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Stuttgarter unikurier Nr. 90 November 2002
Prof. Ernst Ulrich von Weizsäcker zu Gast:
Mehr Umweltschutz durch faire Rahmenbedingungen
 

„Ich bin ein hoffnungsloser Optimist“, bekennt Prof. Ernst Ulrich von Weizsäcker. Die Betonung liegt auf Optimist. Von Weizsäcker ist Vorsitzender der Enquete-Kommision „Globalisierung der Weltwirtschaft“. Am 24. Juni war der promovierte Biologe zu Gast bei einem Kamingespräch im Internationalen Begegnungszentrum. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Kompetenzzentrum Umwelttechnik (KURS e.V.) der Uni Stuttgart. Das Thema des Vortrages lautete „Umwelt- und Entwicklungspolitische Ziele im Zeitalter der Globalisierung.“

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„Seit ungefähr zehn Jahren herrscht Funkstille beim Thema Umwelt“, beklagte von Weizsäcker, seit 1992 Mitglied des Club of Rome, seit 1998 Bundestagsmitglied, und er lieferte gleich Gründe dafür, „den Systemwettbewerb Ost-West gibt es nicht mehr, jetzt gilt nur noch der Standortwettbewerb aller gegen alle.“ Die Konkurrenz sei sehr viel schärfer geworden. Für Umweltschutz sei kaum noch Geld da. Auch das Verhalten einiger Staaten ist nach von Weizsäckers Ansicht nicht förderlich: „Amerika möchte den Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg zu einem Festival der guten Beispiele machen. Aber jegliche rechtliche Festlegung wird von den USA abgelehnt“. Außerdem stellte der 63-Jährige fest, habe eine dem Umweltschutz keineswegs förderliche Dominanzumkehrung stattgefunden. Weniger die Staaten, sondern die Unternehmen würden bestimmen, in welchem Land produziert wird. Von Weizsäcker zitierte allerdings auch eine häufige Äußerung von Unternehmensführern: „Wir sind bereit, Kosten für den Umweltschutz zu schultern, wenn es Ihnen gelingt, dass alle anderen das auch tun müssen.“ Deshalb hält von Weizsäcker einen Konsens grundsätzlich für herstellbar, wenn es faire Randbedingungen gäbe.

Glücklicherweise seien in Deutschland, was den klassischen Umweltschutz betrifft, die wichtigsten Hausaufgaben gemacht, so von Weizsäcker. Aber das gälte eben für viele Länder noch nicht. Dort wäre es nicht nur aus Umweltschutzgründen wichtig, dass sich die Umweltschutztechnik verbessert, sondern schlicht aus gesundheitspolitischen Gründen.

Am Beispiel Wasserknappheit verdeutlichte er, dass es ökonomisch und ökologisch von Vorteil sein kann, neue Technologien einzuführen: „Wenn in Ländern mit Wasserknappheit durch neue Technologien der Wasserverbrauch bei der Papierherstellung drastisch gesenkt wird, ist das eine win-win Situation.“

„Oft wird leider die Chance nicht erkannt. Wir haben exquisite Kenntnisse, die man dann aber auch verwenden muss. Deutsche Ingenieurkunst mit lokalen Gegebenheiten zusammenzubringen, könnte zu solchen win-win Situationen führen“, führte von Weizsäcker aus. Genau das zählt zu den Anliegen des Kompetenzzentrums Umwelttechnik. Hier bilden Vertreter der Wissenschaft, Wirtschaft, Kommunen und Verbänden ein Netzwerk, um Kontakte zu Interessierten regional, aber auch weltweit zu organisieren.

Ressourcenproduktivität erhöhen
Die Ressourcenproduktivität müsse um den „Faktor 4“ erhöht werden, forderte von Weizsäcker. Wenn jedes Jahr eine Erhöhung der Ressourcenproduktivität um drei Prozent stattfände, ließe sich dieses Ziel erreichen. Neue Häuser, wie zum Beispiel Passivhäuser, neue Autos und Re-Manufacturing beim Maschinenbau, wären Möglichkeiten, die Ressourcenproduktivität zu erhöhen. Auch Fragen der Logistik müssten neu geklärt werden.
Nach dem Vortrag entspann sich eine lebhafte Diskussion mit den rund 80 Zuhörern, neben Mitgliedern des Kompetenzzentrums auch zahlreiche Studierende der Fachrichtung Umweltschutztechnik. 
Auf die Frage, wie sich ein Umdenken auf den Alltag auswirken würde, antwortete von Weizsäcker: „Die Preise müssen die ökologische Wahrheit sagen.“ Dass dies im Alltagsleben oft schmerzlich für die Bürger ist, zeige die schwierige Umsetzung der ökologischen Steuerreform. 

Birgit Vennemann

Kontakt
Kompetenzzentrum Umwelttechnik - KURS e.V., c/o Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft, Bandtäle 2, 70569 Stuttgart, Andreas Sihler (sihler@kurs-net.de); Michael Waldbauer (waldbauer@kurs-net.de), 
Tel. 0711/685-5498, -5493, 
Fax 0711/685-5460

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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