"Unsere Zielgruppe haben wir erreicht,
rund 95 Prozent der Teilnehmer kommen von der Uni
Stuttgart", konnte Gabriele Schaub vermelden. Viele, die
sich selbstständig machen wollen, sammeln zwar Prospekte, um
sich zu informieren, so die Geschäftsführerin der
Koordinierungsstelle für Wissenschaftliche Weiterbildung (KWW),
doch die wenigsten wissen um das komplette Beratungsangebot
oder denken gar, eine Erfindung sei Voraussetzung für die
Existenzgründung. Der ganze Dienstleistungssektor wird
meistens vergessen. Wie viele Möglichkeiten es gibt, sich
auf die eigenen Unternehmerbeine zu stellen, zeigten die
zehn moderierten Kleingruppen beim Existenzgründertag. Es
gab: Journalisten- und Übersetzungsbüros, eine fliegende
Plattform zur Beobachtung bewegter Objekte,
Personaldienstleistungen für kleinere und mittlere
Unternehmen, Ingenieurdienstleistungen zur
Ressourcenoptimierung, wissenschaftliche- oder
Informatik-Dienstleistungen, eine Billigfluglinie, deutsches
Know-how für Chinas Umwelt sowie eine Franchise-Übernahme.
Alle Phasen einer Gründung erleben
Hart wurde in den Gruppen an einem konkreten
Unternehmenskonzept gearbeitet: "Interdisziplinär, das muss
drin sein, das zeigt mehr Vielfalt", "Ganzheitlich, klingt
das nicht zu esoterisch?", "Würdet ihr das Unternehmen jetzt
wirklich so verwirklichen, wenn das Geld da wäre?",
"Ingenieur, das sollte schon stehen bleiben!", "Unbemannt
ist von der Versicherungsseite her besser" ... Dazwischen
referierten Fachleute zu Themen wie Schutzrechte,
Finanzierung, Förderprogramme, Marketing und
Projektmanagement. So konnten die potenziellen
Existenzgründer alle Phasen einer Gründung kennen lernen und
erfuhren auch von möglichen Ansprechpartnern. So gibt es zum
Beispiel an der Universität Stuttgart pro Fakultät einen
Gründungsbeauftragten.
Weiterer Schritt in die Selbstständigkeit
"Alle aus der Gruppe wollten zu den Referaten", erzählt
Moderator Nasser Jazdi vom Institut für Automatisierungs-
und Softwaretechnik. Da war Überzeugungsarbeit gefragt, denn
es sollten immer nur einzelne Teilnehmer zu den Referaten
und die neuen Erkenntnisse dann in die Gruppe einbringen.
Auch R.
hätte gerne alle Referate besucht. Um die Überlegungen für
ihre eigene Firma zu konkretisieren, zu hinterfragen und
einen weiteren Schritt voranzukommen hat ihr der Tag aber
trotzdem geholfen, ist sie überzeugt. Da kann ihr
Gruppenkollege Wolfgang Langhof nur zustimmen. Wenn er seine
Promotion abgeschlossen hat, könnte sich der Luft- und
Raumfahrtingenieur vorstellen, ein Beratungsbüro für
technische Abläufe zu gründen.
Attraktiver Preis für erstplazierte Gruppe
Bei der abschließenden Vernissage und Bewertung der
Arbeitsergebnisse im Foyer der Tiefenhörsäle in der
Keplerstraße hatte Thomas Stark, der am Institut für
Baukonstruktion II gerade seine Doktorarbeit abgegeben hat,
allen Grund zum Feiern - er gehörte der erstplazierten
Gruppe an, dem "Ingenieurbüro für Energie- und
Wassermanagement", und kommt nun in den Genuss eines
Coaching durch die Firma Marketing Company. "Besser hätte
der Tag nicht laufen können", findet der Architekt, der sich
mit Solararchitektur beschäftigt, und seinen Schritt in die
Selbstständigkeit schon immer im Team angehen wollte. Seine
interdisziplinär zusammengesetzte Gruppe wäre wohl auch mit
dabei, das jetzt erarbeitete in die Tat umzusetzen, also
beste Aussichten für ihn.
Durchhaltevermögen ist gefordert
Für die "Wissenschaftlichen Dienstleistungen" der kleinen
Dreiergruppe um Dr. Achim Gusko gab es leider keinen Preis.
Trotzdem, so findet der Physiker, der an der
Materialprüfungsanstalt arbeitet, hat ihm der Tag einige
neue Erkenntnisse gebracht und den Kontakt zu
Gleichgesinnten. Mit seinem Team will er sich auf alle Fälle
wieder treffen und das Firmenkonzept ausarbeiten - an der
Idee dran bleiben ist das A und O. Das bestätigten auch
zwei, die es geschafft haben: Benedetto Risio von der Recom
Services GmbH und Jochen Bauer von Inside Security IT
Consulting GmbH machten den Gründungswilligen zwar Mut,
mahnten aber auch, dass es - ob erster Kunde oder erstes Gehalt - durchaus Durststrecken bis zu einem Jahr
geben kann.
Erfolgreiche Bilanz
Für Professor Dr. Bernd Bertsche, Gründungsbeauftragter
der Fakultät Maschinenbau und Geschäftsführer der
Technologie-Transfer-Initiative GmbH (TTI), steht fest: "Auf
Grund der großen Resonanz wird es sehr wahrscheinlich einen
zweiten Existenzgründertag geben". Auch die fünfjährige
Arbeit der TTI zeigt: An der Universität Stuttgart gibt es
viele, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen - und
das mit großem Erfolg, denn von über 150
Unternehmensgründungen existieren heute noch 95 Prozent,
zeigen die Daten von Gertrud Kneuer von der TTI GmbH.
Julia Alber
Eindrücke vom Existenzgründertag unter:
www.uni-stuttgart.de/ gruendertag.