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Stuttgarter unikurier Nr. 92 Dezember 2003
Netztechnologie für das Internet der Zukunft:
Moby Dick - Ein besonders mobiler Fisch
Am 16. Mai startete mit einer internationalen Veranstaltung am Rechenzentrum der Universität Stuttgart ein sechsmonatiger Feldversuch zwischen Madrid-Leganes und Stuttgart, dessen Ziel es ist, das Internet für jedermann mobil werden zu lassen, integriert durch das Internet-Protokoll der nächsten Generation "Mobile IPv6" und unabhängig von der Technik des zu Grunde liegenden einzelnen Netzwerks. Der Vorhabensgröße entsprechend hat auch das EU-Projekt, an dem Partner aus Deutschland, Spanien, Portugal, der Schweiz, Österreich, Polen und Singapur beteiligt sind, einen "großen" Namen: Moby Dick ("Mobility and Differentiated Services in a Future IP Network").
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In Zukunft, so die Idee der Wissenschaftler, sollen beispielsweise Privatpersonen die "Moby Dick Technologie" verwenden können, um mit dem Handy Ortsbeschreibungen von einer Wireless Ethernet Insel "downzuloaden". An Tankstellen könnte die Betriebssoftware der Autos "durch die Luft" auf den neuesten Stand gebracht werden und auch von einem Krankenwagen aus könnten die Daten des Patientenmonitors vorab zu den Ärzten ins Krankenhaus übertragen werden - sind also vor dem Kranken am Ziel und machen so schon erste Überlegungen zu dessen Behandlung möglich.

Das Vorhaben bringt Firmen und Forschungsinstitute zusammen, die Erfahrung haben mit der Telekommunikation, mit Internettechnologien und Netzwerken. Für die jetzt anlaufende Erprobungsphase wurden "freundliche Leute gesucht, die gerne mit ihren Notebooks spielen", so Hans J. Einsiedler, Moby Dick Projektleiter von der Deutschen Telekom. Gefunden wurden SOCRATES-ERASMUS-Studierende der Universitäten Carlos III de Madrid und Stuttgart, die nun im Rahmen ihrer Diplomarbeiten in Elektrotechnik oder Informatik das neue Netz sowohl untersuchen als auch praktisch nutzen. Betreut werden die Arbeiten auf Stuttgarter Seite am Institut für Kommunikationsnetze und Rechnersysteme von Prof. Paul J. Kühn und am Rechenzentrum von Jürgen Jähnert von der Gruppe Kommunikationssysteme.

Nach der Begrüßung der zahlreichen Veranstaltungsteilnehmer durch Uni-Rektor Prof. Dr. Dieter Fritsch ging Richard Hell von DaimlerChrysler auf die Visionen einer mobilen Welt von Seiten der Automobilhersteller ein. Neben der Möglichkeit, per Handy oder Laptop über weite Strecken Funktionszustände des Autos abzufragen, steht die Kommunikation von Auto zu Auto ganz im Vordergrund der Zukunftsüberlegungen. So könnten Unfälle vermieden werden, bei denen die Fahrer selbst nicht schnell genug reagieren können. Für alle neuen Techniken gelte aus Kundensicht aber immer: Weniger ist mehr, und leicht zu handhaben muss es sein, sonst fehlt die Akzeptanz.

War früher noch ein Computer für mehrere Personen da, so hat heute meist eine Person mehrere Computer. Immer billiger und kleiner werden sie, finden sich gar in Uhren oder bald in der Kleidung und bilden ein zur Person gehöriges System - ein enormer Wandel hat sich da in kurzer Zeit vollzogen, sagte Prof. Dr. Kurt Rothermel vom Institut für Parallele und Verteilte Systeme der Uni Stuttgart. Und es gibt immer noch viel zu tun, denn ob bei digitalen Leitsystemen oder der Lichtregulierung in Gebäuden - abhängig von der Bewegung der Bewohner, damit das "Personal Area Network" optimal arbeiten kann - ist als Modell die möglichst exakte Nachbildung der realen Welt gefragt, und das macht Arbeit.

Viel Arbeit, das haben auch die Wissenschaftler vom Moby Dick Partner Institut Eurécom (Sophia Antipolis, Frankreich), dessen Leiter der Mobilkommunikation, Prof. Christian Bonnet, über das von ihnen entwickelte UMTS-artige Funknetz berichtete, das auf Stuttgarter Seite neben dem drahtlosen Ethernet (WILAN) Teil des Testbeds ist. Die benötigten Frequenzen wurden von T-Mobile in einem bislang nicht genutzten Teil des UMTS-Spektrums bereitgestellt: Das macht das Moby Dick Testbed in Deutschland zu einer bislang einmaligen Sache.

Unter Leitung der Deutschen Telekom sind an dem von 2001 bis 2003 laufenden Projekt Moby Dick beteiligt: NEC Laboratories (Heidelberg), Universität Carlos III de Madrid (Madrid-Leganes), ETH Zürich, Universität Stuttgart, Fraunhofer Institut FOKUS (Berlin), Portugal Telecom Inovacao (Portugal), Motorola (Frankreich), Institut Eurecom (Frankreich), Universität Krakow (Polen) sowie die Firmen FTW (Österreich) und I2R (Singapore). Julia Alber

KONTAKT
Paul Christ,
Rechenzentrum der Universität Stuttgart
Tel. 0711/685-2515,
e-mail: christ@rus.uni-stuttgart.de, jaehnert@rus.uni-stuttgart.de
http://www-ks.rus.uni-stuttgart.de/Events/030516_MobyDick-Summit/index.html

 


llast change: 17.12.03 / hj
Pressestelle der Universität Stuttgart

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