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Stuttgarter unikurier Nr. 86 September 2000
Auf dem Weg zur Existenzgründung: 
Ideenreichtum ist gefragt
 

Von der Uni direkt in die Selbständigkeit, das kann gehen, muß aber nicht. Doch wer wie Heinz-G. Reichert sein Ziel klar vor Augen hat und über einen - wie es scheint - nicht versiegenden Ideenreichtum verfügt, der kann sein Angestelltenverhältnis gut als „Entwicklungsstation“ betrachten.

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Heinz-G. Reichert

Doch der Reihe nach: Angefangen hat es mit dem Studium der Feinwerktechnik an der Universität Stuttgart, einem Praktikum in den USA, das sich noch als wegweisend zeigen sollte, und den Vorarbeiten für die Promotion am Max-Planck-Institut für Metallforschung in Stuttgart-Büsnau. Dort arbeitete Heinz-G. Reichert an der Entwicklung einer automatisierten, rechnergesteuerten Thermoschockmaterialprüfeinrichtung.

Materialermüdung und Rissen auf der Spur


Computermodell des 10-Prozent-
Fallturms

Keramische Materialien in Turbinen oder Motoren werden Temperaturen über 1000 °C ausgesetzt. Wie sie bei dieser thermomechanischen Beanspruchung reagieren, wie sich die Wärmespannungen auf das Material auswirken und wo welche Veränderungen auftreten - dies zu wissen, ist enorm wichtig. So werden Flüge sicherer und Automotoren haltbarer. Um den Materialermüdungserscheinungen und Rissen auf die Spur zu kommen und deren Entwicklung zu dokumentieren, braucht es für einen Untersuchungsaufbau unter anderem eine Vakuumkammer, Mikroskop, Laser, Thermokamera und Rechner für die Steuerung und Meßwerterfassung. Im Vergleich mit der bestehenden Technik hat Dr. Reichert einige wichtige Neuerungen eingeführt. So können Riß- und Temperaturausbreitung gleichzeitig und automatisiert gemessen werden; die Probenerwärmung wird so vorgenommen, daß die durch die Schwerkraft bedingte Konfektionsströmung keinen störenden Einfluß auf die Meßdaten hat, und eine Vakuumkammer ermöglicht es, den Einfluß der Gasatmosphäre auf das Rißverhalten zu untersuchen.

Mit dieser Arbeit hätte Reicherts Sprung in die Selbständigkeit eigentlich starten können. In Prof. Dr. Fritz Aldinger, dem Leiter des Instituts für Ni.htmletallische Anorganische Materialien der Univeristät Stuttgart und für Werkstoffwissenschaften am Max-Planck-Institut, fand er einen Paten, und mit Hilfe des Campus-Gründerverbunds der Uni Stuttgart meldete er seine Arbeit zum Patent an, doch dann „spielte“ die letzte große Hürde, die Bank, nicht mit. Aus dem Existenzgründer wurde so notgedrungen zunächst der 
Lizenzgeber und Berater. Die Firma Maytec in Singen baut nun die von Heinz Reichert entwickelte Thermoschockmaterialprüfeinrichtung, und die Bundesanstalt für Materialprüfung in Berlin (BAM) wird damit arbeiten.
Der Traum von der Selbständigkeit war kurzfristig unterbrochen, doch dem inzwischen bei Porsche als Konstruktionsingenieur angestellten Tüftler gingen die Ideen nicht aus. Er erinnerte sich seiner einstigen Leidenschaft, der Luft- und Raumfahrt, und den Falltürmen in USA und Bremen, an denen er während längerer Praktika gearbeitet hatte. Und schon war die nächste Idee geboren...

Ein Fallturm für die Landesgartenschau
Nun entwirft Heinz-G. Reichert für die Landesgartenschau 2002 in Ostfildern einen Fallturm. Im Entwicklungsstadium gerade mal zwei Meter, soll der Prototyp später zwanzig Meter Höhe messen. Da der Fallturm mit einem Motor-Band-Antrieb arbeitet, kommt es nicht nur beim Fall von oben nach unten zum Zustand der Schwerelosigkeit, sondern auch beim Wurf von unten nach oben. Das filigrane Bauwerk gibt den Blick auf die Kapsel frei, die auf und ab geworfen wird. Was drinnen abläuft, wird mit einer Kamera aufgenommen und auf einem Videomonitor gezeigt. Zunächst ist angedacht, das Verhalten von Wassertropfen in der Schwerelosigkeit zu zeigen.


Wassertropfen auf Skylab IV in der Schwerelosigkeit.
Der Fallturm soll ähnliche Aufnahmen dokumentieren.

Für die praktische Arbeit hat Reichert am Techologiezentrum in Vaihingen einen Partner gefunden. Der Ingenieur Peter Pohlmann kümmert sich darum, daß aus der Idee Realität wird, und gemeinsam sind sie auf der Suche nach Sponsoren. Zwar gab es vom Gründerverbund Geld für den Prototypen; doch nur mit Ideen läßt sich der weitere Weg nicht finanzieren. Zunächst, so haben sich die beiden gedacht, könnte der Fallturm auf Messen stehen, eventuell auch im Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe, oder Werbezwecken dienen. Doch auf weitere Sicht steht sein Einsatz in der Wissenschaft am „Gedankenhorizont“ und damit der endgültige Start in die Selbständigkeit.

J. Alber

KONTAKT
Dr. Heinz-G. Reichert, Tel. 0711/341 41 10 oder 0177/545 01 52, e-mail: hgreichert@aol.com,
Peter Pohlmann, Tel. 0711/687-11 99, Fax 0711/68 14 90, e-mail: info@ibp-consult.de, www.droptech.de

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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