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Stuttgarter unikurier Nr. 92 Dezember 2003
Wissenschaft in der Schule:
Wie KliWis Klimaschutz und Energieeinsparung verbindet
Volt, Wärmeregulation, Kilowatt, Lux - im Physikunterricht ist alles klar. Doch was hilft die ganze Theorie, wenn man im Heizungskeller vor vielen Rohren steht und nun den Wärmeverbrauch des Gebäudes unter die Lupe nehmen soll? In der Praxis ist oft alles ganz anders, weiß Ralph Schelle vom Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) der Uni Stuttgart. Eigentlich untersucht der Techniker Großanlagen in Firmen auf ihre Energieeinsparpotenziale hin, doch manchmal steht er auch mit Schülern im schuleigenen Heizungskeller.
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Auswerten von Heizkurven. Stimmt die Heizungsregelung? (Foto: Institut)
Der Umgang mit Jugendlichen macht Ralph Schelle Spaß. Muss es auch, denn er hat selbst die Idee aufgebracht, das komplexe Thema der globalen Klimaveränderung und den Zusammenhang von Klimaschutz und Energieeinsparung in den Schulen publik zu machen - und zwar praxisnah an Alltagsproblemen im Lebensumfeld der Schüler, dem Energieverbrauch an ihrer Schule.

Jugendliche an Wissenschaft heranführen
Mit dem Vorläuferprojekt "EScola - Esslinger Schulen auf Energiesparkurs" fing vor drei Jahren alles an, und da sich dabei die Schülerinnen und Schüler motivierbar zeigten und das große Energieeinsparpotenzial in den Schulen deutlich wurde, stand dem Nachfolgeprojekt KliWiS (Klimaschutz-Projekt - Erfahrbare Wissenschaft in der Schule) nichts im Wege. Ziel von KliWiS, das von der Landesstiftung Baden-Württemberg finanziert wird, ist es, den Jugendlichen Umweltprobleme zu erklären, sie an deren wissenschaftliche Bearbeitung heranzuführen und ihnen zu vermitteln, wie auch scheinbar schwer lösbare Probleme mit wissenschaftlichen und technischen Verfahren angegangen werden können. Wichtig, so Ralph Schelle, ist dabei das eigene Tun, die eigene Erfahrung, zum Schluss auch die verständliche Aufarbeitung und Präsentation der Ergebnisse.

Konkret bedeutet dies: Zuerst vermittelt der Fachmann vom IER die wissenschaftlichen Grundlagen, dann folgt der Part der Schüler. Mit modernen Messgeräten wird der Ist-Zustand im Schulgebäude erfasst - was wird an Strom, an Wasser verbraucht, wie ist es um die Wärme bestellt? Diese Daten werden mit dem theoretischen Sollwert verglichen und dann folgt die Ausarbeitung von Verbesserungsvorschlägen. So bietet sich beispielsweise beim Thema Licht an, das Verhalten der Nutzer gezielt zu beeinflussen, eine Vielzahl ungenutzter elektrischer Anlagen abzuschalten oder, ganz banal, bestehende Heizungsregelungen so einzustellen, dass sie auch tatsächlich richtig funktionieren. Und: Nur ein Grad Celsius Temperaturreduzierung bringt schon einen Rückgang der Energiekosten um etwa sechs Prozent - nur frieren darf keiner. Das Ökodenken der Siebziger Jahre, dass man auch bei 17 Grad Celsius - eingepackt in selbstgestrickte Schafwollpullis - leben kann, ist bei Ralph Schelle verpönt.

Von Brennstoffzellen und Hackschnitzelheizungen
Seit KliWiS im November 2002 an der Burgschule in Esslingen startete und von dort aus den Weg zu weiteren fünf Multiplikatorschulen fand, hat Ralph Schelle viel erlebt: Grundschüler der dritten Klasse, die von Brennstoffzellen und Hackschnitzelheizung wissen, ganz bei der Sache sind und Infografiken schneller auswerten als manch ein Teenager. Hauptschüler, die zum Projektabschluss in Eigenregie eine Multimediaproduktion auf die Beine stellen und diese hervorragend präsentieren, bei den Grundschülern gleich die richtige Sprache treffen und selbst vor Gymnasiasten ihres Jahrgangs - trotz Bammel - souverän auftreten. Natürlich gibt es auch Tage, an denen man "die Hunde zum Jagen tragen muss", doch "getragen wird nicht", meint Ralph Schelle augenzwinkernd, "sondern gescheucht".

Mit Situationen fertig werden, die nicht so laufen wie gewollt, auch das steht auf dem Praxis-Lernprogramm. Wenn beispielsweise Behörden nicht sofort mitziehen, sich nur schwer Sponsoren für den Kauf technischer Geräte finden lassen, dann heißt es, mit diesen Problemen umzugehen: nicht locker lassen, hartnäckig sein, es nochmals versuchen oder andere Wege gehen.... Neben einem anderen Blick für Energieeinsparungspotenziale und Klimaschutz lernt man bei KliWiS somit auch etwas für´s Leben.

Einsparungen ohne Komfortverlust
In den sechs Schulen, die an KliWiS teilnahmen, könnte der Verbrauch an Strom, Wärme und Wasser ohne Komforteinbußen und mit geringsten Investitionsmitteln reduziert werden, so eines der Projektergebnisse. Würden die Schülervorschläge umgesetzt, könnte der Ausstoß treibhausrelevanter Schadstoffe verringert und "nebenbei" könnten knapp 10.000 Euro pro Jahr eingespart werden....

Am 8. Juli 2003 fand im Esslinger Rathaus in Anwesenheit des Oberbürgermeisters, einiger Schulrektoren, Vertretern verschiedener Ämter und der Presse die Abschlusspräsentation des Uni-Projekts KliWiS statt. Schüler, die sich im Projekt besonders engagiert hatten, erhielten Urkunden und Preise - überreicht vom OB höchst persönlich. Dieser Festakt wird den Schülerinnen und Schülern wohl einige Zeit im Gedächtnis bleiben, und Ralph Schelle hofft, dass auch einer der Lerninhalte von KliWiS haften bleibt, "dass man selbst zur Lösung komplexer Probleme beitragen kann - und soll." Julia Alber

KONTAKT
Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung, Ralph Schelle,
Petra Blank, Heßbrühlstr. 49a,
70656 Vaihinngen,
Tel. 0711/78061-34, -20
Fax 0711/7893953
e-mail: rs@ier.uni-stuttgart.de

 


llast change: 17.12.03 / hj
Pressestelle der Universität Stuttgart

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