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Stuttgarter unikurier Nr. 91 April 2003
Leichtbau-Faserverbundwerkstoffe mit keramischer Matrix: 
Bremsen mit Siliciumcarbid
Am Institut für Fertigungstechnologie keramischer Bauteile (IFKB) werden derzeit keramische Verbundwerkstoffe für den Einsatz im Fahrzeug- und Anlagenbau untersucht. Besonders Keramiken, die mit Siliciumcarbid verstärkt wurden, zeigen ausgezeichnete Verschleiß - und Oxidationsbeständigkeit und besitzen eine besonders hohe Härte. Durch eine am Stuttgarter Institut entwickelte kostenreduzierte und verfahrenstechnisch optimierte Herstellung dieser Keramiken könnte in Automoblien der Zukunft die konventionelle Grauguss-Bremsscheibe durch die Siliciumcarbid-Keramik ersetzt werden. Dies trägt nicht nur zur Gewichtsreduktion der Fahrzeuge bei, sondern verbessert auch die Verschleißfestigkeit und die Bremswirkung. Für eine Anwendung des Verbundwerkstoffes als Bremsscheibenring werden derzeit am Institut maßgeschneiderte Faserarchitekturen erprobt und die Bauteilgeometrie optimiert.
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Die Entwicklung von neuen Werkstoffen aus mehreren hochleistungsfähigen, leichten Materialien, die im Verbund zusammenwirken, ist für viele technische Neuentwicklungen im Maschinen - und Anlagenbau entscheidend. Moderne Verbund-Werkstoffe besitzen neben einer geringen Dichte, hoher thermischer und mechanischer Belastbarkeit auch eine gute chemische Beständigkeit bei gleichzeitig geringem Verschleiß.

  Ausgewählte Faserarchitekturen für keramische Faserverbundwerkstoffe. (Foto: Institut)
Keramische Verbund-Werkstoffe
Bei keramischen Verbund-Werkstoffen dient die Einlagerung von Verstärkungsfasern der Kompensation der ausgeprägten Sprödbruchanfälligkeit der Keramik. Es entstehen Verbundwerkstoffe mit keramischer Matrix (CMC -Ceramic Matrix Composites). Aufgrund der hohen Temperaturen im Herstellungsprozess der keramischen Bauteile kommen nur refraktäre Fasern in Frage. Am Institut für Fertigungstechnologie keramischer Bauteile (IFKB) der Universität Stuttgart werden Verbundwerkstoffe mit Siliciumcarbid-keramischen Matrixsystemen bevorzugt. Neben Festigkeit und Härte ermöglicht diese Strukturkeramik die endkonturnahe Herstellung, wodurch die Kosten wesentlich reduziert werden können.

Neues Herstellungsverfahren
Bei dem am Institut entwickelten Reaktionssinterverfahren wird in einem ersten Schritt ein faserverstärkter Vorkörper meist aus thermoduren Kunstharzsystemen hergestellt (CFK - kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff). Diese Harze werden nach einem Formgebungsprozess durch kontrollierte thermische Zersetzung in einer Pyrolyse zu Kohlenstoff abgebaut. Es entsteht ein poröser Vorkörper aus Kohlenstofffasern und Kohlenstoffmatrix (CFC - kohlenstofffaserverstärkter Kohlenstoff). Die anschließende Nachverdichtung erfolgt durch eine Schmelzinfiltration mit flüssigem Silicium. Gleichzeitig findet eine chemische Reaktion zwischen dem flüssigen Silicium und dem Kohlenstoff statt. Es entsteht reaktionsgebundenes Siliciumcarbid (RB-SiC). Die Restporosität wird durch das erstarrte überschüssige Silicium ausgefüllt, so dass sehr dichte Bauteile ohne Sinterschwindung endkonturnah realisiert werden können. 

Schnelle Produktion
Neben der Hochtemperaturbehandlung beeinflussen Effizienz und Taktzeiten bei der Herstellung des CFK-Vorkörpers maßgeblich die Kosten. Am Stuttgarter Institut werden die Vorkörper durch Warmfließpressen gefertigt. Pressdrücke von teilweise weitüber 100 bar erlauben Taktzeiten im Minutenbereich, während bei alternativen Verfahren wie dem Resin Transfer Molding (RTM) oder der Härtung im Autoklaven bis zu mehrere Stunden aufgewandt werden müssen. Dank der aufwands- und kostenoptimierten Herstellung dieser kohlenstofffaserverstärkten Siliciumcarbid-Keramiken bietet der keramische Verbundwerkstoff alle Voraussetzungen für einen erfolgreichen Einsatz im Maschinen- und Anlagenbau und in der Automobilindustrie. 

Kontakt
Dr. Frank Kern, Institut für Fertigungstechnologie keramischer Bauteile,
Tel. 0711/685 8234, 
Fax 0711/685 8299,
e-mail: frank.kern@po.uni-stuttgart.de

 


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Pressestelle der Universit
ät Stuttgart

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