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Stuttgarter unikurier Nr. 90 November 2002
Keine Angst vor „Eignungsfeststellungsverfahren“ oder:
Wie findet die Uni die besten Studenten?
 

Ein schlechter Notendurchschnitt im Abiturzeugnis war für viele Studienbewerber eine unüberwindbare Hürde auf dem Weg zum gewünschten Studiengang. Dies gilt seit einiger Zeit nicht mehr uneingeschränkt. Die so genannten Eignungsfeststellungsverfahren ermöglichen es beispielsweise einem schlechten Abi zum Trotz, Architektur zu studieren, wenn räumliches Vorstellungsvermögen, Kreativität und hohe Motivation nachgewiesen werden. Sinn und Zweck dieser Verfahren ist es, die für die entsprechenden Studiengänge am besten geeigneten Studentinnen und Studenten zu gewinnen und damit gleichzeitig Abbrecherraten zu verringern. Der Uni-Kurier will zur Transparenz dieser Verfahren, von denen es zwei Ausführungen gibt, beitragen und Bewerbern die Angst davor nehmen.

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Seit dem Wintersemester 2002/2003 gibt es an der Uni Stuttgart das so genannte Eignungsfeststellungsverfahren nach § 42 Abs. 2 Universitätsgesetz, das bei neu eingeführten und umstrukturierten Studiengängen angewendet wird. An der Universität Stuttgart betrifft dies die Bachelorstudiengänge Computational Physics, Elektrotechnik und Informationstechnik, Umweltschutztechnik, Wirtschaftsinformatik sowie die Bachelorabschlüsse in Geistes- und Sozialwissenschaften und die Diplomstudiengänge Immobilientechnik und Immobilienwirtschaft, Technisch orientierte Volkswirtschaftslehre sowie Technische Geowissenschaften.

Nicht nur die Abiturnote zählt
Wie bei jeder Bewerbung zählt das Abitur, doch je nach gewähltem Studienfach werden die Ergebnisse der Oberstufenkurse unterschiedlich gewichtet. Je nach Fakultät reicht bei manchen Studiengängen bereits die Abiturnote, um die erforderliche Punktezahl zu erreichen, in anderen Studiengängen folgen ein Bewerbungsgespräch, ein Test oder es ist ein Schreiben zu verfassen, in dem die Motivation für den gewählten Studiengang, besondere Leistungen oder Fähigkeiten aufgeführt sind. Ist diese Hürde genommen, hat der Bewerber den Studienplatz sicher - vorausgesetzt, es liegt kein lokaler Numerus clausus auf dem Studienfach, denn dann folgt das Eignungsfeststellungsverfahren nach § 11a Hochschulvergabeverordnung. 

Chance für den gewünschten Studienplatz
Das Eignungsfeststellungsverfahren nach § 11a Hochschulvergabeverordnung gibt es an Baden-Württembergs Hochschulen bei örtlich zulassungsbeschränkten Studiengängen bereits seit drei Jahren. Was zunächst wie eine Hürde für die Studierenden wirken mag, ist freiwillig und eigentlich eine große Chance für alle, die aufgrund von Abiturnote und Wartezeit nicht für den Studienplatz ihrer Wahl zugelassen werden konnten. Zum Wintersemester 2002/ 2003 gilt dieses Verfahren an der Uni Stuttgart für die Fächer Sport, Architektur und Lebensmittelchemie. Während die Lebensmittelchemiker auf ein Auswahlgespräch setzen, gilt es bei Architekten und Sportlern, einen Motivationsbericht abzuliefern - hier zählen außerschulische Aktivitäten und Praktika sowie die überzeugende Erklärung, weshalb es gerade dieser Studiengang sein soll. In Zukunft ist auch an einen Test gedacht: Der „Test für den Test“ fand in diesem Jahr bei der Informatik statt und wurde von den Universitäten Stuttgart und Karlsruhe zusammen durchgeführt. 

Problem Mehrfachbewerbungen
Beide Eignungsfeststellungsverfahren sind für die Verwaltung und die Fakultäten mit viel Aufwand verbunden. Nachteil des Verfahrens, das bei Studienfächern mit lokalem NC durchgeführt wird: Melden sich - wider Erwarten - nur so viele Studierende an wie Studienplätze vorhanden sind, war die ganze Arbeit umsonst. Auch das Eignungsfeststellungsverfahren nach § 42 Universitätsgesetz hat so seine Tücken: Wie geht man mit ausländischen Bewerbern um? Sie extra zu einem Test nach Deutschland einladen? Und was tun, wenn die jungen Leute sich aufgrund von Mehrfachbewerbungen nach bestandenem Verfahren dennoch in einem anderen Bundesland einschreiben? Dann war der Aufwand für die Uni-Mitarbeiter umsonst.

Orientierungsprüfung 
Im zweiten Semester müssen sich seit zwei Jahren alle Studierenden einer Orientierungsprüfung stellen, die schon den einen oder anderen Traum vom Studium beendete. Hat das Eignungsfeststellungsverfahren bei den neuen oder neu strukturierten Studiengängen dazu beigetragen, dass Studierende und Studium gut zueinander passen, dann dürfte für diese Studierenden die Prüfung eigentlich keine Hürde mehr darstellen. Und möglicherweise muss sich auch erst ein neues Bewusstsein unter den Abiturienten entwickeln: es lohnt sich, die Wahl für einen Studiengang gut zu begründen und für geeignet befunden zu werden... Und vielleicht hat der eine oder andere eine Idee, wie man das Wortungetüm durch eine freundlichere Bezeichnung ersetzen könnte... 

ja/zi

 


last change: 25.11.02 / gh
Pressestelle der Universität Stuttgart

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