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Stuttgarter unikurier Nr. 90 November 2002
Potenziale in der adaptiven Optik:
Hologramme für die optische Pinzette
 

Adaptive Optik zählt zu den modernen Forschungsgebieten mit weitreichenden Anwendungsmöglichkeiten. Auch das Institut für Technische Optik der Universität Stuttgart forscht an den Einsatzmöglichkeiten der adaptiven Optik, wie die Thematik des letzten Stuttgarter Optik-Kolloquiums gezeigt hat (siehe den Bericht in der Rubrik Veranstaltungen). Eine der Stuttgarter Besonderheiten ist der Einsatz von Hologrammen für die so genannte „Optische Pinzette”.

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In der Astronomie hilft adaptive Optik, um die von der Erdatmosphäre verursachten Störungen, das Flackern der Sterne, für die genaue Beobachtung herauszufiltern. Die Schlüsselelemente der adaptiven Optik sind vor allem Mikrospiegel und Flüssigkristalle, die pixelweise elektrisch oder optisch adressiert werden können. Optisch adressieren heißt, dass die Änderung der Moleküle durch Licht anstelle eines angelegten elektrischen Feldes erfolgt, um die Moleküle und ihre Polarisation zu drehen. Verfahren der Adaptiven Optik sind von Bedeutung in der optischen Kommunikation und werden zukünftig in der Medizin, Biologie, Messtechnik, Lasertechnik sowie in der Beleuchtungstechnik eingesetzt werden. In der Augenheilkunde gibt es bereits Forschungen zu einer künstlichen Retina und die aktive Augenkorrektur durch flexible adaptierbare Membranspiegel in der Brille scheint bald möglich. In der Operationsmikroskopie wird die Tiefenschärfe erweitert und durch adaptive Aberrationskorrektur können Störungen beim endoskopischen Eindringen in Gewebe ausgeglichen werden. Optische Kristalle spielen eine Rolle in der optischen Speicherung und in der Messtechnik. In der Beleuchtungstechnik sind adaptive Autoscheinwerfer mit Helligkeitsadaption sowie spektraler Selektion und Variation zukünftig möglich. Eine interessante und wirtschaftlich relevante Anwendung ist der Einsatz von elektrooptischen Kristallen und von optisch adressierten Flüssigkristallen zur Defektuntersuchung bei periodischen Strukturen auf Computerchips.

Die in Stuttgart entwickelte optische Pinzette erlaubt das Anfassen und Verschieben kleinster Strukturen ohne mechanische Berührung, etwa das Sortieren und Verschieben von Zellen im Gewebe. Dabei wird die Impulsänderung des Lichtes benutzt. Zur Dynamisierung und Flexibilisierung wurden erstmals computergenerierte Hologramme in Flüssigkristallen generiert und physikalisch rekonstruiert. Das Bild zeigt einen am Institut verwendeten Aufbau, bei dem das dynamische Computer-Hologramm für eine geeignete Lichtverteilung im Objektraum sorgt, um die Teilchen fangen und bewegen zu können. Durch den Einsatz von Hologrammen können mehrere Teilchen unabhängig voneinander bewegt werden, ohne dass ein mechanisches Teil bewegt werden muss. Und jede Einstellung kann bis zur kleinsten Einzelheit vorausberechnet und justiert werden.

Asphärische Flächen, aber auch beugende Elemente werden vermehrt in neuen optischen Systemen eingesetzt. In der Messtechnik sind computergenerierte Hologramme zur teilweisen Kompensation von asphärischen Wellenfronten nützlich. Damit wird interferometrische Messtechnik und Qualitätssicherung bei der Fertigung möglich. Alternativ werden zur Steigerung der Flexibilität auch Flüssigkristalle eingesetzt. Damit wird der Messbereich des Shack-Hartmann-Sensors wesentlich erweitert.
Eine weitere Anwendung der adaptiven Optik liegt auf dem Gebiet der Strahlformung für die Lasermaterialbearbeitung und in der Messtechnik für adaptive Beleuchtungssysteme zur Bildverarbeitung.

Paradigmenwechsel
Nach Aussage des Bundesforschungsministeriums zählen Anwendungen auf der Grundlage optischer Technologien zu den Gebieten, denen eine große wirtschaftliche Dynamik bevorsteht. Der Paradigmenwechsel von der Optoelektronik zur Photonik ist in vollem Gange. Hervorragende Wachstumspotenziale bieten sich in den Feldern der Biomedizin, der Produktionstechnik und bei moderner Optik. Die optischen Technologien spielen als klassische Schlüsseltechnologie eine entscheidende Rolle nicht nur für die technologische Leistungsfähigkeit der optischen Industrie selbst, sondern ebenso für eine ganze Reihe anderer Wirtschaftssektoren (Elektrotechnik, Grundstoffchemie, Materialforschung, Messen/Regeln). Die wissenschaftliche Ausgangslage der Optik in Deutschland ist gut. Deutsche Wissenschaftler haben sich im Laufe der 90er Jahre Platz zwei der internationalen Publikationshierarchie, direkt hinter den USA, erkämpft. /eng

http://www.uni-stuttgart.de/ito/

Kontakt
Prof. Dr. Hans Tiziani,
Tel. 0711/685-6074,
e-mail: grosshans@ito.uni-stuttgart.de

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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