Am 16. Mai startete
mit einer internationalen Veranstaltung am Rechenzentrum der
Universität Stuttgart ein sechsmonatiger Feldversuch
zwischen Madrid-Leganes und Stuttgart, dessen Ziel es ist,
das Internet für jedermann mobil werden zu lassen,
integriert durch das Internet-Protokoll der nächsten
Generation "Mobile IPv6" und unabhängig von der Technik des
zu Grunde liegenden einzelnen Netzwerks. Der Vorhabensgröße
entsprechend hat auch das EU-Projekt, an dem Partner aus
Deutschland, Spanien, Portugal, der Schweiz, Österreich,
Polen und Singapur beteiligt sind, einen "großen" Namen:
Moby Dick ("Mobility and Differentiated Services in a Future
IP Network"). |
In Zukunft, so die Idee der
Wissenschaftler, sollen beispielsweise Privatpersonen die
"Moby Dick Technologie" verwenden können, um mit dem
Handy Ortsbeschreibungen von einer Wireless Ethernet
Insel "downzuloaden". An Tankstellen könnte die
Betriebssoftware der Autos "durch die Luft" auf den
neuesten Stand gebracht werden und auch von einem
Krankenwagen aus könnten die Daten des Patientenmonitors
vorab zu den Ärzten ins Krankenhaus übertragen werden -
sind also vor dem Kranken am Ziel und machen so schon
erste Überlegungen zu dessen Behandlung möglich.
Das Vorhaben bringt Firmen und Forschungsinstitute
zusammen, die Erfahrung haben mit der Telekommunikation, mit
Internettechnologien und Netzwerken. Für die jetzt
anlaufende Erprobungsphase wurden "freundliche Leute
gesucht, die gerne mit ihren Notebooks spielen", so Hans J.
Einsiedler, Moby Dick Projektleiter von der Deutschen
Telekom. Gefunden wurden SOCRATES-ERASMUS-Studierende der
Universitäten Carlos III de Madrid und Stuttgart, die nun im
Rahmen ihrer Diplomarbeiten in Elektrotechnik oder
Informatik das neue Netz sowohl untersuchen als auch
praktisch nutzen. Betreut werden die Arbeiten auf
Stuttgarter Seite am Institut für Kommunikationsnetze und
Rechnersysteme von Prof. Paul J. Kühn und am Rechenzentrum
von Jürgen Jähnert von der Gruppe Kommunikationssysteme.
Nach der Begrüßung der zahlreichen
Veranstaltungsteilnehmer durch Uni-Rektor Prof. Dr. Dieter
Fritsch ging Richard Hell von DaimlerChrysler auf die
Visionen einer mobilen Welt von Seiten der
Automobilhersteller ein. Neben der Möglichkeit, per Handy
oder Laptop über weite Strecken Funktionszustände des Autos
abzufragen, steht die Kommunikation von Auto zu Auto ganz im
Vordergrund der Zukunftsüberlegungen. So könnten Unfälle
vermieden werden, bei denen die Fahrer selbst nicht schnell
genug reagieren können. Für alle neuen Techniken gelte aus
Kundensicht aber immer: Weniger ist mehr, und leicht zu
handhaben muss es sein, sonst fehlt die Akzeptanz.
War früher noch ein Computer für mehrere Personen da, so
hat heute meist eine Person mehrere Computer. Immer billiger
und kleiner werden sie, finden sich gar in Uhren oder bald
in der Kleidung und bilden ein zur Person gehöriges System -
ein enormer Wandel hat sich da in kurzer Zeit vollzogen,
sagte Prof. Dr. Kurt Rothermel vom Institut für Parallele
und Verteilte Systeme der Uni Stuttgart. Und es gibt immer
noch viel zu tun, denn ob bei digitalen Leitsystemen oder
der Lichtregulierung in Gebäuden - abhängig von der Bewegung
der Bewohner, damit das "Personal Area Network" optimal
arbeiten kann - ist als Modell die möglichst exakte
Nachbildung der realen Welt gefragt, und das macht Arbeit.
Viel Arbeit, das haben auch die Wissenschaftler vom Moby
Dick Partner Institut Eurécom (Sophia Antipolis,
Frankreich), dessen Leiter der Mobilkommunikation, Prof.
Christian Bonnet, über das von ihnen entwickelte UMTS-artige
Funknetz berichtete, das auf Stuttgarter Seite neben dem
drahtlosen Ethernet (WILAN) Teil des Testbeds ist. Die
benötigten Frequenzen wurden von T-Mobile in einem bislang
nicht genutzten Teil des UMTS-Spektrums bereitgestellt: Das
macht das Moby Dick Testbed in Deutschland zu einer bislang
einmaligen Sache.
Unter Leitung der Deutschen Telekom sind an dem von 2001
bis 2003 laufenden Projekt Moby Dick beteiligt: NEC
Laboratories (Heidelberg), Universität Carlos III de Madrid
(Madrid-Leganes), ETH Zürich, Universität Stuttgart,
Fraunhofer Institut FOKUS (Berlin), Portugal Telecom
Inovacao (Portugal), Motorola (Frankreich), Institut Eurecom
(Frankreich), Universität Krakow (Polen) sowie die Firmen
FTW (Österreich) und I2R (Singapore). Julia Alber
KONTAKT
Paul Christ,
Rechenzentrum der Universität Stuttgart
Tel. 0711/685-2515,
e-mail: christ@rus.uni-stuttgart.de,
jaehnert@rus.uni-stuttgart.de
http://www-ks.rus.uni-stuttgart.de/Events/030516_MobyDick-Summit/index.html
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