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Stuttgarter unikurier Nr. 91 April 2003
Studenten bauen sich ein Begegnungszentrum:
Von der Utopie zum Unitop
 
230 Ein trüber Herbsttag auf dem Vaihinger Campus. Auf einer Baustelle zwischen dem Zentrum für Bioverfahrenstechnik und dem „Bauhäusle“ herrscht ein für diese Jahreszeit ungewöhnlich eifriges Treiben. „Kannst du das mal eben ausmessen“, „Wo ist denn der Hammer?“, schallt es über die Baustelle. Rund 30 Bauleute, alle in den gleichen gelben Regenmänteln und mit Helm, sind in verschiedenen Gruppen beschäftigt. Sie stellen Wandelemente aus Holz auf, andere bearbeiten die Holzelemente. Man hört es bohren und sägen. Hier bauen Studenten das „Unitop“, die neue studentische Begegnungsstätte als Ersatz für das Uni-Thekle. Dieses Haus bringt schon eine eigene Geschichte mit, noch ehe es ganz fertig ist.
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Ende Juli im Sommer 2002. Die Studenten vom Uni-Thekle suchen nach einem neuen Quartier für das von Studenten für Studenten betriebene Lokal. Denn schon lange steht fest, dass das Uni-Thekle dem Neubau für das Internationale Zentrum der Universität Stuttgart auf dem Campus in Vaihingen weichen muss. Felix Drixler, studentischer Vertreter im Senat und Mitglied des studentischen Vereins STUPS, der das Uni-Thekle betreibt, schildert die bisher ergebnislose Suche Prof. Peter Hübner vom Institut für Baukonstruktion. Nach ausführlichen Gesprächen mit Drixler und einigen Kommilitonen war für Hübner die Entscheidung klar: „Wir lassen das Uni-Thekle als studentisches Selbsthilfeprojekt neu entstehen.“ Die Idee ist folgende: In nur drei Wochen sollen die rund 180 Erstsemester des neuen Architekturjahrgangs unter Anleitung von Oberstufenstudenten eine neue studentische Begegnungsstätte bauen. Das Projekt „Unitop“ ist geboren. „Unitop“ steht für ein Wortspiel aus Uni, utopisch und topos. „Ich glaube an die Machbarkeit der Utopie“, dieses Motto von Prof. Hübner wird zum Motor des Projekts. Hübner hatte schon vor 22 Jahren zusammen mit seinem Kollegen Peter Sulzer beim Selbsthilfeprojekt „Bauhäusle“ Studenten bei dem Bau von Studentenwohnungen betreut.

Tolle Chance für die Uni
Die Idee wirkt ansteckend. Uni-Bauamtschef Klaus Schmiedek ist schnell überzeugt und schlägt einen Bauplatz bei der neuen grünen Mitte des Vaihinger Campus vor. Das Stuttgarter Studentenwerk e.V. übernimmt die Rolle des Bauherrn und stellt 200.000 Euro für den Bau bereit. Der Vorstandsvorsitzende des Vereins, Prof. Uwe Heisel, im Hauptberuf Chef des Instituts für Werkzeugmaschinen der Uni, unterstützt das Projekt mit großem Engagement. Auch Uni-Rektor Dieter Fritsch lässt sich rasch von der Idee und dem Konzept begeistern: „Das ist eine tolle Chance für die Universität Stuttgart und ihre Studenten!“ Er gibt Rückendeckung und kümmert sich um Sponsoren.

In mehreren Workshops entstehen aus ersten Skizzen Gebäudemodelle. Entwurf und Konstruktion werden festgelegt. Pläne für die Erschließung, die zu erwartenden 
Kosten und eine detaillierte Baudurchführung werden ausgearbeitet.

Praktischer Einstieg ins Architekturstudium
Damit die Erstsemester an dem Bau mitarbeiten können, passt die Fakultät Architektur und Stadtplanung den Stundenplan des Einführungskurses an. In Kleingruppen, unter Aufsicht von Oberstufenstudenten mit Berufsausbildung zum Zimmermann oder Schreiner, soll den Neulingen gleich ein sehr praktischer Einstieg ins Architekturstudium ermöglicht werden.

