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Stuttgarter unikurier Nr. 91 April 2003
Stuttgarter Architekten forschen im Ruhrgebiet:
Droht eine Verödung der Innenstädte?

Im Auftrag der Enquetekommission „Zukunft der Städteüberarbeitet derzeit ein dreiköpfiges Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Franz Pesch eine Expertise für den Landtag von Nordrhein-Westfalen. Die Wissenschaftler des Stuttgarter Städtebau-Instituts sollen 
den Bedeutungswandel der Innenstädte und der neuen Nebenzentren vor allem im Ruhrgebiet unter die Lupe nehmen. Ein besonderes Augenmerk haben die Forscher auf die Entwicklungen im Einzelhandel gelegt, der stark von den aktuellen Infrastrukturveränderungen betroffen ist. 
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Die Städte und Gemeinden an Rhein und Ruhr haben im Zuge des Niedergangs der Montanindustrie und der allgemeinen Stadt-Umland-Wanderung in den vergangenen Jahrzehnten konstant an Bevölkerung verloren. Vom Rand der großen Städte und der Ballungsräume schoben sich die Siedlungen immer weiter in das Umland vor. Gleichzeitig konnten Teile des ländlichen Raums ihre Infrastruktur und allgemein ihre ökonomische Situation drastisch verbessern, so dass sie einen deutlichen Bevölkerungszuwachs verzeichnen konnten, während im Gegenzug in den Kernbereichen der Ballungsräume die Wohnbevölkerung dramatisch zurück geht. Insgesamt betrachtet sind diese Phänomene nicht auf Nordrhein-Westfalen beschränkt. Jedoch läuft die Bevölkerungs- entwicklung in diesem Bundesland erfahrungsgemäß derjenigen Deutschlands um etwa 15 Jahre voraus und die untersuchten Veränderungen könnten somit zum Testfall für die Republik werden.

Handelszentren auf der grünen Wiese
Die prekäre Situation der Bevölkerungswanderung wird überlagert vom polarisierenden Siedlungsverhalten im Einzelhandel, Konzentrationsprozessen und einem preisaggressiven Verdrängungswettbewerb. 
Neue Handelstypen und deren Agglomerationen sind inzwischen selbst zu Zentren von überörtlicher Bedeutung herangewachsen und stehen in Konkurrenz zu den Städten. Ausgetragen wird die „Schlacht" um den Kunden zumeist auf der „grünen Wiese" an Verkehrsknoten, wo die groß-flächigen Einrichtungen Platz finden und von der automobilen Bevölkerung bequem zu erreichen sind. Verändertes Einkaufs- und Freizeitverhalten und neue Vertriebsformen, wie etwa E-Commerce verschärfen die Lage zusätzlich. 
Die Veränderung der Bevölkerungsstruktur und eine nachlassende Kaufkraft wird den Strukturwandel weiter beschleunigen. Die mögliche Folge ist ein Absterben des mittelständischen Handels und damit einhergehend die Verödung von traditionellen Innenstädten und Stadtteilzentren.

Sicherung der Nahversorgung
Auf dem Prüfstand der Wissenschaftler stehen die Instrumente der Raum- und Stadtplanung im Umgang mit dem groß-flächigen Einzelhandel und überlegungen zur Attraktivitätssteigerung der Zentren. Wichtig sind aber auch Konzepte zur Sicherung der Nahversorgung immobiler Bevölkerungsgruppen, die angesichts des wachsenden Durchschnittsalters der Bevölkerung zunehmen wird. 
Die Ergebnisse der Expertise sollen im Juni 2003 dem Landtag von NRW präsentiert werden.

Kontakt
Prof. Dr. Franz Pesch, 
Städtebau-Institut, Lehrstuhl Stadtplanung und Entwerfen, 
Tel. 0711/121 3350, Fax 0711/121 3356,
e-mail: franz.pesch@si.uni-stuttgart.de
http://www.architektur.uni-stuttgart.de/si


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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