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Stuttgarter unikurier Nr. 77/78 Februar 1998
MIR-Kosmonauten zu Besuch an der Universität Stuttgart:
1997 - Keine Odyssee im Weltraum
 

„Gehen wir zusammen rein?“, fragte der deutsche Astronaut Hans Schlegel noch kurz seine Kollegen auf dem Weg zur Veranstaltung. Doch etwaige Befürchtungen, auf Unverständnis oder gar Ablehnung im Publikum zu stoßen, waren mehr als unbegründet. Die russischen Kosmonauten von der MIR und ihre deutschen Kollegen hatten ein Heimspiel bei ihrem Vaihinger-Vortrag am 30. Oktober. Mit lautstarkem Klatschen, Stakkato-Klopfen und anfeuernden Pfiffen wurde das MIR-Team um Kommandant Wassilij Zibliew von den Studierenden, Mitarbeitern und auswärtigen Gästen im Hörsaal empfangen. Die Kosmonauten waren an die Universität Stuttgart gekommen, um über die Raumflugmission MIR ‘97 und die Ereignisse auf der für einige Zeit in Not geratenen Raumstation zu berichten.

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Auf der MIR häuften sich 1997 nach mehr als zehnjährigem weitgehend problemlosen Betrieb die Zwischenfälle: Ausfall der Energieversorgung, Versagen der Sauerstofferzeuger, Computerprobleme, Feuer an Bord, und nicht zuletzt die Kollision mit einem unbemannten Nachschubtransporter hielten die Besatzungen und die öffentlichkeit in Atem.

Über den Zustand der Raumstation und teilweise auch über die Besatzung wurde deshalb viel Häme und Spott ausgegossen. Dieser Bewertung widersprachen die russischen Kosmonauten Wassilij Zibliew, Alexander Lasutkin, Valeri Korsun und Alexander Kaleri sowie ihre deutschen Kollegen Dr. Reinhold Ewald, Dr. Siegried Jähn und Hans Schlegel ganz entschieden. Mit einem Film sowie zahlreichen Dias berichteten die Kosmonauten über ihre wissenschaftliche Arbeit sowie über die dramatischen Ereignisse auf der MIR. Durch die erfolgreiche Bewältigung der aufgetretenen Probleme seien neue Erfahrungen gesammelt worden, die bereits von den nächsten Besatzungen eingesetzt werden konnten, wie etwa die manuelle Steuerung der gesamten Station durch kleine Triebwerke.

Der Kommandant, Wassilij Zibliew, und sein Bordmechaniker, Alexander Lasutkin, die mit den schwierigsten Ausfällen kämpfen mußten, sind inzwischen offiziell von allen Vorwürfen freigesprochen worden. Den überlegten Einsatz von Zibliew beim Brand an Bord der MIR hob unter anderem auch der zu diesem Zeitpunkt auf der Station arbeitende deutsche Kosmonaut Walter Ewald hervor. Jeder Computer hätte die Evakuierung der MIR ausgelöst und damit vielleicht auch das Ende der bemannten Raumfahrt eingeleitet. Die Urteilskraft des Kommandanten hingegen habe zur situationsgerechten Einschätzung geführt.

Überhaupt sei die Mission MIR ‘97 ein beispielhaftes Unternehmen gewesen. Ewald betonte besonders die erfolgreiche internationale Zusammenarbeit zwischen Russen, Amerikanern und Deutschen, die wichtig für die Vorbereitung der neuen internationalen Raumstation sei. Ewald gab sich zuversichtlich, daß Deutschland in Zukunft eine führende Rolle in der europäischen Raumfahrt spielen werde.

Bei seinem Aufenthalt auf der MIR hatte der deutsche Kosmonaut vor allem medizinische Experimente durchgeführt. Das dabei eingesetzte Verfahren der Erfassung und Übertragung medizinischer Daten zur Erde könne in naher Zukunft auch bei terrestrischen Anwendungen eingesetzt werden, sagte Ewald. Neben den medizinischen Experimenten wurden an Bord der MIR unter anderem auch materialwissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt.

Gastgeber der Veranstaltung war Prof. Dr. Ernst Messerschmid, Leiter des Instituts für Raumfahrtsysteme und Prorektor Forschung der Universität Stuttgart, der die Gäste an der „größten europäischen Fakultät für Luft- und Raumfahrt“ begrüßt hatte. Es sei seit der D1-Mission eine Tradition geworden, daß alle zwei Jahre Astronauten nach Stuttgart kommen. Daß diese Tradition bei den Studierenden kommt ankommt, belegen nicht nur der übervolle Hörsaal, sondern auch die positive Entwicklung der Studierendenzahlen in der Luft- und Raumfahrttechnik.      /eng

 

KONTAKT:
Institut für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart, Dipl.-Ing. Jan Osburg, Tel. 0711/685-2417, Fax 0711/685-3596

WWW: http://www.irs.uni-stuttgart.de/EVENTS/MIR_Kosmonauten.html

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart 1998