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Stuttgarter unikurier Nr. 92 Dezember 2003
Unternehmen:
Wie kann man die Nachhaltigkeit messen?
 
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Seit den 90er Jahren fragen vermehrt private und institutionelle Anleger nach den Möglichkeiten einer "ethischen, ökologischen oder sozialen Geldanlage". Sie wollen nicht nur die erwartete Rendite zum Anlagekriterium machen, sondern auch bestimmte Verhaltensweisen der Unternehmen berücksichtigen. Auf den Finanzmärkten und den darum gruppierten Dienstleistern entstand damit eine völlig neue Informationsproduktion - das Nachhaltigkeits-Rating. Unternehmen mussten für die Aktienanlage nicht mehr nur auf Sicherheit und Rendite geprüft werden, sondern auch hinsichtlich der ethischen, ökologischen oder sozialen Unternehmensqualität. Einen aktuellen Überblick über die verschiedenen Ansätze zur Bewertung von Nachhaltigkeit in Unternehmen aus Geldanlegersicht liefert eine Studie des Betriebswirtschaftlichen Instituts der Universität Stuttgart, die unter der Leitung des Finanzwissenschaftlers Prof. Dr. Henry Schäfer soeben abgeschlossen wurde.

Die Studie stellt heraus, dass bei den existierenden Konzepten zur Prüfung der Nachhaltigkeit, wie sie Rating-Agenturen, bankinterne Analystenabteilungen und Aktienindexbetreiber einsetzen, ein einheitlicher oder auch nur genau definierter Kriterienkatalog bislang fehlt. Alle Konzepte entspringen zudem sehr unterschiedlichen, individuellen Motiven der Anbieter und auch sehr unterschiedlichen Vorstellungen von Nachhaltigkeit beziehungsweise von ethischem Handeln. Darüber hinaus weisen insbesondere die intensiv untersuchten Messungen sozialer oder kultureller Kriterien gegenüber vergleichbaren Methoden des finanzwirtschaftlichen Bereichs methodische Mängel auf.

So müssten etwa bei jeder Messung oder Bewertung die Bewertungsindikatoren und ihre Werte klar ausgewiesen sein und einer nachvollziehbaren Begründung standhalten. Dies gilt auch für Konzepte des Nachhaltigkeits-Ratings. Diesem Anspruch wurden die untersuchten Systeme nur eingeschränkt gerecht. Die Organisationen des Nachhaltigkeits-Ratings sind jedoch derzeit nicht bereit, detailliert Auskünfte über von ihnen zugrunde gelegte Grenzwerte bei einzelnen Nachhaltigkeitsindikatoren zu geben. Problematisch einzuordnen ist auch die Praxis, die einzelnen Bewertungen analog des Finanzratings zu einem einzigen Urteil zu verdichten. Die Heterogenität und fehlende Standardisierung des Erhebungsvorgangs von Nachhaltigkeit in den praktizierenden Rating-Institutionen machen einen Vergleich ihrer Ergebnisse Außenstehenden fast unmöglich. Die Entwicklung von einheitlichen Bewertungsverfahren für die Nachhaltigkeit ist noch nicht abgeschlossen. Die Studie sieht etliche Anhaltspunkte für die Einrichtung eines "Rating der Rater" im Nachhaltigkeitsbereich, um die Qualität der Informationen und Nachhaltigkeitsbeurteilungen zu überprüfen und zu sichern. Dies sei besonders deshalb wichtig, da der Markt für prinzipiengeleitete Kapitalanlagen sehr stark von der Übersichtlichkeit und Sicherheit der Informationen für die potentiellen Anleger abhängig ist. eng

KONTAKT
Prof. Dr. Henry Schäfer, Lehrstuhl
Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Finanzwirtschaft,
Tel. 0711/218460-01, 218460-00,
e-mail: h.schaefer@po.uni-stuttgart.de
 


llast change: 17.12.03 / hj
Pressestelle der Universität Stuttgart

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