Stuttgarter unikurier
Nr. 92 Dezember 2003 |
Lehr- und Forschungsprojekt zum Fremd- und Selbstbild der Universität:
Nähe zum Heimatort und guter Ruf einzelner Disziplinen bestimmen Studienortwahl
- Wirtschaft schätzt Qualifikation der Absolventen |
"Alles ändert sich -oder es bleibt, wie es ist." Diese scheinbar
widersprüchliche Beobachtung ergibt sich aus einer breit
angelegten Studie zum "Fremd- und Selbstbild der Universität
Stuttgart". Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass sich
immer mehr Universitäten - darunter auch die Universität
Stuttgart - um eine Öffnung gegenüber der Wirtschaft bemühen
und dadurch in ein Spannungsfeld zwischen "Freiheit von
Forschung und Lehre" und "gesellschaftlicher Verwertbarkeit
von Wissen" begeben. Um herauszufinden, ob diese Öffnung von
der Wirtschaft positiv wahrgenommen wird und ob die künftigen
Studierenden diese Entwicklung sehen und
für gut befinden, haben Soziologiestudentinnen und
-studenten der Uni Stuttgart innerhalb eines Lehr- und
Forschungsprojektes im Wintersemester 2002/03 Erstsemester
aller Disziplinen*), Universitätsangehörige unterschiedlicher Statusgruppen
und Vertreter von ausgewählten Wirtschaftsunternehmen in der
Region befragt. |
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Guter Ruf der Universität
Stuttgart als Grund für die Studienortwahl. |
Die Studieninteressenten nahmen die
Universität Stuttgart vor der Entscheidung für eine
bestimmte Universität vor allem als eine offene und moderne
Bildungseinrichtung wahr, die sich an den Erfordernissen der
beruflichen Praxis orientiert. Gleichzeitig war ihnen
bewusst, dass die theoretische Wissensvermittlung eine
wichtige Rolle spielt. Nicht wenige der Befragten wurden
durch das Internet auf das umfassende Angebot der
Universität Stuttgart aufmerksam. Von einem
Universitätsstudium werden vor allem die Vermittlung von
Fachkenntnissen erwartet (dies gilt im Besonderen für die
Studierenden der Naturwissenschaften) sowie die
Berufsorientierung während des Studiums (hieran sind vor
allem die Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler
interessiert). "Insgesamt kann festgehalten werden",
resümiert Projektleiterin Dr. Birgit Blättel-Mink, "dass der
wirtschaftlich und kulturell interessante Standort der
Universität Stuttgart durchaus wahrgenommen wird, dass die
Berufschancen für die meisten Studierenden eine nicht
unbedeutende Rolle spielen und dass die Universität
Stuttgart ihre Attraktivität sowohl aus der Nähe zum Heimat-
oder Wohnort gewinnt als auch durch die hohe
wissenschaftliche Anerkennung einzelner Fächer".
Wirtschaft möchte Diplomstudiengänge erhalten
Den Vertretern der Wirtschaft zufolge decken sich die
Qualifikationen und auch die Aktualität des Wissens der
Absolventinnen und Absolventen weitgehend mit den
Anforderungen in ihren Unternehmen. Es wird von der
Universität nicht unbedingt erwartet, dass sie weitergehende
Qualifikationen, wie soziale und psychologische Kompetenzen
oder Kenntnisse der Praxis, vermittelt. Dies läge eher in
der Eigenverantwortlichkeit der Absolventen. Blättel-Mink
hierzu: "Die Vertreter der Wirtschaft schätzen das immer
noch eher traditionelle Erscheinungsbild der Universität
Stuttgart. Sie bewerten die eher theorieorientierte
Ausbildung der Universität durchaus als positiv. Entgegen
anders lautenden Annahmen plädiert die Wirtschaft in hohem
Maße für die Beibehaltung bisheriger Diplomstudiengänge und
spricht sich in der Tendenz gegen die breite Einführung von
Bachelor-Studiengängen aus."
Moderne Bildungseinrichtung
Die befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
Universität Stuttgart nehmen ihre Universität überwiegend
als moderne Bildungseinrichtung wahr. Das Festhalten am
Diplom-Abschluss wird dazu nicht als Gegensatz empfunden.
Der Druck, Bachelor- und Masterstudiengänge einzuführen,
stammt ihnen zufolge eher aus der Politik als aus der
Wirtschaft. Die potentiellen Erstsemester werden von den
befragten Universitätsangehörigen nicht als besonders
relevante Umwelt wahrgenommen. Vor allem die Studierenden
aus der Region - und diese stellen die absolute Mehrheit dar
- gelten als unproblematisch. Wichtiger sind dann die
Studierenden aus dem Ausland oder aus anderen Bundesländern.
Es ist bekannt, dass nicht wenige Studiengänge der
Universität Stuttgart ein hohes nationales und
internationales Ansehen genießen. Hierzu zählen vor allen
ingenieurwissenschaftliche Disziplinen und das
Architekturstudium. Dieser gute Ruf soll in der Zukunft noch
verbessert werden.
Damit sind wir wieder beim Eingangsstatement angelangt:
Wandel und Tradition, beides wird von der Universität
erwartet, und hier eine Balance zu finden, scheint eine
wichtige Zukunftsaufgabe der Universität zu sein.
Der ausführliche Bericht zu diesem Projekt kann im
Internet eingesehen werden unter
http://www.uni-stuttgart.de/erstsemester-umfrage.
*) Die studentischen Teilnehmer der online-Befragung
konnten an einem Gewinnspiel teilnehmen. Mehr dazu finden
Sie in der Rubrik "Studium & Lehre".
Kontakt
Dr. Birgit Blättel-Mink,
Arbeits- und Organisationssoziologie,
Seidenstr. 36, 70174 Stuttgart,
Tel. 0711/121-3890, Fax 0711/121-2487,
e-mail:
birgit.blaettel-mink@soz.uni-stuttgart.de, sowie
unter
http://www.uni-stuttgart.de/soz/ao
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