Home           Inhalt           Suchen

Stuttgarter unikurier Nr. 92 Dezember 2003
Uni Stuttgart hilft bei der Aus- und Weiterbildung von Abwasserfachleuten:
China braucht die deutsche Umweltschutztechnik

Dem Wissenstransfer und der Aus- und Weiterbildung chinesischer Fachleute dient das "Deutsch-Chinesische Ausbildungszentrum für kommunale Abwassertechnik (AZKA)". Wissenschaftler des Instituts für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft (ISWA) sind bei der mit insgesamt 750.000 Euro vom Bundesforschungsministerium finanzierten Einrichtung federführend. Seit 1999 bis Ende 2002 haben bei Seminaren in China und Deutschland mehr als 900 Personen von der Ausbildung profitiert. Tagungen, Ausstellungen und Informationsreisen chinesischer Abwasserfachleute in Deutschland ergänzen das in diesem Jahr auslaufende Programm.
kleinbal.gif (902 Byte)

12 chinesische Abwasserfachleute waren im Frühjahr 2003 bei einem Lehrgang am Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft der Universität Stuttgart.
China ist das bevölkerungsreichste Land der Erde. Das atemberaubende Wirtschaftswachstum hat nicht nur den Wohlstand erhöht, sondern auch zu einem Besorgnis erregenden Anstieg der Umweltverschmutzung geführt. Vor dem Hintergrund anhaltenden Bevölkerungswachstums, voranschreitender Verstädterung und Industrialisierung und der sich - zumindest regional - weiter verschärfenden Wasserknappheit steigen auch die Probleme der Gewässerverschmutzung. Diese sind auch für den Besucher in den Industrievororten der großen Städte offensichtlich. Die offiziellen Statistiken scheinen das Problem eher zu beschönigen.

Wasserqualität problematisch
Die Gewässergüte in den chinesischen Seen, die häufig - besonders im Norden - der Trinkwasserversorgung dienen, ist ebenfalls Besorgnis erregend. Vermutlich sind mehr als 25 Prozent aller Seen durch Eutrophierungsprobleme nachteilig beeinflusst. Hier ist derzeit keine Besserung in Sicht. So gut wie alle Küstengewässer Chinas sind mäßig bis hoch verschmutzt. Hauptverschmutzungsparameter sind Stickstoff, Phosphor und Öl. Augenfälliger Beweis für diese Verschmutzung ist das immer häufigere Auftreten von Algenmassenentwicklungen.

Die ersten biologischen Abwasserbehandlungsanlagen in China wurden in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts in Shanghai gebaut. Anfang der 50er Jahre wurden in einigen Großstädten Kanalisationssysteme errichtet, von 1954 bis 1966 dann einige mechanische Kläranlagen. Während der "Großen Kulturrevolution" 1966 bis 1976 kam der Bau von Abwasseranlagen fast vollständig zum Stillstand. Nach 1976 und verstärkt seit 1986 stieg die Anzahl der Kläranlagen wieder an. Im Jahr 2000 gab es in China 427 Kläranlagen, 282 davon arbeiten mit biologischen Reinigungsverfahren.

Gewässerschutz forcieren
An dieser Stelle setzt das "Deutsch-Chinesische Ausbildungszentrum für kommunale Abwassertechnik (AZKA)" an. Um den Gewässerschutz in China zu forcieren, werden chinesische Abwasserfachleute auf drei Ebenen (Betriebsleiter, Planungsingenieure und Leiter der zuständigen Ämter in der Administration) durch unterschiedlich strukturierte Kurse und Seminare in Deutschland und China fortgebildet und dabei mit der deutschen Abwassertechnologie vertraut gemacht. Zusätzlich dienen Ausstellungen, Messebeteiligungen und die Bildung eines Firmenpools dazu, die deutsche Abwassertechnik in China besser bekannt zu machen.

Dependance in China im Aufbau
Für das Projekt zeichnete seit 1999 Prof. Dr.-Ing. Karlheinz Krauth und seit 2001 sein Nachfolger Prof. Dr.-Ing. Johannes Pinnekamp vom ISWA verantwortlich. Geschäftsführer war der chinesische Wissenschaftler Dr.-Ing. Guowen Yuan von der Abteilung Abwassertechnik des ISWA, der bei Prof. Krauth promoviert hat. Inzwischen ist Dr. Yuan nach China zurückgekehrt und hat mit einem chinesischen Partner eine Gesellschaft gegründet, die die Aufgaben des AKZA weiterführt und ausweitet. Eine Dependance vor Ort ist im Aufbau. Beteiligt sind die chinesische Gesellschaft für Bauausbildung, eine dem für die Abwassertechnik zuständigen Bauministerium untergeordnete Organisation, sowie die für die Stadtentwässerung zuständigen Ämter der Städte Shanghai und Qingdao. Viele Organisationen und Firmen unterstützen das Projekt, sei es durch Vorträge bei Seminaren, Informationsmaterial oder Führungen in deutschen Großanlagen. Besonders hervorzuheben ist dabei unter anderem die Kooperation mit dem Tiefbauamt der Stadt Stuttgart und der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall.

Demonstrationsklärwerk in Vorbereitung
Das Umweltministerium des Landes Baden-Württemburg hat im Jahr 2001 das Ausbildungszentrum mit der Erkundungsstudie zur Planung eines Demonstrationsklärwerks in der Provinz Liaoning beauftragt. Die Vorplanung für eine Demonstrationskläranlage in Fuxin in der Provinz Liaoning ist bereits fertiggestellt, 2004 soll die Anlage in Betrieb gehen.

Impulse für den Aufbau umweltverträglicher Strukturen
"Die Ausbildung von Abwasserfachleuten muss auch künftig weiter verfolgt und noch verstärkt werden", meint dazu Dr. Yuan. Das Projekt habe sicherlich Impulse für den Aufbau umweltverträglicher Strukturen in China geben können; angesichts der Dimension des Problems sei dies jedoch nur ein kleiner Beitrag.

Durch die Kurse in China und die Seminare für die Tiefbauamtsleiter in Deutschland konnte auch vermittelt werden, dass allein durch den Bau von Klärwerken kein nachhaltiger Gewässerschutz möglich ist. Um dies zu erreichen, ist auch eine Behandlung des Regenwassers notwendig. Die in Deutschland heute gebräuchliche Verfahrenstechnik wurde maßgeblich von Prof. Krauth mitentwickelt und den Randbedingungen in China angepasst. Der auf diesem Spezialgebiet weltweit führenden deutschen Industrie öffnet sich damit ein weiterer Markt in China.

KONTAKT
Prof. Dr.-Ing. Johannes Pinnekamp,
Deutsch-chinesisches Ausbildungszentrum für kommunale Abwasserbehandlung am Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft,
Bandtäle 2, 70569 Stuttgart,
Tel. 0711/685-3723,-5415,
Fax 0711/685-3729,
e-mail: pinnekamp@iswa.uni-stuttgart.de

 


llast change: 17.12.03 / hj
Pressestelle der Universität Stuttgart

Home           Inhalt           Suchen