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Hans-Peter
Röser. |
Der Kollege, den Rektor Professor Dieter Fritsch im Internationalen Begegnungszentrum „im Club
willkommen" hieß, ist kein ganz neues Gesicht mehr. Schon zu Beginn des Wintersemesters nahm
Röser sein Amt als Nachfolger von Professor Ernst Messerschmid auf. Zuvor verschaffte er sich bei Lehrstuhlvertretungen am IRS einen Eindruck, wie es um Forschung und Kultur in Stuttgart bestellt ist.
Mit der Berufung Rösers, der bisher Direktor am Institut für Weltraumsensorik und Planetenerkundung beim Deutschen Zentrum
für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin war und gleichzeitig an der TU Berlin eine Professur
für das Fachgebiet Weltraumsensorik hatte, bekommt die Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart eine neue fachliche Dimension.
Start für Stuttgarter Kleinsatellitenprogramm
Rösers Schwerpunkt ist die Raumfahrtanwendung, und hier hat er sich einiges vorgenommen.
Pünktlich zu seiner Amtseinsetzung startete das IRS ein Kleinsatellitenprogramm, das die Entwicklung und den Betrieb eigener Satelliten beinhaltet. Fortschritte in der Mikroelektronik, der Nanotechnologie und der Materialkunde haben auf diesem Terrain in
jüngster Zeit einen Quantensprung bewirkt. Ein Modell, das zum Start
enthüllt wurde, verdeutlicht dies: Haben bisherige Satelliten ein Gewicht von bis zu acht Tonnen, so bringen diese „fliegenden
Laptops" weniger als 100 Kilogramm auf die Waage und haben gerade die Größe eines Fernsehapparates. Selbst Mikrosatelliten mit einem Gewicht von nur noch 50 Kilo sind keine ferne Vision mehr.
Mit ihren vergleichsweise mikroskopischen Dimensionen sind diese Satelliten zwar eine Herausforderung, stellte Professor
Röser in seiner Antrittsvorlesung über die Grenzen und Potentiale von Kleinsatelliten fest, dennoch
gehört ihnen die Zukunft. Mikrosatelliten haben eine Entwicklungszeit von nur ein bis drei Jahren und sind deutlich
kostengünstiger als die bisherigen Großsatelliten. Das macht sie flexibel: So
können neue Technologien kurzfristig ausprobiert werden und die Forschung kann schnell auf unvorhergesehene
Veränderungen auf dem Erdball reagieren.
Chance für Studierende
Auch für Studierende sind die preiswerten Satelliten eine Chance,
ermöglichen sie doch Einsichten in Subsysteme großer Satelliteneinheiten. Schon jetzt enwickelten Studierende einzelne Bauteile. „Eines
Tages" schmunzelte Röser, „bauen Studenten ihr eigenes
Raumschiff."
Zur Steuerung der Kleinsatelliten und für den Datenempfang wird in Stuttgart auch eine autonome Bodenstation aufgebaut. „Damit wird die Uni zur wichtigsten Stelle bei der Entwicklung von Kleinsatelliten und spielt auch in der Kooperation mit der Industrie global eine wichtige
Rolle," ist Röser zuversichtlich. Um dies auch nach
außen zu vermitteln, setzt er sich für das zukünftige Raumfahrtzentrum
Baden-Württemberg ein. Geplant ist ein Forum für Industrie, Wissenschaft, Wirtschaft und Schulen sowie eine Ausstellungsgalerie, in der Besucher selbst experimenten
können.
Auch die deutschen Anteile an der Entwicklung des
Stratosphärenobservatoriums SOFIA möchte Röser, der Sprecher des deutschen SOFIA-Teams ist, nach Stuttgart holen. Das
Kürzel steht für Stratospheric Observatory For Infrared Astronomy. Was sich dahinter verbirgt,
erläuterte Professor Eric Becklin von der amerikanischen Wissenschaftsorganisation USRA: Eine umgebaute Boing 747, die ab dem Jahr 2005 in
große Höhen aufsteigen soll. An Bord hat das Flugzeug ein 2,7 Meter-Teleskop, von dem sich die Wissenschaftler bisher nicht
mögliche Einblicke ins All versprechen.
Rückschläge sind überwindbar
Ansonsten geriet das von Prodekan Professor Alfred Kleusberg moderierte Kolloquium zu einem facettenreichen Spaziergang durch die Weltraumforschung. Diese befindet sich nach einer Reihe von
Rückschlägen derzeit allerdings in schwerem Fahrwasser. Astronaut Reinhold Ewald von der ESA informierte
über die aktuellen Probleme der Internationalen Raumstation ISS nach dem Absturz der
Weltraumfähre Columbia. Eindringlich appellierte er, die Arbeiten an der ISS
weiterzuführen. „In das Projekt sind so viel Know-how, Energie und Enthusiasmus geflossen, dass es eine Verschwendung
wäre, die ISS nicht fertig zu bauen."
Um aktuelle Erdbeobachtungssysteme ging es in dem Vortrag von Andreas Lindenthal, Direktor
für Erdbeobachtung und Wissenschaft bei der Friedrichshafener Astrium GmbH. Was diese Systeme leisten, ist auch Otto-Normalverbraucher bewusst, seit der Wettersatellit Meteosat 1980 die ersten Tiefdruckgebiete
über deutsche Fernsehschirme ziehen ließ. Ergänzt werden sie inzwischen durch Forschungssatelliten, die Packeisbewegungen untersuchen, dreidimensionale Windprofile erstellen oder der Meeresverschmutzung auf die Spur kommen.
Damit all die Satelliten den Weg in die Umlaufbahn finden, spielt das
europäische Transportsystem Ariane eine zentrale Rolle. Doch dieses steckt - nicht erst seit dem fehlerhaften Flug einer Ariane V im Dezember 2002 - gleich von mehreren Seiten in der Klemme, wie Professor Wolfgang Koschel vom DLR berichtete. Aufgrund der aktuellen Wirtschaftskrise brach der Auftragseingang
für kommerzielle Satellitentransporte deutlich ein. Andererseits werden die Satelliten immer schwerer. Wirtschaftliche Doppelstarts mit zwei Satelliten, die der Ariane V eigentlich einen Wettbewerbsvorteil sichern sollten, werden dadurch immer seltener
möglich. Als Ausweg aus dem Dilemma müsse die
Nutzlastkapazität der Ariane weiterentwickelt werden, forderte Koschel mit Nachdruck: „Das Potential dazu hat
sie." /Andrea Mayer-Grenu
KONTAKT
Prof. Dr. Hans-Peter Röser, Institut für Raumfahrtsysteme,
Pfaffenwaldring 31, 70569 Stuttgart,
Tel. 0711/685-2376, -2375,
Fax 0711/685-3596,
e-mail: sekretariat@irs.uni-stuttgart.de
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