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Stuttgarter unikurier Nr. 91 April 2003
Ein Leben für die Wasserforschung:
Helmut Kobus verabschiedet

Den „Abgang eines Flottenadmirals vom dienstlichen Schlachtschiff“ würdigten im November die Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften und das Institut für Wasserbau: Gemeint war Institutsleiter Professor Helmut Kobus, der nach 50 Semestern feierlich verabschiedet wurde. Der militärisch angehauchte Vergleich, den Fakultätsdekan Professor Wolfram Ressel zur Begrüßung der rund 300 Gäste aus dem In- und Ausland zog, brachte das Lebenswerk des seit 1977 in Stuttgart tätigen Wissenschaftlers auf den Punkt: Das Element von Professor Kobus ist das Wasser, und für die Wasserforschung hat sich der Inhaber des Lehrstuhls für Hydraulik und Grundwasser weit über die Landesgrenzen hinaus engagiert. 
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Helmut Kobus 

Als pragmatischen und durchset-zungsfähigen Strategen lernte ihn auch Professor Dieter Fritsch kennen: Schmunzelnd erinnerte sich der Rektor an die Zusammenarbeit in verschiedenen Unigremien, wo Kobus nicht locker ließ, wenn es darum ging, die Internationalisierung der Universität voranzubringen. „Sie waren eine aktive Persönlichkeit des universitären Lebens”, dankte Fritsch dem Professor, auf dessen Initiative sowohl die Schaffung der bundesweit einmaligen „Versuchseinrichtung zur Grundwasser- und Altlastensanierung“ (VEGAS) als auch die Einrichtung des auslandsorientierten Masterstudiengangs „Water Resources Engineering and Management“ (WAREM) zurückgehen.

Wissenschaftler und Berater
Mit Kobus geht ein weithin anerkannter Wissenschaftler: Nahezu 200 Publikationen entstammen seiner Feder, dazu kommen zahllose Vorträge und Forschungsaufenthalte in aller Welt. Die Universitäten Karlsruhe und Bukarest verliehen ihm die Ehrendoktorwürde, an der chinesischen Universität 
Sichuan ist er Ehrenprofessor. Zwölf Jahre hatte Kobus den Vorsitz der Senatskommission für Wasserforschung in der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) inne, von 1995 bis 1999 war er Präsident der weltweit angesehenen wissenschaftlichen Vereinigung „International Association of Hydraulic Engineering and Research“ (IAHR). Er trieb den Aufbau einer „European Engineering Graduate School Environment Water“ (EGW) mit 25 Partneruniversitäten voran. Doch auch bei Bauvorhaben wie Stuttgart 21 ist der Rat von Professor Kobus gefragt. „Ich wünschte, bei Großprojekten wären alle Probleme so profund aufbereitet wie die der Wasserwirtschaft”, würdigte Regierungspräsident Dr. Udo Andriof den Landesgutachter.

Das Element, für dessen Erforschung Professor Kobus gelobt wurde, fließt quasi selbstverständlich aus der Leitung und ist doch eine der größten Herausforderungen des nächsten Jahrtausends: „Sauberes Wasser ist der Grundpfeiler für Gesundheit und Wohlstand”, betonte Professor Andras Szöllösi-Nagy. Es sei mit Kobus´ Verdienst, so der Direktor für internationale Hydrologische Programme bei der UNESCO, diese Problematik global bewusst gemacht zu haben. Das International Program on Water Education der UNESCO hat der Stuttgarter maßgeblich mitgestaltet. 

Das Problem Wasserverfügbarkeit
Wie auch künftige Generationen mit sauberem Trinkwasser versorgt werden können, stellte Professor Kobus in den Mittelpunkt seiner Abschiedsvorlesung. Die Hälfte der Erdbevölkerung lebt in Regionen ohne Abwassersysteme, 95 Prozent der Städte besitzen keine Kläranlagen. Immer mehr Süßwasserressourcen werden verschmutzt und können für die Wasserversorgung nicht mehr direkt genutzt werden. Die Wasservorräte im hydrologischen Kreislauf der Erde sind aber nicht vermehrbar, während der Wasserbedarf stark ansteigt. „Wenn wir so weitermachen, wird in 40 Jahren theoretisch jeder Regentropfen einmal genutzt.” 

In Europa ist das Problem der Wasserverfügbarkeit zwar kleiner, doch Altlastensanierung, Renaturierung von Gewässern und der Hochwasserschutz sind hier große Aufgaben. Diese sind nur über Ländergrenzen hinweg zu lösen. „Der Paradigmenwechsel in der Wasserwirtschaft weg von der isolierten lokalen Sicht hin zu einer integralen Betrachtung des Gesamtsystems ist in vollem Gange”, unterstrich Kobus. Effiziente Lösungen können jedoch nur entwickelt werden, wenn weltweit gut ausgebildetes Personal zur Verfügung steht. Hier sind die Universitäten mit ihren auslandsorientierten Studienangeboten gefordert, obwohl gerade diese vom Sparzwang besonders hart getroffen werden. Die spezifische Schlüsselaufgabe der Unis, innovative Forschung voranzubringen und qualifizierte Spitzenkräfte auszubilden, könne nur mit einer soliden Grundfinanzierung wahrgenommen werden. Mittelfristig führe daher an Studiengebühren kein Weg vorbei.

Institut gut aufgestellt
Seit der Berufung von Professor Kobus hat das Institut für Wasserbau eine dynamische Entwicklung durchlaufen, wobei der Personalstand des Lehrstuhls in den letzten 25 Jahren um den Faktor 10 gewachsen ist. Durch strukturelle Änderungen konnte trotz Sparmaßnahmen und Solidarpakt eine zukunftsorientierte Struktur realisiert werden. Hierfür wurden die Weichen frühzeitig gestellt. Bereits vor zwei Jahren nahm Professor Rainer Helmig seine Tätigkeit als „vorgezogener Nachfolger“ von Professor Kobus auf. Bewusst ging hiermit eine Verschiebung der Gewichte von der experimentellen Forschung hin zur Hydrosystemmodellierung einher. Gleichzeitig wurde ein neuer Lehrstuhl für Hydrologie und Geohydrologie geschaffen. Gemeinsam mit dem Nachbarlehrstuhl für Wasserbau und Wassermengenwirtschaft ist das Institut für Wasserbau insgesamt für eine international orientierte Forschung und Ausbildung gut aufgestellt.  /Andrea Mayer-Grenu/uk


last change: 20.07.03 / hj
Pressestelle der Universität Stuttgart

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