Anfang September reicht die Projektgruppe das Baugesuch beim Stuttgarter Baurechtsamt ein. Innerhalb von nur drei Wochen erteilt das Amt die Baugenehmigung. Das Haus wird in eingeschossiger Bauweise entstehen. Mit rund 300 Quadratmetern Nutzfläche soll es einen mehrfach untergliederten Multifunktionsraum erhalten. Auch ein Internetcafe ist geplant und für den Sommer ein Biergarten. Vom einfachen Zusammensitzen und Gedankenaustausch über Lerngruppen und Tagungen bis zu Veranstaltungen für rund 200 Personen soll hier künftig alles möglich sein.

Rektor: „Projekt kann sich sehen lassen“
Nach der rasanten Planungsphase geht es im Oktober auf der Baustelle los. Architekturstudenten und Studierende vom Verein STUPS legen das Fundament inklusive Fußbodenheizung. Am 17. Oktober ist Richtfest. Sechs große Holzrahmen, die später das Dach des mittleren Raumes tragen sollen, werden aufgestellt. Rektor Fritsch gibt zu, dass er anfangs noch Zweifel an dem Projekt hegte: „Doch inzwischen bin ich von der Machbarkeit überzeugt. Das Projekt kann sich sehen lassen und ist beispiellos in Baden-Württemberg, wahrscheinlich sogar in ganz Deutschland.“ 

Gelbe Helme für die Erstsemester
Damit die Zusammenarbeit auf der Baustelle besser klappt, hat jeder, ob Erstsemesterstudent, Bauleiter oder Professor, seinen Vornamen auf den Helm geschrieben. Nur die Farbe der Helme ist unterschiedlich. Die Erstsemester haben gelbe, die Oberstufenstudenten blaue und die übrigen Betreuer weiße Helme. Für viele Erstsemester ist es der erste Einsatz auf einer Baustelle und sie sind begeistert: „Ein klasse Studienanfang und eine wirklich gute Betreuung durch die älteren Semester.“ Philipp, einer von den betreuenden Oberstufenstudenten gibt das Lob zurück: „Alle sind mit Motivation dabei.“ Wie geplant, ist nach drei Wochen Bauzeit am 9. November der Rohbau fertig. Jetzt treiben die Studenten vom STUPS gemeinsam mit verschiedenen Firmen und einigen Architekturstudenten den Innenausbau voran.

Glanzleistung aller Beteiligten
In der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember wird durchgearbeitet. Etwas übernächtigt, aber voller Stolz präsentieren Prof. Hübner und die Studierenden am 6. Dezember das Ergebnis. Das „Unitop“ ist fertig. Viele Hände haben mitgeholfen. Weder Regen, Kälte, Sturm noch die kurzen Novembertage konnten den Eifer der Beteiligten stoppen. Das Projekt, das im Sommer nur Utopie war, ist zu einem ganz realen Haus herangewachsen. Prof. Peter Hübner ist sehr glücklich über den Verlauf: „Das Projekt zeigt, wie viele Menschen auch heute noch bereit sind, sich enorm für eine Sache zu engagieren. Auch Uni-Rektor Fritsch ist stolz „auf diese Glanzleistung aller Beteiligten“.

Seine erste Bewährungsprobe bestand das „Unitop“ beim großen Dankesfest für die Erstsemester am 13. Januar. Bis in den Morgen hinein wurde gefeiert und getanzt.   /Birgit Vennemann

KONTAKT 
Prof. Peter Hübner, Institut für Baukonstruktion der Uni Stuttgart, 
Lehrstuhl 1 für Baukonstruktion und Entwerfen, 
Tel. 0711/121-3251, -3245, 
Fax 0711/121-2766, 
e-mail: info@ibk1.uni-stuttgart.de


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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