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Stuttgarter unikurier Nr. 91 April 2003
Auf dem Weg zu Buckelwalen und Eisbergen: 
Biologiestudenten bereiten sich auf 
Grönlandexpedition vor - Start ist Ende Juli

Für sechs Studentinnen und vier Studenten des Studiengangs Technische Biologie dürfte dieses Jahr spannend werden: Sie werden unter Leitung von Dr. Michael Nickel vom Biologischen Institut vom 30. Juli bis zum 23. August 2003 bei einer polarbiologischen Expedition die grönländische Arktis kennenlernen und eigene Forschungsarbeiten durchführen. Die Gruppe nutzte ein spätwinterliches Wochenende in Reutte in Tirol zur Vorbereitung: es ging um Hintergrundinformationen, Materialtests und die Planung des Materialbedarfs.
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Die Schwerpunkte liegen auf den marinen, bodenlebenden Organismen, den Organismen der Bäche, Tümpel und Seen sowie der arktischen Pflanzengemeinschaften mit den dort vorkommenden Insekten und Spinnentieren. An den drei Hauptstationen der Expedition in Westgrönland wird die Stuttgarter Gruppe zu diesen Themen vergleichende Untersuchungen durchführen. Auch mit der vielfältigen arktischen Fisch- und Vogelwelt, den Walen und Robben in den Gewässern vor Westgrönland und den Säugetieren des hohen Nordens werden sich die Expeditionsteilnehmer beschäftigen. Dabei werden den Teilnehmern Buckelwale, Ringelrobben, Seewölfe, Seeadler, Polarfüchse und Moschusochsen begegnen

Land und Leute

  Einen ersten Vorgeschmack auf die Expedition erhielten die Nachwuchsforscher bei einem Vorbereitungswochenende in Reutte in Tirol im Spätwinter. (Foto: Michael Nickel)


Im Rahmenprogramm der Expedition geht es um das Land, um Politik und Ökonomie und um die Lebensbedingungen der Einwohner. Grönland ist mit zwei Millionen Quadratkilometern eine der größten Inseln der Erde. Politisch zu Dänemark gehörend hat sich in den letzten Jahrzehnten eine von den Inuit geführte Selbstverwaltung etabliert. Trotz der enormen Größe des Landes leben nur knapp 60.000 Menschen in Grönland. Für fundachtzig Prozent der Fläche ist permanent von Eis bedeckt. Die im Sommer schnee- und eisfreien Landflächen entsprechen etwa der Fläche der Bundesrepublik. Die Bevölkerung konzentriert sich heutzutage in wenigen kleinen Städten und Siedlungen. Eine Ausnahme ist die Hauptstadt Nuuk mit etwa 16.000 Menschen. Die Entfernungen in Grönland sind enorm, und es existieren keine Landverbindungen zwischen den Städten. Hauptverkehrsmittel sind Schiffe, Flugzeuge und Helikopter.

Start in Kangerlussuaq
Die Expedition wird sich Ende Juli 2003 in Kangerlussuaq, einem ehemaligen amerikanischen Stützpunkt nördlich des Polarkreises, akklimatisieren und erste Untersuchungen durchführen. Im Blickpunkt der Teilnehmer sind dabei auch die landschaftsformenden Kräfte des Inlandeises, das sich in nur 25 Kilometern Entfernung als 50 bis 70 m hohe Wand aufbaut. Etwas südlicher, in Maniitsoq, wird die Expedition zu Gast in einer Fischereischule sein. Dort beginnen die Untersuchungen arktischer Meerestiere. Die Teilnehmer lernen die Schärenlandschaft kennen und werden die ersten Kontakte mit Buckelwalen haben, die zahlreich in der Gegend vorkommen. Landschaftlich spektakulräre Fjorde sind die Heimat riesiger Vogelkolonien, in denen verschiedene M?enarten, Alke und teilweise Papageientaucher brüten. Seeadler beherrschen dort riesige Reviere. 

Eisbergen auf der Spur
Mit dem Küstenschiff überquert die Expedition dann erneut den Polarkreis nach Norden und steuert die Disko-Bucht an. In dieser Region sind die produktivsten Gletscher der nördlichen Hemisphäre zu finden. Riesige Eisberge machen sich hier auf ihre lange Reise durch den Atlantik. Die majestätischen Eisriesen beeinflussen das marine Ökosystem der Diskobucht entscheidend. Der Eintrag von Schmelzwasser und Nährstoffen führt zu einer enormen Vielfalt an Leben. Als Stützpunkt wird die Arktische Forschungsstation der Universität Kopenhagen auf der Insel Disko dienen. Doch nicht nur unter Wasser bieten sich den Nachwuchswissenschaftlern Ansatzpunkte für ihre Untersuchungen. Die Insel selbst ist vulkanischen Ursprungs, und die vorhandene geotherme Energie beschert mit über 10.000 Quellen auf der Insel eine konstante Temperatur von zwei bis acht Grad Celsius. In und um diese Quellen hat sich eine faszinierende Flora und Fauna etabliert, die ansonsten so weit im Norden nicht anzutreffen ist.

Wo „Fräulein Smilla" den Schnee spürte
Der Helikopter bringt die Teilnehmer schließlich zurück ans Festland. In Ilulissat, dem Drehort von „Fräulein Smillas Gespür für Schnee",  verbringt die Stuttgarter Gruppe den letzten Tag vor dem Rückflug. Gerade Zeit genug, um noch das Naturwunder des Jakobshavn Eisfjords zu erleben. Der zugehörige Gletscher produziert die größten Eisberge auf der Nordhalbkugel. Mit enormem Druck werden unvorstellbare Eismassen durch den 40 Kilometer langen Fjord gedrückt, wo sie an der Mündungsschwelle auflaufen und unter Krachen und Bersten darüber geschoben werden. In der letzten Augustwoche kehrt die Gruppe über Kopenhagen nach Stuttgart zurück. 
Die Stuttgarter Wissenschaftler suchen noch Sponsoren, die einzelne Teile der Unternehmung unterstützen. Ausführliche Informationen zur Expedition unter www.groenland2003.de

KONTAKT
Dr. Michael Nickel, Biologisches Institut der Universität Stuttgart, Abteilung Zoologie, 
Pfaffenwaldring 57, 70569 Stuttgart, 
info@groenland2003.de oder 
michael.nickel@po.uni-stuttgart.de

Tel. 0711/685-5084, Fax 0711/685-5096

 


last change: 20.07.03 / hj
Pressestelle der Universität Stuttgart

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