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Stuttgarter unikurier Nr.79/Juni 1998
Erstes Hochschulforum erreichte Zielgruppe nicht :
Kontaktbörse brachte wenig Kontakte
 

Als wissenschaftliche Drehscheibe sollte sich die Region Stuttgart auf dem Hochschulforum präsentieren, das erstmals am 6. und 7. Februar 1998 vom Forum Region Stuttgart veranstaltet wurde. Im Gebäude der SüdwestLB referierten Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik über regionale Auswirkungen der globalen Wirtschaftsentwicklung und über Rahmenbedingungen für ein effektiveres Studium. Auf einer Kontaktbörse konnten sich Hochschulabsolventen und Schulabgänger informieren. Doch die Resonanz war gering: Knapp 1.000 Besucher, darunter nur wenige Schüler und Abiturienten, nutzten das Angebot.

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In seiner Eröffnungsrede betonte SüdwestLB-Chef Werner Schmidt, wie wichtig die Ressource Wissen für die Region sei: „Die facettenreiche Bildungslandschaft in der Region ist ein zentraler Standortfaktor". Der Kuratoriumsvorsitzende des Forums, Hans Peter Stihl, hob die Notwendigkeit hervor, das Studium an die aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen. Den Luxus einer langen Schulzeit und eines langen Studiums könne man sich nicht mehr leisten. Mit 30 Jahren oder noch älter ins Berufsleben zu treten, so Stihl, sei entschieden zu spät. Die Bedeutung des „Humankapitals" hob auch Jenoptik-Chef Lothar Späth hervor, der ebenfalls die zu langen Studienzeiten kritisierte. Nicht die Dauer des Studiums und die Zahl der Veröffentlichungen sei entscheidend. Vielmehr müßten sich die Hochschulen künftig daran messen: „Wieviel Forscher und Unternehmer bringt Ihr aus Euren Hochschulen?" Späth forderte von der Hochschulpolitik den „Mut zum Experiment" und zum konstruktiven Wettbewerb.

Für mehr Attraktivität durch englischsprachige und multimediale Studienangebote plädierte der Hohenheimer Uni-Präsident Prof. Dr. Klaus Macharzina. Neben fachlichem Detailwissen müßten die Hochschulen stärker als bisher auch Schlüsselqualifikationen vermitteln und berufliche Weiterbildung anbieten, die sich nicht nur an den Anforderungen der großen Arbeitgeber orientiere.

Auch Prof. Dr.-Ing. Günter Pritschow, Rektor der Uni Stuttgart, hält die Studierenden im internationalen Vergleich für zu alt. Damit die Absolventen jünger werden, müsse mit sechs statt mit sieben Jahren eingeschult und die Schulzeit auf zwölf Jahre verkürzt werden. Sogenannte Freischußregelungen könnten die Studierenden zu schnellerem Abschluß bewegen. Gebühren für Langzeitstudierende träfen im wesentlichen die Falschen, sagte Pritschow. Wie im Ausland üblich, sollte künftig zwischen Teilzeit- und Vollzeitstudierenden unterschieden werden. Um die internationale Wettbewerbssituation zu verbessern, forderte Prof. Pritschow, einen ersten berufsqualifizierenden Abschluß in Form eines Bachelors sowie weiterführende Masterprogramme einzuführen.

Die staatliche Finanzierung der einzelnen Hochschulen müsse laut Wissenschaftsminister Klaus von Trotha auch von den erbrachten Leistungen in Forschung und Lehre abhängig sein. In einer Experimentierklausel würden die Hochschulen ermuntert, effizientere Leistungsstrukturen zu erproben, die sie jedoch kaum nutzten, erklärte der Minister.

In der anschließenden Diskussion begrüßten einige Studierende zwar die Schulzeitverkürzung; dies sei jedoch nur sinnvoll, wenn gleichzeitig ein Orientierungsjahr an den Hochschulen angeboten werde.

Die Vorträge des zweiten Veranstaltungstages thematisierten die gegenseitigen Erwartungen und Anforderungen von Jungakademikern und Wirtschaft. Das Steinbeis-Transferzentrum und der Verband der Metallindustrie Baden-Württemberg warben für ihre praxisorientierten Modelle, die den Einstieg ins Berufsleben erleichtern sollen. Über den Business-Plan-Wettbewerb für Existenzgründer berichtete Dr. Walter Rogg, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Region Stuttgart.

 

Fortsetzung mit modifiziertem Programm geplant
Parallel zu den Vorträgen lief an beiden Tagen eine Kontaktbörse, an der sich mehr als 30 Institutionen aus der Region vorstellten: große Wirtschaftsunternehmen, Fachhochschulen, die beiden Universitäten und andere Bildungseinrichtungen. Doch nur wenige interessierte Hochschulabsolventen und Schulabgänger kamen, um sich Ratschläge zu holen und Kontakte zu knüpfen. Entsprechend enttäuscht zeigten sich die Teilnehmer an ihren Ständen und äußerten Kritik am Konzept der Veranstaltung. Insbesondere hätte die Wer-bung nicht die Zielgruppe erreicht, die vom Veranstalter als „künftiger Führungsnachwuchs der Region" bezeichnet wurde.

Matthias Schönherr von der Kunstakademie Stuttgart bezeichnete die optische Botschaft der Plakate als irreführend. Tanja Triebe von der Landesgirokasse schlug vor, die Zielgruppe genauer zu definieren und das Forum nicht am Wochenende und nicht während der Prüfungszeit zu veranstalten. Als zu diffus, um tiefergehend zu informieren, fand Albrecht Eckl von Daimler Benz das Angebot. Für Walter Nohlen, Dezernent für Studentische Angelegenheiten der Universität Stuttgart, war auffällig, daß viele Schulabgänger ihre Eltern vorschickten, um sich über das Studienangebot der Region zu informieren. Dr. Andreas Levermann von der Fraunhofer Technologie-Entwicklungsgruppe wartete vergeblich mit seinen Angeboten auf mögliche Praktikanten und Diplomanden.

Ralf Jochen Schmid vom Forum Region Stuttgart wertete die Veranstaltung dennoch als Erfolg. Über eine Fortsetzung der Veranstaltungsreihe mit modifiziertem Programm werde gemeinsam mit den Partnern nachgedacht.     /as

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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