Auf Anregung von Studenten des
Master-Studiengangs WAREM (Water Resources Engineering and Management) hatte
schon vor über einem Jahr die Organisation der Exkursion begonnen. Prof.
Helmut Kobus, Emeritus am Institut für Wasserbau und ehemaliger Präsident der
International Association for Hydraulic Engineering and Research (IAHR), war
sofort bereit, seine Kontakte nach China zu nutzen und die Exkursion zu
begleiten. Die international besetzte Gruppe - darunter neben Deutschen einige
Chinesen, ein Bulgare, ein Ghanaer, eine Malayin - machte sich trotz der
angespannten gesundheits- und weltpolitischen Lage (SARS, Irak-Krieg) am 31.
März auf den Weg in die chinesische Hauptstadt. In Peking empfing Prof. Wang
vom China Institute of Water Resources and Hydropower Research die Stuttgarter
Gruppe und begleitete sie bei der 14-tägigen Reise über Wuhan, Yichang und
Nanjing bis nach Shanghai.Das neue China zeigte sich
Zunächst standen die Große Mauer, der Sommerpalast sowie die Verbotene
Stadt im Zentrum Pekings auf dem Programm, allesamt eindrucksvolle Beweise
chinesischer Baukunst. Erste wissenschaftliche Station war die Tsinghua
University, Partnerhochschule der Universität Stuttgart und eine der
renommiertesten Lehr- und Forschungseinrichtungen Chinas. Die Stuttgarter
Gäste erhielten Einblick in hervorragend ausgestattete Übungslabors, in denen
sich die Studenten selbst den gelernten Stoff bei Versuchen veranschaulichen
können. Hochinteressant war ein sehr offener Vortrag über Chinas
Wasserressourcen, deren Nutzung und die damit verbundenen Probleme. Nach der
Besichtigung eines State Key Laboratory, in dem an einem riesigen
physikalischen Modell die Sedimentation direkt oberhalb des
Drei-Schluchten-Damms untersucht wird, gab es Gelegenheit zum
Erfahrungsaustausch mit chinesischen Studenten.
Auch an der Universität in Wuhan, der nächsten Station, werden Teilaspekte
des Drei-Schluchten-Damm-Projekts untersucht; Schwerpunkte liegen hier auf der
Fernerkundung und den hydroelektrischen Anlagen. Hier wird die Erosion direkt
unterhalb des Dammes untersucht. Da die vorgesehene Zeit nicht ausgereichte,
alle Fragen zu beantworten und Modelleinrichtungen zu zeigen, wurden die
Stuttgarter Wasserbauer kurzerhand auf eine nächtliche Tour zu weiteren
Instituten eingeladen, was den überall zu beobachtenden Willen der Chinesen,
sich von der besten Seite zu zeigen, unterstrich. "Als westliche Gäste fühlten
wir uns überall hochwillkommen, das neue China zeigte sich uns allerorten",
meinte dazu Exkursionsteilnehmerin Eva Fenrich.
Energie für 400 Millionen Menschen
Höhepunkt der Exkursion war der Besuch des Drei-Schluchten-Damms bei
Yichang. Am Vorabend empfing der Vizepräsident der verantwortlichen
Projektgesellschaft China Yangtze Three Gorges Development Co. die Gruppe mit
einem Bankett. Auf dem Weg zur Baustelle konnten die Stuttgarter im
Modell-Center einen Überblick über das Projekt gewinnen: Wenn im Jahr 2009 der
Bau des Dammes abgeschlossen und das dadurch entstehende, 600 Kilometer lange
Staubecken komplett gefüllt sein wird, soll der Damm nicht nur einen
wesentlichen Beitrag zum Hochwasserschutz leisten, sondern mit einer
installierten Leistung von 18,2 GW (entspricht etwa 13 Atomkraftwerken) den
rapid ansteigenden Bedarf an elektrischer Energie der über 400 Mio. Einwohner
im Yangtse-Becken zumindest teilweise befriedigen. Von einem extra angelegten
Aussichtspunkt am linken Dammufer konnte man die fast fertiggestellten
fünfstufigen Doppelschleusen sehen, durch die ein durchgehender Schiffsverkehr
auf dem Yangtse, dem wichtigsten Transportweg in der Region, nach der
Teilflutung sichergestellt wird. Nach Abschluss des Projekts werden
hochseetaugliche Schiffe die über 1.000 Kilometer flussaufwärts im
Landesinneren liegende Mega-City von Chongqing (30 Mio. Einwohner) erreichen
können.
Bei der anschließenden zweitägigen Schiffstour den Yangtse stromauf durch
die drei Schluchten mit Übernachtung auf dem Boot und in Wushan, einer
aufgrund des steigenden Wassers bereits umgesiedelten Stadt, konnten sich die
Exkursionsteilnehmer selbst ein Bild von den Auswirkungen des Projekts auf die
Umwelt und die Menschen machen. Einige der besichtigten Orte und Landschaften
werden durch das im Endausbau um 70 Meter aufgestaute Wasser bald nicht mehr
zu sehen sein.
Wasserbau-Universität Hohai
Nach der Besichtigung der wunderschön angelegten chinesischen Gärten in
Suzhou stand wieder eine Universität auf dem Programm. Die Hohai University in
Nanjing ist, wie der Name zumindest dem Chinesen schon sagt, eine
ausgesprochene Wasserbau-Universität und langjähriger Kooperationspartner des
Instituts für Wasserbau und insbesondere des Studiengangs WAREM. So wurden die
Stuttgarter auch von einer WAREM-Absolventin an der Universität begrüßt.
Hauptaugenmerk der Präsentationen und Führungen lag auf den
Hochwasserschutzmaßnahmen im Unterlauf des Yangtse, die dort an großflächigen
physikalischen Modelle untersucht werden.
Zum Abschluss der Exkursion empfing an der Tongji University in Shanghai der Leiter des UN Environmental Programme Institute for
Environment and Sustainable Development die Teilnehmer. Er zeigte nicht nur
seine Laboreinrichtungen für Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung,
sondern gab auch Einblick in die Bemühungen seines Instituts zur Verbesserung
der sanitären Verhältnisse im Zuge der Umsiedlungsmaßnahmen des
Drei-Schluchten-Projekts. Die Tongji University ist übrigens der Gründungsort
des ersten chinesischen IAHR Student Chapter nach dem Vorbild der Stuttgarter
Gruppe, seinerzeit des ersten Student Chapter. Um viele Eindrücke, Erfahrungen
und Kontakte im Sinne der Internationalisierung und Netzwerkbildung reicher
kehrten die Stuttgarter Wasserbauer am 13. April zurück nach Stuttgart.
Eva Fenrich, Jürgen Brommundt, Jens Mödinger
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Jens Mödinger,
Institut für Wasserbau,
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e-mail: jens.moedinger@iws.uni-stuttgart.de