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Stuttgarter unikurier Nr. 86 September 2000
50. Ulrich-Dehlinger-Kolloquium:
Ekkehart Kröner zum Gedenken
 

Mitglieder und Ehemalige des Instituts für Theoretische und Angewandte Physik und des Stuttgarter Max-Planck-Instituts für Metallforschung (MPI) treffen sich halbjährlich zum Ulrich-Dehlinger-Kolloquium. Das 50. Kolloquium am 7. Juli war mit einem traurigen Anlaß verbunden: Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Ekkehart Kröner, direkter Nachfolger von Prof. Dehlinger am Lehrstuhl für Theoretische und Angewandte Physik, war am 19. April 2000 nach kurzer, schwerer Krankheit im 81. Lebensjahr verstorben. Die Veranstaltung war seinem Andenken gewidmet.

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Ekkehart Kröner.

Das Kolloquium war zweigeteilt. Im ersten Teil, einer Feierstunde, erinnerte Prof. Dr. Manfred Pilkuhn, Dekan der Fakultät Physik, daran, daß Ekkehart Kröner unmittelbar nach seiner Berufung im Jahr 1969 zum Dekan gewählt wurde und als Mann des Ausgleichs die Fakultät durch die turbulenten 68er Jahre steuerte. Prof. Dr. Fritz Aldinger, Geschäftsführender Direktor des MPI, hob hervor, daß der Verstorbene als Auswärtiges Mitglied des Instituts intensiv die Zusammenarbeit von Universität und Max-Planck-Gesellschaft förderte. Von der Texas A&M University war Prof. Dimitris Lagoudas angereist. Im Auftrag der Society of Engineering Science verlieh er postum an Prof. Kröner die Eringen Medaille. Sie wurde von der Witwe, Gertrud Kröner, entgegengenommen. Prof. Dr. Alfred Seeger, Emeritus der Lehrstuhls für Festkörperphysik und langjähriger Direktor des Instituts für Physik am MPI, hatte Prof. Kröner während seiner gesamten wissenschaftlichen Karriere begleitet. In einer eindrucksvollen Würdigung von Leben und Werk des Verstorbenen berichtete er, wie Ekkehart Kröner nach elf Jahren Wehrdienst, Krieg und Kriegsgefangenschaft im Jahr 1948 in Stuttgart mit dem Studium der Physik begann und trotz schwerer Krankheit in kürzester Zeit Diplom, Promotion und Habilitation abschloß. Nach kurzer Dozentenzeit und einem einjährigen Aufenthalt am Massachusetts Institute of Technology erhielt Kröner Rufe nach Aachen, Hannover und Clausthal. Von 1963 bis zur Berufung nach Stuttgart 1969 war er Ordinarius für Theoretische Physik an der TU Clausthal. Prof. Seeger zitierte aus bisher verschlossenen Aufzeichnungen, in denen Ekkehart Kröner das Leid, aber auch die erfahrene Hilfe und Menschlichkeit in der Kriegsgefangenschaft dokumentierte. Vielleicht war letzteres der Grund, weshalb sich Prof. Kröner beständig um osteuropäische und russische Forscher sorgte. Hierfür hatte er auch die Ehrendoktorwürde der Universität St. Petersburg erhalten. Die vom Divertimento-Quartett Stuttgart musikalisch umrahmte Feierstunde endete mit bewegenden Dankesworten von Gertrud Kröner. 

Prof. Kröner ist weltweit bekannt durch fundamentale Arbeiten zur Plastizität von Metallen und der damit verbundenen Differenzialgeometrie von Defekten in Kristallen. Im wissenschaftlichen Teil des Kolloquiums sprachen sowohl Schüler des Verstorbenen als auch junge Forscher, die seine Theorien benutzen und weiterentwickeln. Prof. Dr. Erik Grafarend, Direktor des Geodätischen Instituts der Universität Stuttgart, hatte bei Prof. Kröner in Clausthal eine Physik-Diplomarbeit angefertigt. Er berichtete über Satellitenmissionen zur Hyperfeinstruktur des terrestrischen Gravitationsfeldes. In weiteren Vorträgen ging es um eine neue Ableitung der Raumzeit-Metrik aus der klassischen Elektrodynamik, um statistische Modelle von Versetzunganordnungen sowie um Theorien zur Plastizität auf der Mikroskala.

Dies wird nicht das einzige Gedenkkolloquium für Ekkehart Kröner bleiben. Die Society of Engineering Science plant eine Veranstaltung im Herbst 2000 in Portland. Bei der Polnischen Akademie der Wissenschaften laufen die Planungen für ein weiteres Kolloquium im Herbst 2001 in Poznan.

Hans-Rainer Trebin

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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