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Stuttgarter unikurier Nr. 92 Dezember 2003
25 Jahre Quanten-Hall-Effekt:
Klaus von Klitzing 60
 
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Klaus von Klitzing (Foto: Wölfel)
Prof. Dr. rer. nat Dr. h. c. mult. Klaus von Klitzing, seit 1985 Direktor am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung und Honorarprofessor an der Universität Stuttgart in der Fakultät für Mathematik und Physik, feierte am 28. Juni 2003 seinen 60. Geburtstag. Aus diesem Anlass fand in Stuttgart vom 2. bis 5. Juli ein internationales Symposium "Quantum Hall Effekt: Past, Present and Future" statt. Klaus von Klitzing war 1985 für die Entdeckung des Quanten-Hall-Effekts der Nobelpreis verliehen worden. Erste Messresultate, die bereits Stufen im Hall-Widerstand zeigten, hatte er bereits 1978 erzielt. Bei einer Wiederholung der Experimente im Hochfeldmagnetlabor in Grenoble 1980 traten die Plateaus in der Magnetfeldabhängigkeit des Hall-Widerstandes erneut und überraschend mit so hoher Genauigkeit und Reproduzierbarkeit auf; von Klitzing entdeckte, dass es sich um ein Quantenphänomen handelte mit charakteristischen Widerstandswerten bei einem Vielfachen des Verhältnisses aus der Planckschen Konstante h und dem Quadrat der Elementarladung R = n RK mit RK= h/e2. Die fundamentale Bedeutung des Widerstandes RK führte dazu, dass ab dem 1. Januar 1990 die Naturkonstante (von Klitzing Konstante) RK-90 = 25812,807 Ohm international festgelegt wurde. Die experimentell höchst schwierigen Messungen zum Quanten-Hall-Effekt wurden zuerst an MOSFET Transistorbauelementen bei hohen Magnetfeldern bis zu 14 Tesla (140 000 Gauß) und Temperaturen von 4 Kelvin (minus 269° Celsius) durchgeführt. Im Hall-Effekt, der bereits im Jahr 1798 entdeckt worden war, tritt senkrecht zur elektrischen Stromrichtung in der Probe und senkrecht zum Magnetfeld eine Spannung, die Hall-Spannung, auf. Im Normalfall ist die Hall-Spannung stromproportional und steigt linear mit dem angelegten Magnetfeld. Beim Quanten-Hall-Effekt treten dagegen Stufen und Spannungsplateaus auf. Bei zweidimensionalen Leitungssystemen, wie dem Feldeffekttransistor und tiefen Temperaturen, führt die "Quantelung" der Elektronen im Magnetfeld zu diskreten Energiestufen als Ursache für das Auftreten von Hall-Spannungs- beziehungweise-Widerstandsstufen.

Wiederholte Messungen zeigten Unabhängigkeit vom Halbleiter, von Verunreinigungen und anderen Einflüssen, so dass heute der Wert des Quanten-Hall-Widerstandes mit einer Reproduzierbarkeit besser als 10-9 gesichert ist. Die von Klitzing Konstante stimmt mit der bisherigen SI Widerstandsnorm innerhalb einer relativen Unsicherheitsgrenze von 2x 10-7 überein.

Große Bedeutung für die Forschung
Die über den Widerstandsstandard hinausgehende Bedeutung des Quanten-Hall-Effekts verdeutlichten auch die Vorträge des Symposiums im Juli. Nach einem historischen Überblick des Doktorvaters Gottfried Landwehr, dem früheren Direktor des Hochfeldmagnetlabors in Grenoble, über "25 years Quantum-Hall-Effect" berichtete Ernst O. Göbel (Präsident der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt) in seinem Vortrag "The von Klitzing Resistance Standard" über die breiten Auswirkungen der Konstante RK-90 auf die Metrologie bis zu den Möglichkeiten einer neuen Definition des Massenstandards. Insgesamt 23 Vorträge namhafter Wissenschaftler zeigten die Bedeutung des Quanten-Hall-Effekts in der Grundlagen- und Anwendungsforschung. Allein in den beiden letzten Jahren erschienen dazu rund 1000 Publikationen.

In von Klitzings Arbeitsgruppe in Stuttgart wurden darüber hinaus weitere wichtige Beiträge geleistet, etwa zur Untersuchung der Randkanäle (edge channels), des elektronischen Durchbruchs des zeitabhängigen Transports und der Eigenschaften von so genannten "Composite Fermions". Außerdem untersuchen die Max-Planck-Forscher Elektron-Phonon-Wechselwirkungen in niederdimensionalen Systemen und die ballistische Phononentransmission durch Grenzflächen.

Enge Kooperation mit dem Physikalischen Institut
Ebenso gilt das Interesse der Herstellung und Erforschung von Nanoröhrchen und anderen synthetischen Nanostrukturen. Hochinteressante Ergebnisse wurden zu den Themen "Kondo-Resonanz" und "Einzelelektronentransistor" erzielt. Bei vielen dieser Themen fand und findet ein Austausch und eine enge Zusammenarbeit mit dem Physikalischen Institut der Universität Stuttgart statt, sei es durch Präparation von Proben, gemeinsame wissenschaftliche Themen und Projekten, wie Magnetowiderstand und Magnetotransport bei Quantendrähten, Selbstorganisation von InP Quantenboxen, erster InP Quantenboxlaser im roten Spektralbereich, Messungen zu Magneto-Excitonen und Selbstorganisation auf vorstrukturierten GaAs-Substraten für InAs-Quantenpunkte und -drähte. Diese Kooperation führte auch zur engen Zusammenarbeiten bei zahlreichen Promotionen.

Die Universität Stuttgart und die Fakultät für Mathematik und Physik danken Klaus von Klitzing für die enge Kooperation und die Unterstützung der Fakultät und wünschen ihm, seiner Familie und seinen Mitarbeitern alles Gute für die Zukunft.   

Wolfgang Eisenmenger/ Manfred Pilkuhn

 


llast change: 17.12.03 / hj
Pressestelle der Universität Stuttgart

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