Home           Inhalt           Suchen

Stuttgarter unikurier Nr. 90 November 2002
Uni-Institute in Max-Planck-Erweiterungsbau:
Hightech mit Atmosphäre - Zentrum der Materialwissenschaft
 

Als im Mai 2002 das Max-Planck-Institut für Metallforschung seinen Erweiterungsbau einweihte, hieß es auch für drei Institute der Uni Stuttgart Kisten packen. Quasi „Huckepack“ zogen die Institute für Metallkunde I und II, das Institut für Ni.htmletallische Anorganische Materialien sowie Teile des Instituts für Theoretische und Angewandte Physik in den transparenten Neubau im Büsnauer Wald.

kleinbal.gif (902 Byte)
 

230 Mitarbeiter fanden in dem modernen Büro- und Laborkomplex einen neuen Arbeitsplatz. Die Zeit der Zersplitterung der Institute auf diverse Standorte an der Seestraße in der Stuttgarter Innenstadt ging damit zu Ende. An ihre Stelle trat ein Zentrum für Materialwissenschaft, das Synergien fördert und international Maßstäbe setzt.
Mehr als 14.000 Quadratmeter Geschossfläche, davon 6.911 Quadratmeter Hauptnutzfläche, stehen in dem durch die Stuttgarter Architektengemeinschaft Brenner und Partner geschaffenen fünfgeschossigen Kubus zur Verfügung. Kühle Aluminiumprofile an den Fassaden des streng gegliederten Baukörpers strahlen Hightech-Feeling aus, Betonplatten und Faserzement schaffen die ästhetische Verbindung zum Gebäudebestand aus den 70er-Jahren.


„Die Uni Stuttgart bietet ein ideales Umfeld für die
Max-Planck-Forscher“, betonte Prof. Fritz Aldinger,
Geschäftsführender Direktor am MPI für Metallforschung,
bei der Begrüßung der Gäste. Die „Landeshauptstadt sei 
mächtig stolz auf ihre Forschungs- und Bildungseinrichtungen“,
hob Bürgermeisterin Gabriele Müller-Trimbusch hervor.
Dies vernahmen sichtlich erfreut (von rechts) Max-Planck-
Präsident Prof. Hubert Markl, Baden-Württembergs
Wissenschaftsminister Prof. Peter Frankenberg, Dr. Wolf-
Dieter Dudenhausen vom Bundesforschungsministerium,
der eigens zur Einweihung angereiste Präsident der
  Hanyang Universität in Seoul (Südkorea), Prof. 
Chong Yang Kim, und Uni-Rektor Prof. Dieter Fritsch.
(Foto: Eppler)

Reizvolle Gegensätze
In spannungsvollem Kontrast dazu strahlen Holzflächen in Fluren und Hörsälen eine warme Atmosphäre aus. Viel Glas schafft Transparenz nach innen und außen und gibt den Blick auf die Parklandschaft rund um den Forschungskomplex frei. Die Innenarchitektur berücksichtigt nicht nur das Prinzip der kurzen Wege, sondern ergab sich auch aus technischen Erfordernissen der Gebäudenutzung. So müssen die hochsensiblen Elektronenmikroskope auf schwingungsfreiem Untergrund stehen und wurden daher auf Felsboden installiert - und den gibt es nur in einer einzigen Ecke des Terrains. 
Wer das Gebäude durch ein lichtes Foyer betritt, wird vom beruhigenden Rauschen einer Wasserwand begleitet. Die Großplastik soll die kontinuierliche Kreativität der drinnen tätigen Wissenschaftler symbolisieren.
Wohin der Gedankenstrom fließt, erläuterte Professor Fritz Aldinger, Geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für Metallforschung und Inhaber des Lehrstuhls für Anorganische Materialien, anlässlich der Einweihungsfeier vor zahlreichen Gästen aus dem In- und Ausland. Maßgeschneiderte Materialien für die verschiedensten Zwecke werden in Büsnau ausgetüftelt. Ob Handys, Windmühlen oder Magnetschwebebahnen: „Ohne den optimalen Werkstoff geht nichts“, unterstrich Aldinger die Bedeutung dieses Forschungszweiges.

