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Stuttgarter unikurier Nr. 92 Dezember 2003
Neuentwicklungen aus dem Institut für Statik und
Dynamik der Luft- und Raumfahrtkonstruktionen

Mehrkörperluftschiffe und autonom fliegende Rettungsgleitschirme aus Stuttgart
Forscher der Universität Stuttgart unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Bernd Kröplin vom Institut für Statik und Dynamik der Luft- und Raumfahrtkonstruktionen (ISD) haben ein neuartiges Flugprinzip für Höhenplattformen entwickelt und erfolgreich bodennah erprobt. Damit ist im internationalen Vergleich ein einzigartiger Technologievorsprung entstanden, der sich direkt bei der vierten Mobilfunkgeneration umsetzen lässt. Hoch fliegende Plattformen sind international ein heiß umkämpftes Gebiet für neue Technologien. Als "Spin off" dieser Entwicklung ist ein autonomer Rescue-Gleitschirm entstanden, der punktgenau landen kann und an dem weltweit arbeitende Hilfsorganisationen großes Interesse zeigen. Im August stellte Prof. Kröplin die Neuentwicklungen der Öffentlichkeit vor.
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Als nächster Schritt soll der Prototyp des "Gliederwurms" seine Flugtauglichkeit in 5000 Metern Höhe unter Beweis stellen. (Foto: Institut)
Die Höhenplattform, eine rund 200 Meter lange, heliumgefüllte Gliederkette mit circa 23 Metern Durchmesser, deren Glieder alle mit eigenem Antrieb steuerbar sind, soll 2010 einsatzfähig sein und über Ballungszentren in 20 Kilometern Höhe als ortsstabile Relaisstation für Datenübertragungen und den Mobilfunk der vierten Generation dienen. Diese Entwicklung ging übrigens aus dem dafür 1999 verliehenen Körber-Preis hervor*). "Weit über die Ausbaustufe von UMTS hinaus werden Übertragungsraten von 100 Megabit pro Sekunde möglich sein", so Prof. Kröplin. Den großen Brockhaus könnte man dann beispielsweise statt wie bislang in 30 Stunden in zehn Sekunden übertragen. Und da bei der Höhenplattform weder Erdkabel noch Sendemasten benötigt werden, schätzt Kröplin die neue Technik "um den Faktor 100 billiger" und zudem umweltverträglicher ein.

Bei 2,5 Tonnen Eigengewicht wird die Plattform rund eine Tonne Nutzlast tragen können und auch einen Gleitschirm mit dabei haben, der die technischen Geräte für die Telekommunikation im Falle eines Defekts rettet. Aufgrund einer neu entwickelten elektronischen Steuerung kann der Gleitschirm seine Fracht bis auf vier Quadratmeter genau am vorgegebenen Ziel absetzen. Ganz unerwartet für die Forscher stieß diese ’Nebenentwicklung‘ auf großes Interesse - zunächst beim Militär, dann auch bei Rettungsorganisationen. Bedenkt man jedoch, dass bei Hilfsgüterabwürfen aus Flugzeugen über Krisengebieten bislang immer mit rund 30 Prozent Frachtverlust gerechnet wurde, wird dieses Interesse klar.

Trotz der guten Zukunftsperspektiven für den Gleitschirm haben Kröplin und seine Kollegen Sorgen, ob sich die Entwicklung der Höhenplattform in Deutschland realisieren lässt. Bis zu deren professioneller Anwendungsreife werden ca. 370 Millionen Euro benötigt. Der nächste Entwicklungsschritt wird auf sechs Millionen Euro beziffert. Damit soll mit dem derzeitigen Prototyp des Gliederwurms von 23 Metern Länge die Flugerprobung in 5000 Metern Höhe durchgeführt werden. Dies ist ein wichtiger Schritt, um den zur Zeit bestehenden Entwicklungsvorsprung des Projekts gegenüber USA und Japan zu erhalten.

Da sich die Politik in Finanzierungsfragen "sehr unbeweglich" zeigt, versucht Bernd Kröplin nun, Privatinvestoren zu gewinnen und ist optimistisch, diese auch zu finden. Er hofft damit, die Entwicklung der Höhenplattform weiterhin in Deutschland vorantreiben zu können. Julia Alber

KONTAKT
Prof. Dr.-Ing. Bernd Kröplin,
Institut für Statik und Dynamik der Luft- und Raumfahrtkonstruktionen,
Tel. 0711/685-3612,
Fax 0711/685-3706,
e-mail: office@isd.uni-stuttgart.de,

Regine C. Henschel, TAO Technologies,
Tel. 0172/6123432,
e-mail: Henscheltao@aol.com

*) Über den Körber-Preis haben wir im Stuttgarter unikurier Nr. 82/83, September 1999 berichtet.

 


llast change: 17.12.03 / hj
Pressestelle der Universität Stuttgart

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