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Stuttgarter unikurier Nr.80/November 1998
Neu im Uni-Archiv:
Dokumente der Nachkriegszeit
 

„Es sind durch den Krieg erhebliche Einbußen an Arbeitsplätzen entstanden, auch Einrichtungen zerstört worden.“ Diese und zahlreiche ähnliche Feststellungen der Institutsdirektoren finden sich in der ersten Akte eines neuen Bestandes, der vor kurzem aus dem Rektoramt in das Universitätsarchiv gelangt ist. Es handelt sich um die Akten der Zentralen Verwaltung der unmittelbaren Nachkriegszeit bis zum Beginn der sechziger Jahre.

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„Es sind durch den Krieg erhebliche Einbußen an Arbeitsplätzen entstanden, auch Einrichtungen zerstört worden.“ Diese und zahlreiche ähnliche Feststellungen der Institutsdirektoren finden sich in der ersten Akte eines neuen Bestandes, der vor kurzem aus dem Rektoramt in das Universitätsarchiv gelangt ist. Es handelt sich um die Akten der Zentralen Verwaltung der unmittelbaren Nachkriegszeit bis zum Beginn der sechziger Jahre.
Trotz vieler Hemmnisse erklärten sich doch die meisten Institute bei dieser ersten Bestandsaufnahme im Juli 1945 „betriebsbereit“. Lehr- und Forschungstätigkeit konnten im Frühjahr 1946 wieder aufgenommen werden, und die vielfachen Probleme und Aufgaben der TH schlugen sich in den Akten des Rektoramts nieder: Raumnot, Lebensmittelknappheit, Mangel an Lehrmitteln, Wohnraum und Finanzierung von Studium und Forschung. Zu Beginn der fünfziger Jahre zeichnete sich dann eine erste Konsolidierung ab. Eine rege Bau- und Ausbautätigkeit hatte eingesetzt, und die Weiterbeschäftigung oder endgültige Entlassung der politisch belasteten Lehrenden war nun entschieden.
Zwei Beispiele aus der Vielzahl der im neuen Bestand dokumentierten Ereignisse: Ein wichtiger Faktor für den Ausbau der TH wurde der Plan der Landesregierung und der württembergischen Industrie, die Luftfahrtforschung, in der man den Zweig des Maschinenbaus mit der größten Innovationskraft sah, wieder in Stuttgart zu etablieren. So wichen die an den Vorkriegsverhältnissen orientierten Vorstellungen von einer überschaubaren Hochschule mit wenigen tausend Studenten, die im Innenstadtbereich „der geistige Mittelpunkt der Stadt“ (Rektor Otto Schmitt 1949) bleiben sollte, den raumgreifenden Konzeptionen moderner ingenieurwissenschaftlicher Institute.
Die Verlagerung beziehungsweise Zweiteilung der Hochschule mit dem ausbaufähigen Standort im Pfaffenwald wurde unumgänglich.
Daß die Hochschule auch in den fünfziger Jahren keinesfalls eine von der Tagespolitik abgekapselte Forschungsstätte war, zeigt die umfangreiche Aktengruppe „Studierende“. Wichtige politische Themen waren die Wiederbewaffnung und atomare Rüstung der Bundesrepublik und - besonders in den sechziger Jahren - die Deutsche Teilung. Der AStA organisierte im Dezember 1950 eine Umfrage unter den Studierenden, nach der 58 Prozent der Befragten einer Wiederbewaffnung unter bestimmten Voraussetzungen zustimmten, aber nur 10,7 Prozent für die Wiedereinführung der Allgemeinen Wehrpflicht waren. So sind die jetzt im Universitätsarchiv aufgenommenen Akten nicht nur zentrale Quellen für die Geschichte der Technischen Hochschule vor ihrem Übergang zur „Massenuniversität“, in ihnen spiegeln sich auch viele der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der jungen Bundesrepublik.

Norbert Becker

 


last change: 02.03.99 / gh
Pressestelle der Universität Stuttgart

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