Immer kleiner, immer schneller
Auf der Suche nach den Werkstoffen der Zukunft verfolgen die Wissenschaftler zweierlei Strategien, ergänzte Professor Helmut Dosch, dessen Forschungsgebiet Materialien mit reduzierter Dimension sind: Man versuche, bekannte Materialien zu optimieren, indem man sie beispielsweise immer leichter oder schneller macht. Dies stößt aber an Grenzen. Die Miniaturisierung von Halbleitern etwa, so Dosch, verdoppelt sich derzeit alle 18 Monate: „Irgendwann sind die Chips nur noch so groß wie ein Atom.“
Da solche Winzlinge fast nicht mehr verarbeitet werden können, sind die Institutsmitarbeiter auf der Suche nach revolutionären Materialien mit neuen Eigenschaften. Dosch forderte daher mehr Mittel für die Grundlagenforschung: „Wir brauchen sie heute, um übermorgen noch mithalten zu können.“
Professor Eduard Arzt schlug in seinem von faszinierenden Bildern begleiteten Festvortrag zum Thema „Metallforschung in Stuttgart“ in die gleiche Kerbe. Auch in der Materialforschung sind in Zukunft ungewöhnliche und interdisziplinäre Wege gefragt: Gemeinsam mit Tübinger Biologen beobachtet der Professor für Metallkunde beispielsweise, durch welche mechanischen Prinzipien Fliegen auf der Fensterscheibe „kleben“ und zieht daraus Rückschlüsse auf die Optimierung von Haftsystemen.
Die enge Zusammenarbeit zwischen dem Max-Planck-Institut und der Uni Stuttgart hat eine lange Tradition. Sie geht auf das Jahr 1934 zurück, als das fünf Jahre zuvor in Berlin gegründete Kaiser-Wilhelm-Institut für Metallforschung an den Neckar umzog und damit nicht nur in die Nähe seiner Sponsoren bei Bosch und Daimler rückte, sondern von Anfang an auch die Zusammenarbeit mit der damaligen Technischen Hochschule suchte.

Kooperation zahlt sich aus
Heute sind fünf der Direktoren des Instituts im Hauptamt Lehrstuhlinhaber der Universität Stuttgart. Ausdrücklich bedankte sich der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Hubert Markl, bei Uni-Rektor Dieter Fritsch für die stets gute Zusammenarbeit, die sich auch für die Studierenden auszahlt. Schon vor einigen Jahren wurde der Studiengang Werkstoffwissenschaft eingerichtet, der das Metallkunde-Studium ablöste. Das breit angelegte, moderne Konzept, das auch die Erforschung polymerer Stoffe umfasst, kommt an, wie Professor Aldinger anhand der jüngsten Bewerberzahlen aufzeigte: Wurde das Fach früher nur von wenigen „Exoten“ gewählt, so hat sich die Zahl der Studienanfänger in dem intensiv betreuten Studiengang jetzt bei jährlich 25 bis 30 eingependelt.
Auch in Zukunft soll die Kooperation zwischen Max-Planck-Institut und Uni fortgeschrieben werden. Ein Beitrag dazu ist das neue Postgraduierten-Programm „Advanced Materials“, eine internationale Ausbildung für Doktoranden, die Grundlagenforschung im Bereich der Festkörperchemie und Festkörperphysik mit anwendungsorientierter Materialwissenschaft verbindet. Die Dissertationen verfolgen eigene inhaltliche Schwerpunkte, sind aber thematisch verzahnt. Eine attraktive Mischung, wie Professor Eric Jan Mittemeijer, einer der Initiatoren des Studiengangs, glaubt. Er hofft, dadurch ausländische Bewerber für eine Promotion in Deutschland zu interessieren und andererseits das Abwandern deutscher Studenten ins Ausland stoppen zu können: „Durch die Zusammenarbeit in den Forscherteams entsteht echter wissenschaftlicher Mehrwert.“

Andrea Mayer-Grenu

 


last change: 25.11.02 / gh
Pressestelle der Universität Stuttgart

Home           Inhalt           Suchen