Der erste Band einer Publikationsreihe
der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart*)
beschäftigt sich mit der Mentalität und Motivation der Täter, die im Osten, dort
wo der rassenideologisch begründete Weltanschauungs- und
Vernichtungskrieg stattfand, Hitlers Garten Eden schaffen
sollten. Corinna Werwigk-Hertneck, Justizministerin des
Landes Baden-Württemberg, sprach von dem Produkt einer
einzigartigen Kooperation zwischen Justizverwaltungen,
Archiven und der Geschichtswissenschaft, das Zeugnis davon
ablege, dass im Zuge juristischer Ermittlungen gesammelte Materialien
erstrangige wissenschaftliche Aufschlüsse über eines der
dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte erlauben.
Bislang unveröffentlichte Bilder und Erlebnisberichte aus
Täter-, Opfer- und Zuschauersicht haben die Herausgeber Dr.
Klaus-Michael Mallmann, der seit zwei Jahren die
Ludwigsburger Forschungsstelle leitet, sein Kollege Dr.
Volker Rieß und Prof. Dr. Wolfram Pyta, Lehrstuhlinhaber für
Neuere Geschichte der Uni Stuttgart, zusammengetragen und
aufbereitet. Es entstand eine eindrückliche Beschreibung des
ungeheuren Geschehens. Und Wolfram Pyta betonte: Die
Nazigräuel und die Ermordung osteuropäischer Juden waren
nicht nur das Werk einiger Vernichtungsexperten der SS,
sondern viele Mordaktionen waren die "Handarbeit" von "ganz
gewöhnlichen Deutschen". Gerade als Deutsche könne uns die
Täterforschung daher nicht "kalt lassen".
Das Buch richtet sich keineswegs nur an das Fachpublikum.
Auch für die Träger von Jugend- und
Erwachsenenbildungsstätten könnte es sehr interessant sein,
betont Klaus-Michael Mallmann, besonders im Hinblick auf die
immer geringere Anzahl von Zeitzeugen und der Tatsache, dass
das "Dritte Reich für die Jugendlichen ähnlich weit
zurückliegt wie die Kreuzzüge."
Für die nächsten Jahre kündigte Prof. Pyta eine
Fortsetzung der Publikationen an. So soll ein Sammelband
über nationalsozialistische Täterbiographien folgen, ein
weiterer, der sich mit der deutschen Besatzungszeit in Polen
als Inkubationsphase des Vernichtungskriegs beschäftigt, und
schließlich eine Monographie über die bislang wenig bekannte
Rolle der Waffen SS beim Holocaust.
Julia Alber
KONTAKT
Prof. Dr. Wolfram Pyta,
Lehrstuhl für Neuere Geschichte
der Universität Stuttgart,
Tel. 0711/121-3450, -3451, Fax
0711/121-2757,
e-mail: wolfram.pyta@po.hi.uni-stuttgart.de,
Dr. Klaus-Michael Mallmann, Dr. Volker Rieß,
Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart,
Tel.
07141/9138-19, -18, -33, Fax 07141/9138-32,
e-mail:
michael.mallmann@po.hi.uni-stuttgart.de,
volker.riess@po.hi.uni-stuttgart.de
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Informationen zur Forschungsstelle Ludwigsburg und den
Mitarbeitern finden Sie im Uni-Kurier Nr. 88, 2/2001.