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Stuttgarter unikurier Nr. 90 November 2002
Ausstellung und Symposium:
Rolf Gutbrod - Häuser für Menschen
 

Die Stuttgarter Liederhalle, der Deutsche Pavillon auf der Expo 1967 in Montreal und viele Projekte im arabischen Kulturkreis, sie alle erinnern an den Architekten Rolf Gutbrod (1910-1999), der mit zu den einflussreichsten Persönlichkeiten der deutschen Architektur des 20. Jahrhunderts zählt und von 1953 bis 1972 als Professor an der Universität Stuttgart lehrte.

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Mit einer Ausstellung in der Baden-Württembergischen Bank am kleinen Schlossplatz (14. Juni bis 26. Juli) und einem hochkarätig besetzten Symposium in der Liederhalle erinnerte der „Initiativkreis Rolf Gutbrod“ an das Werk des großen Gestalters, der von sich selbst sagte, er wisse nicht, wie Architektur auszusehen habe. Unter dem Titel „Häuser für Menschen“ zeigte die erste umfassende Retrospektive zum Lebenswerk dieses Architekten Originalzeichnungen und -modelle sowie Videos und Filme. Im Rahmen des Symposiums sprach Prof. Dr. Winfried Nerdinger, Direktor des Architekturmuseums München, über „Die Positionen der Nachkriegsarchitektur in der Bundesrepublik“. Dr. Ulrich Schneider erinnerte mit seinem Vortrag „Lehr- und Wanderjahre eines deutschen Architekten“ an die Architektur Rolf Gutbrods in den 30er Jahren, und Dr. Gilbert Lupfer beschäftigte sich unter dem Titel „Vom Leichten und vom Schweren“ mit Gutbrod in Stuttgart. 

Verbindung zu Stuttgart
Zeit seines Lebens blieb Rolf Gutbrod seiner Geburtsstadt Stuttgart verbunden, wo er die Waldorfschule besucht und Architektur studiert hatte. Als jüngstes von drei Kindern einer Arztfamilie war er nie selbstherrlich, aber ehrgeizig, hatte jedoch immer den anderen im Auge, erinnerte sich Prof. Hermann Kendel, der seit Anfang der 60er Jahre Mitarbeiter im Büro Gutbrod war. „Auf den Einzelnen einzugehen, war seine große Stärke. Jeder ist bei ihm zur Geltung gekommen, sei es Frei Otto oder ein Lehrling.“

Die Sterne vom Himmel holen...
„Die Lehre von Rolf war frei interpretierbar und offen. Schriftlich kam fast nichts heraus, aber im Kopf bewegten sich Welten“, erzählte Prof. Peter Schenk, der Gutbrod 20 Jahre lang bei seiner Hochschularbeit begleitete, ihn aber weder als Intellektuellen noch als akademischen Lehrer sah, sondern als einen, der „die Sterne vom Himmel holen konnte.“ Als mehr und mehr die Faktenvermittlung an der Hochschule gefragt wurde, zog sich Gutbrod zurück. „Ich geh´ auch ganz gern, ich hab´ keine Lust mehr“, soll er gesagt haben.

Bauten fügen sich ein
Die Bauten Rolf Gutbrods, ob die Wohnhäuser in der Moserstraße, die Eternitplatten am Loba-Haus am Olgaeck, das fliegende Dach der Milchbar am Killesberg, die Bauten des SWR bei der Villa Berg, die Deutsche Oper in Berlin, die Universitätsbauten in Köln oder die Deutsche Botschaft in Wien, sie alle fügen sich der jeweiligen Situation feinsinnig ein und haben ihre Selbstverständlichkeit. Auf den ersten Blick sind viele Bauten nicht als seine Werke zu erkennen, bemerkte Peter Conradi, Präsident der Architektenkammer, der Gutbrod „einen gut aussehenden, etwas schwäbelnden Herrn mit Haltung“ als Student kennengelernt hatte. Im Gegensatz zu vielen heutigen Stararchitekten habe dieser nämlich nicht für seinen Nachruhm gebaut, sondern immer nach einer angemessenen Lösung für eine Aufgabe gesucht. „Die Werke von Gutbrod haben Bestand, gerade weil sie nicht für den Bestand gemacht sind“, fasste Prof. Dr. Frei Otto das Werk des Weltmannes und Anthroposophen zusammen, dem das Experiment mehr galt als der sichere Erfolg.

Julia Alber

 


last change: 25.11.02 / gh
Pressestelle der Universität Stuttgart

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