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Stuttgarter unikurier Nr. 90 November 2002
Zur Phänomenologie des Mittelgebrauchs nach Heidegger:
Paradigmenwechsel in der Technikphilosophie?
 

In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt „Phänomenologie des Mittelgebrauchs” in der Abteilung Wissenschaftstheorie und Technikphilosophie der Universität Stuttgart untersucht Dr. Andreas Luckner den Ansatz einer „Technikphilosophie nach Heidegger.” Technik gilt als Inbegriff möglicher Handlungen, in denen funktional bestimmte Gegenstände oder Fertigkeiten als Mittel zur Realisierung bestimmter Zwecke eingesetzt werden. Doch welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Gegenstand oder eine Handlung überhaupt funktional auf einen Zweck bezogen werden können?

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Gängige Technikphilosophie legt zumeist ein handlungstheoretisches Modell zugrunde, das selbst schon am Paradigma technischen Handelns entwickelt wurde. Also die bis in den allgemeinen Sprachgebrauch übliche Auffassung des Handelns als der tätigen Realisierung von Zwecken mithilfe geeigneter Mittel. Dieses Zweck-Mittel-Modell des Handelns investiert nun aber schon den Begriff des Mittels, so dass das Spezifische des technischen Handelns gerade deswegen nicht sichtbar werden kann. Im Grunde ist nach diesem allgemeinen Handlungsmodell jegliches Handeln technischer Natur; es gibt kein nicht-technisches Handeln. Dieser Instrumentalismus in der Handlungstheorie ist zu einseitig, da spezifisch technisches Handeln nicht mehr in die allgemeinen Handlungsvollzüge des Lebens eingeordnet werden kann.

Eine Gesamtdeutung technischen Handelns kann dagegen nur auf einer begrifflichen Grundlage vollzogen werden, welche die dem technischen Handeln zugrundeliegenden Handlungsphänomene möglichst umfassend und adäquat zu erfassen vermag. Erst wenn klar ist, was es überhaupt heißt, ein Mittel für einen bestimmten Zweck einzusetzen, kann es eine philosophisch, das heißt begrifflich befriedigende Beschreibung technischen Handelns geben. Für eine solche Phänomenologie des Mittelgebrauches liegen in Martin Heideggers ‚Sein und Zeit‘ und in den erst jüngst veröffentlichten Vorlesungen der zwanziger Jahre präzise Analysen vor, die aus technikphilosophischer Warte hierzulande - anders als in den USA - bislang kaum rezipiert worden sind. In der Technikphilosophie des späten Heideggers geht es vor allem um die Wiedererschließung eines Handelns, das in den technizistisch verkürzten Handlungstheorien nicht mehr zur Sprache kommen kann.

Kontakt
Dr. phil. Andreas Luckner, Institut für Philosophie, Pädagogik und Psychologie, Abt. Wissenschaftstheorie und Technikphilosophie, Seidenstr. 36, 70174 Stuttgart
Tel. 0711/121-2491
e-mail: luckner@rz.uni-leipzig.de

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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