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Stuttgarter unikurier Nr. 75/76 September 1997
Transatlantisches Höchstleistungsrechnen Stuttgart-Pittsburgh:
Virtueller Supercomputer durch Vernetzung
 

Über eine Hochgeschwindigkeits-Datenleitung haben Wissenschaftler des Höchstleistungsrechenzentrums Stuttgart (HLRS) und des Pittsburgh Supercomputing Center (PSC) Ende Juni erstmalig Supercomputer auf beiden Seiten des Atlantiks miteinander verbunden, um gemeinsam eine technische Problemstellung zu bearbeiten. Die in Stuttgart arbeitende CRAY T3E mit 512 Prozessoren, die von der Höchstleistungsrechner für Wissenschaft und Wirtschaft GmbH (HWW) betrieben wird, wurde bei diesem Pilotprojekt des internationalen Höchstleistungsrechnens mit der CRAY T3E gleicher Leistungsstärke in Pittsburgh gekoppelt. Durch diese Vernetzung entsteht ein virtuelles System mit zusammen 1024 Prozessoren und einer theoretischen Spitzenleistung von 675 Milliarden Rechenoperationen pro Sekunde. Dem Anwender dieses Systems steht damit real der zweitschnellste Supercomputer der Welt zur Verfügung.

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In einem weiteren Schritt soll der derzeit schnellste Supercomputer der Welt, der beim Sandia National Laboratory (SNL) in New Mexico steht, ebenfalls in das System integriert werden. Des weiteren sollen die beteiligten Rechner in gemeinsame Arbeitsumgebungen integriert und der Anschluß an Virtual-Reality-Studios hergestellt werden. Das vollständige Szenario wird dann auf der Konferenz und Messe „Supercomputing 97“, die im November in San José, Kalifornien, stattfindet, der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Die Verbindung von zwei oder mehr Supercomputern der höchsten Leistungsklasse mit dem Ziel, eine Aufgabe gemeinsam zu bearbeiten, wird als Metacomputing bezeichnet. Das Besondere der Zusammenarbeit Stuttgart-Pittsburgh liegt in der erstmaligen Verbindung der Rechen-Boliden über Hochgeschwindigkeits-Datenleitungen wie das amerikanische Wissenschaftsnetz vBNS (very high speed Backbone Network Service). Die Aktivitäten finden im Rahmen des von den G7-Staaten initiierten Projektes „Globale Zusammenarbeit über Breitbandnetze (GIBN)“ statt.

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„Es gibt viele Forschungsgroßprojekte wie die Klimamodellierung, die Simulation von Automobil-Crashes mit Insassen oder das Design neuer Medikamente, die nach jener Leistung verlangen, wie sie potentiell nur durch Metacomputing verfügbar wird“, unterstrichen Ralph Roski und Michael Levine, die wissenschaftlichen Direktoren des PSC, in einer Stellungnahme. Der technische Geschäftsführer der Stuttgarter HWW und Direktor des Rechenzentrums, Prof. Roland Rühle, ergänzt: „Es ist besonders erfreulich, daß die eingesetzte Software im wesentlichen an der Universität Stuttgart in Projekten entwickelt wurde, die von der Europäischen Union und der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wurden. Was uns in Europa derzeit nur fehlt, sind kostengünstige Netze.“

Um die beteiligten Softwarekomponenten für das Metacomputing einsatzreif zu machen und zu testen, arbeitet das wissenschaftliche Team am Stuttgarter HLRS unter der Leitung von Michael Resch seit einem Jahr eng mit Bruce Loftis und Raghurama Reddy vom Pittsburgher PSC zusammen.

Auf der Hardwareseite basiert das Projekt auf einer Reihe von Forschungsnetzen, die zusammengeschaltet werden mußten, um die transatlantische Verbindung beider Zentren herzustellen. Derartige wissenschaftliche Netze, die in den letzten Jahren eingerichtet wurden, erlauben Übertragungsraten, die bis zu 100mal höher sind als im Internet.

 

Die Netzverbindung Pittsburgh-Stuttgart geht dabei vom PSC über das amerikanische Wissenschaftsnetz vBNS zu STAR TAP, einem Projekt der amerikanischen National Science Foundation, das eine Verbindung zu außeramerikanischen Forschungseinrichtungen herstellt. Zwei kanadische Netze stellen dann die entscheidende Schnittstelle zwischen den USA und Deutschland her. STAR TAP leitet weiter zum Canadian Network for the Advancement of Research, Industry and Education (CANARIE); dies leitet weiter zu Teleglobe, das die transatlantische Verbindung zum ATM-Netz der deutschen Telekom AG (DTAG) herstellt, an das auch die HWW angebunden ist. Das wissenschaftliche Team Stuttgart-Pittsburgh setzt den gekoppelten virtuellen Supercomputer derzeit für das Strömungssimulationspaket URANUS ein, das am Institut für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart entwickelt wurde. (Siehe auch den Beitrag über die Vorstellung des Programms in Wien.) Damit werden die aerodynamischen Kräfte und Hochtemperaturprobleme, die während des Wiedereintritts eines Raumfahrzeugs in die Erdatmosphäre auftreten, berechnet.

In den ersten Tests wurden zunächst nur je 64 Prozessoren auf beiden T3E-Systemen eingesetzt. Bis November diesen Jahres soll das Konzept soweit vervollständigt und optimiert werden, daß die volle Leistung der zusammen 1024 Prozessoren zur Verfügung steht.      /eng

 

KONTAKT
Dr. Alfred Geiger, Rechenzentrum der Universität Stuttgart, Allmandring 30, 70550 Stuttgart; Tel.0711/685-5719; Fax 0711/678-626
e-mail: geiger@hlrs.de

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart 1998