grad Celsius Temperaturreduzierung bringt schon einen
Rückgang der Energiekosten um etwa sechs Prozent - nur
frieren darf keiner. Das Ökodenken der Siebziger Jahre, dass
man auch bei 17 Grad Celsius - eingepackt in
selbstgestrickte Schafwollpullis - leben kann, ist bei Ralph
Schelle verpönt.
Von Brennstoffzellen und Hackschnitzelheizungen
Seit KliWiS im November 2002 an der Burgschule in
Esslingen startete und von dort aus den Weg zu weiteren fünf
Multiplikatorschulen fand, hat Ralph Schelle viel erlebt:
Grundschüler der dritten Klasse, die von Brennstoffzellen
und Hackschnitzelheizung wissen, ganz bei der Sache sind und
Infografiken schneller auswerten als manch ein Teenager.
Hauptschüler, die zum Projektabschluss in Eigenregie eine
Multimediaproduktion auf die Beine stellen und diese
hervorragend präsentieren, bei den Grundschülern gleich die
richtige Sprache treffen und selbst vor Gymnasiasten ihres
Jahrgangs - trotz Bammel - souverän auftreten. Natürlich
gibt es auch Tage, an denen man "die Hunde zum Jagen tragen
muss", doch "getragen wird nicht", meint Ralph Schelle
augenzwinkernd, "sondern gescheucht".
Mit Situationen fertig werden, die nicht so laufen wie
gewollt, auch das steht auf dem Praxis-Lernprogramm. Wenn
beispielsweise Behörden nicht sofort mitziehen, sich nur
schwer Sponsoren für den Kauf technischer Geräte finden
lassen, dann heißt es, mit diesen Problemen umzugehen: nicht
locker lassen, hartnäckig sein, es nochmals versuchen oder
andere Wege gehen.... Neben einem anderen Blick für
Energieeinsparungspotenziale und Klimaschutz lernt man bei
KliWiS somit auch etwas für´s Leben.
Einsparungen ohne Komfortverlust
In den sechs Schulen, die an KliWiS teilnahmen, könnte
der Verbrauch an Strom, Wärme und Wasser ohne
Komforteinbußen und mit geringsten Investitionsmitteln
reduziert werden, so eines der Projektergebnisse. Würden die
Schülervorschläge umgesetzt, könnte der Ausstoß
treibhausrelevanter Schadstoffe verringert und "nebenbei"
könnten knapp 10.000 Euro pro Jahr eingespart werden....
Am 8. Juli 2003 fand im Esslinger Rathaus in Anwesenheit
des Oberbürgermeisters, einiger Schulrektoren, Vertretern
verschiedener Ämter und der Presse die Abschlusspräsentation
des Uni-Projekts KliWiS statt. Schüler, die sich im Projekt
besonders engagiert hatten, erhielten Urkunden und Preise -
überreicht vom OB höchst persönlich. Dieser Festakt wird den
Schülerinnen und Schülern wohl einige Zeit im Gedächtnis
bleiben, und Ralph Schelle hofft, dass auch einer der
Lerninhalte von KliWiS haften bleibt, "dass man selbst zur
Lösung komplexer Probleme beitragen kann - und soll." Julia
Alber
KONTAKT
Institut für Energiewirtschaft und Rationelle
Energieanwendung, Ralph Schelle,
Petra Blank, Heßbrühlstr. 49a,
70656 Vaihinngen,
Tel. 0711/78061-34, -20
Fax 0711/7893953
e-mail: rs@ier.uni-stuttgart.de